Reflets et symétrie; Johannes Brahms: Klaviersonate op. 1 Nr.1; Ivan Boumans : Barcarolle Nr. 3; György Ligeti: Etüden Arc-en-ciel & L'escalier du diable; Serge Prokofiev: Sonate Nr. 6; Jean Muller, Klavier; 1 CD Soupir S242; Aufnahmen 2016, Veröffentlichung 10/2016 (67'32) - Rezension von Remy Franck

Die erste Sonate von Johannes Brahms, sein Opus 1 aus dem Jahre 1853, leitet das Programm dieser neuen CD des Luxemburger Pianisten Jean Muller ein. Er spielt sie mit großer dynamischer Bandbreite, sehr differenziert und auf die Wirkung von Kontrasten aufbauend. So entsteht Spannung zwischen dem kräftigen ersten Thema und dem zweiten, lyrischen. Im weiteren Verlauf der Sonate kommt es zu einem zartbesaiteten Andante, einem fulminanten Scherzo und einem drängenden, hoch virtuosen Finalsatz, dessen pianistische Transparenz ebenso erstaunt wie die Fingerfertigkeit des Pianisten, dessen Anschlag bei aller Kraft nie schwer wirkt.

Feinstes ‘Stottern’ kennzeichnet die Interpretation der 5. Etüde des Ungarn György Ligeti, wo das ‘molto rubato’ vorzüglich angewandt wird, ehe die 13. Etüde, ‘L’escalier du diable’, Muller zu infernaler Klavierakrobatik herausfordert, die er souverän meistert.

Die 3. Barcarolle des spanisch-luxemburgischen Komponisten Ivan Boumans ist ein interessantes Stück, das in verschiedenen mehr oder weniger dramatischen Anläufen immer wieder in meditative Passagen führt und auch in einer solchen endet.

Die 6. Sonate von Prokofiev, 1940 entstanden, ist eine der drei Kriegssonaten des Komponisten. Jean Muller spielt sie zwar mit viel Brio, aber sie will nicht wie genuiner Prokofiev klingen. Es fehlt mir hier die Schärfe im Klang, das Feinmotorische und die dynamische Differenzierung, wie sie Evgeny Kissin oder, wohl ganz anders, aber nicht weniger effektvoll, Svjatoslav Richter erreicht haben. Die in der Brahms-Sonate so gut funktionierende Rezeptur der aus dem Gefühl kommenden Kontraste macht Prokofiev letztlich gefühlvoller, als man das dieser Musik zugestehen will. Und dennoch setzt Müller immer wieder ganz persönliche Akzente, die den pianistischen Diskurs im Grunde nicht uninteressant werden lassen.

Jean Muller plays Brahms’s First Sonata with broad dynamic contrasts, from the most appealing lyrical feeling to the most powerfully dramatic climax. It’s a truly exciting performance. His Ligeti and the short Barcarolle by Ivan Boumans are no less convincing. Prokofiev’s Sixth Sonata, one of the composer’s War Sonatas, reflects the turmoil Prokofiev expected. Muller seems to emphasize this and sometimes draws too much of heavy emotion from the music. Here we would have preferred more refinement, a sharper, more nervous and frenetic intensity to symbolize the restless human anguish.

 

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