Manifesto on Love: Leos Janacek: Quartett Nr. 2, Intime Briefe + Robert Schumann: Quartett Nr. 3 op. 41, A-Dur + Aus 3 zweistimmigen Liedern op. 43/1: Wenn ich ein Vöglein wär (arr. von Christoph Slenczka) + Dobrinka Tabakova: The Ear of Grain; Barbican Quartet (Amarins Wierdsma, Kate Maloney, Violine, Christoph Slenczka, Viola, Yoanna Prodanova, Cello); # Genuin GEN 24878; Aufnahme 05. + 11.2023; Veröffentlichung 07.06.2024 (68'33) – Rezension von Uwe Krusch

Zu seinem zehnten Geburtstag legt das Barbican Quartet eine Einspielung mit zwei Quartetten vor, die an innige Liebesbeziehungen geknüpft sind. Bei Janacek ist es die Geliebte Kamila Stösslová, der die aufwühlenden musikalischen Welten gelten. Bei Robert Schumann war eine kurze räumliche Trennung von seiner Frau Clara dem Kompositionsprozess vorausgegangen. In beiden Fällen gab eine geliebte Frau den Ausschlag für die Komposition.

Dazu hat das Quartett ein Lied von Schumann, als Brautgabe sozusagen nur eine Postkarte zur Hochzeit mit Clara, in einer Version für Streichquartett vom Bratschisten Christoph Slenczka hinzugesetzt.

Dazwischen ist die Kornähre, im Original The Ear of Grain von Dobrinka Tabakova zu hören. Sie schrieb dieses Stück 2022 als Beitrag für den Internationalen Musikwettbewerb der ARD in München im Fach Streichquartett. Obwohl nicht ausgesprochen virtuos, darf es als spielerische Herausforderung gehört werden; neben Technik sind Geschlossenheit und Farbpalette zu gewährleisten. Von dem gleichnamigen Gemälde von Joan Miró angeregt, bleibt es harmonisch zugänglich. Der Titel, auch angelehnt an ein Märchen der Gebrüder Grimm, überlässt Interpreten und Hörern, woraus sie ihre Inspiration schöpfen.

Das Barbican Quartet, dessen Mitglieder an der Guildhall School of Music and Drama in London zueinander gefunden haben, entwickelt bereits jetzt eine fesselnde Triebkraft. Man meint zu spüren, dass ihnen die tiefgehenden Gefühlsdarstellungen in den beiden Quartetten wie aus dem echten Leben zufliegen und sie daraus eigene Erlebnisse in Tönen gestalten. Dabei öffnen sie sich sensibel der Musik und bieten berauschende, manchmal auch noch ein wenig hochkochende Interpretationen an, die jedoch nicht kalt lassen können.

Im Jahr 2022 beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD mit dem Ersten Preis und vier Sonderpreisen ausgezeichnet, geben sie auch dem Stück The Ear of Grain die detailreiche Ausgestaltung mit, die diese Komposition erst verständlich macht. So zeigen sie auf Anhieb eine beeindruckende darstellerische Leistung, bei man hofft, noch mehr erleben zu dürfen.

Manche nennen das Quartett von Janacek ein Manifest der Liebe, da es seinen allerersten Eindruck von Kamila spiegelt. Die unmittelbare Leidenschaft stellen die jungen Musiker ebenso einnehmen dar, wie sie die wiegenliedartige Melodie im zweiten Satz zu einem getriebenen Schwung auskosten. Wie eine Vision gestalten sie dann einfache Melodie im dritten Satz, die dank ungewöhnlicher Harmonien ihren speziellen Charakter erhält. Im Finalsatz bildet das Barbican Quartet einen Drang ab, der zum Tanze bis hin zur Raserei lädt.

To mark its tenth birthday, the Barbican Quartet is presenting a recording of two quartets linked to intimate love affairs. In Janacek’s case, it is his lover Kamila Stösslová to whom the turbulent musical worlds are dedicated. In Robert Schumann’s case, a brief physical separation from his wife Clara preceded the compositional process. In both cases, a beloved wife was the decisive factor for the composition.

The quartet has added a song by Schumann, as a bridal gift, so to speak, just a postcard for his wedding to Clara, in a version for string quartet by violist Christoph Slenczka.

Dobrinka Tabakova’s The Ear of Grain can be heard in between. She wrote this piece in 2022 as an entry for the ARD International Music Competition in Munich in the string quartet category. Although it does not appear to be particularly virtuosic, it can be heard as a playful challenge; in addition to technique, unity and color palette must be guaranteed. Inspired by the painting of the same name by Joan Miró, it remains harmonically accessible. The title, also based on a fairy tale by the Brothers Grimm, leaves it up to the performers and listeners to draw their inspiration from.

The Barbican Quartet, whose members came together at the Guildhall School of Music and Drama in London, is already developing a captivating driving force. You can sense that the profound emotional portrayals in the two quartets come to them as if from real life and that they use them to create their own experiences in sound. In doing so, they sensitively open themselves up to the music and offer exhilarating, sometimes even a little boiling interpretations that cannot leave you cold.

Awarded first prize and four special prizes at the ARD International Music Competition in 2022, they also give the piece The Ear of Grain the detailed performance that makes this composition comprehensible. They give an impressive interpretation right from the start, and one hopes to be able to experience more.

Some call Janacek’s quartet a manifesto of love, as it reflects his very first impression of Kamila. The young musicians portray the immediate passion just as engagingly as they savor the lullaby-like melody in the second movement to a driven momentum. They then shape the simple melody in the third movement like a vision, which acquires its special character thanks to unusual harmonies. In the final movement, the Barbican Quartet depicts an urge to dance to the point of frenzy.

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