Wolfgang Amadeus Mozart: Klarinettenquintett; Jörg Widmann: Klarinettenquintett; Jörg Widmann, Klarinette, Hagen-Quartett; 1 CD Myrios MYR031; Aufnahme 10.2020, Veröffentlichung 17.03.2023 (71'56) – Rezension von Uwe Krusch

Mit dem bekannten Quintett für Klarinette und Streicher von Mozart und als Ersteinspielung dem zeitgenössischen Werk gleicher Besetzung von Jörg Widmann warten dieser sowie das Hagen Quartett auf dieser Einspielung auf.

Mit Mozarts Klarinettenquintett, das sie wie ein ‘Werk unter Freunden’ verstanden wissen wollen, eröffnet die CD. Und genau so interpretieren die es auch. Mit schwebender Leichtigkeit, mit liebevoll unaufgeregter Spielweise, geradezu wie im kleinen Kreis gesungen, behandeln sie dieses Werk. Das ergibt eine so wunderschöne Deutung, an der sich nichts, aber auch nichts reiben kann. Hier kann man nichts anderes tun, als zuhören und genießen. Beherrscht wird ihre Interpretation von der gleichsam natürlichsten Herangehensweise, die mit stupender Sicherheit die Musik lustvoll aus sich heraus geschehen lässt und jede aufgesetzte, markierende Deutlichkeit weglässt. Das ist so schön, dass man genau folgen und hinhören muss, um es nicht als langweilig wahrzunehmen.

Mit seinem eigenen Klarinettenquintett, das mit knapp 40 Minuten Dauer schon rein zeitlich ein Gegengewicht bietet, gesellt sich Widmann als Komponist an die Seite. Nach einem früheren, aufgegebenen Anlauf wurde das Werk 2017 komponiert. Dabei bezieht er sich mit einer fallenden Quinte erst einmal das Schwesterwerk von Johannes Brahms und engt dadurch gleich das Material auf ein Minimum ein, denn dieses melodische und harmonische Leitmotiv leitet durch die gesamte Komposition. Doch auch ein abgeleitetes Zitat aus Mozarts Werk wird als prägend eingeführt, nämlich eine Dreiklangsfigur, die zunächst einen Schritt nach oben und dann zwei Schritte nach unten beschreitet. Die eigenen Töne nehmen dann mit technischen Erweiterungen, wie Mehrklängen, Flageoletts und erweiterte Bogentechniken der Streicher ihren Platz ein. Echoeffekte bieten dann auch einen Aspekt, der bis in frühe Musikzeiten zurückreicht. Dabei entwickelt die Komposition nach einem unhörbaren Beginn durchaus kraftvolle Ausbrüche, bleibt insgesamt aber meist ruhig. Deltaartig gefächerte trauernde Melodien der Klarinette bilden die Hauptkomponente, das Quartett begleitet. Doch auch Geräusche sind eingebunden, ohne den zu stören. Dabei bleibt Widmann seinem Credo treu, dass jedes seiner Werke anders ist als frühere, da ein einziger Stil ihn langweilen würde.

Überflüssig zu sagen, dass die Interpreten auch bei diesem Quintett mit höchster Akkuratesse, musikalisch überragend und sicherlich im Sinne des Komponisten interpretierend agieren.

With the well-known Quintet for clarinet and strings by Mozart and as a first recording the contemporary work of the same instrumentation by Jörg Widmann, the latter as well as the Hagen Quartett present an exciting program. The CD opens with Mozart’s Clarinet Quintet, which they want to be understood as a « work among friends ». And that is exactly how they play it. They treat this work with floating lightness, with lovingly unagitated playing, almost as if sung in a small circle. This results in such a beautiful interpretation, on which nothing, but also nothing can rub. Here one can do nothing but listen and enjoy. Their interpretation is dominated by the most natural approach, as it were, which with stupendous certainty lets the music happen lustily out of itself and leaves out any imposed, marking clarity. This is so beautiful that one has to follow and listen closely in order not to perceive it as boring.

Widmann joins the side as composer with his own Clarinet Quintet, which, at just under 40 minutes in length, offers a counterweight in terms of time alone. After an earlier, abandoned attempt, the work was composed in 2017. In doing so, he first refers to Johannes Brahms’ sister work with a falling fifth, thereby immediately narrowing the material to a minimum, as this melodic and harmonic leitmotif leads through the entire composition. But a derivative quotation from Mozart’s work is also introduced as formative, namely a triadic figure that first takes one step up and then two steps down. The composer’s own tones then take their place with technical extensions, such as multiphonics, harmonics, and extended bowing techniques by the strings. Echo effects then also provide an aspect that goes back to early musical times. In the process, the composition develops quite powerful outbursts after an inaudible beginning, but remains mostly quiet overall. Delta-like mournful melodies of the clarinet form the main component, accompanied by the quartet. But noises are also integrated, without disturbing the. Widmann remains true to his credo that each of his works is different from previous ones, as one single style would bore him.

Needless to say, the performers in this quintet are also highly accurate, musically superior and certainly interpreting in the composer’s spirit.

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