Philip Glass: Konzert für Violine und Orchester; Igor Stravinsky: Violinkonzert; David Nebel, Violine, London Symphony Orchestra, Baltic Sea Philharmonic, Kristian Järvi; 1 CD Sony Classical 19075882982; Aufnahme 04/2016 + 06/2018; Veröffentlichung 03/04/2020 (46'46) – Rezension von Uwe Krusch

Die Undezime der Solovioline eröffnet jeden Satz des Stravinsky-Konzerts und bildet damit eine Klammer. Trotz großer Besetzung des Orchesters ist das Werk kammermusikalisch filigran gearbeitet und durch die häufigen Staccati recht trocken im Klang. Auch die vier Sätze mit Bezugnahmen auf barocke Formen zeugen von einem eigenen Verständnis der Konzertform. Das erste Konzert von Philipp Glass ist dagegen bewusst in konventioneller dreisätziger Form gehalten und lebt auch von leicht erfassbarer musikalischer Sprache, um es dem normalen Zuhörer zugänglich zu machen.

David Nebel ist ein junger Geiger aus der Schweiz, der wie die meisten seiner Kollegen über eine profunde Technik verfügt, um diese Werke sachgerecht darstellen zu können. Fürs Organisieren des orchestralen Klangs hat er sich mit Kristjan Järvi zusammen getan, der in der Familie Järvi der auffallendste ist, wenn es darum geht, die Musik über eine begleitende Performance anzureichern. Für die Aufnahme wurden zwei Orchester engagiert, bei Glass die Symphoniker aus London und für Stravinsky das Baltic Sea Orchester, ein Zusammenschluss aus jüngerer Zeit mit Musikern aus den Ostseeanrainerstaaten, bei dem Kristjan Järvi als künstlerischer Leiter aktiv ist. Solist, Dirigent und beide Orchester liefern technisch einwandfreie, wenn nicht hochwertige Deutungen. Die Interpretationen klingen oberflächlich strahlend und ansprechend. Aber ebenso schnell wie sie ans Ohr gelangen, wird dieses Sinnesorgan auch enttäuscht und vermisst Tiefgang und emotionalen Gehalt der Musik.

The undecime of the solo violin opens each movement of Stravinsky’s Violin Concerto and thus forms a bracket. Despite the large orchestration, the work is filigree like chamber music and due to the frequent staccati the sound is quite dry. With references to baroque forms the four movements also show Stravinsky’s own understanding of the concerto form. The first Violin Concerto by Philipp Glass, on the other hand, is deliberately held in a conventional three-movement form and also lives from easily understandable musical language in order to make it accessible to the normal listener.
David Nebel is a young violinist from Switzerland who, like most of his colleagues, has an excellent technique. He has teamed up with Kristjan Järvi. Two orchestras were engaged for the recording, for Glass the London Symphony Orchestra and for Stravinsky the Baltic Sea Orchestra. The latter is a recent alliance with musicians from the countries around the Baltic Sea. Soloist, conductor and both orchestras provide technically perfect, if not high quality performances which sound superficially bright and appealing. But just as quickly as they get to your ear, this sensory organ is disappointed and misses the depth and emotional content of the music.

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