
Viele Wege führen zum Deutschen Requiem, nur wenige aber erlauben eine wirklich zufriedenstellende Erkundung. So mancher Dirigent hat es sich mit dem Werk schwer getan. Es wurde in nordischer Strenge dargeboten, es wurde vergeistigt, intellektuell verbrämt, überspiritualisiert, mit pathetischem Gestus inszeniert….und in der Sorge, möglichst richtig zu liegen, den Vorstellungen des Komponisten möglichst nahe zu kommen, wurden letztlich mehr Hürden aufgebaut als genommen. Hans-Christoph Rademann scheint mir einen sehr guten Weg genommen zu haben!
Verhangene Trauer liegt über dem ersten Satz, mit wehmütigem Chorgesang und dunklen Orchesterfarben. Sehr bewegend ist auch die nie stockende und ständig fließende, beseelte, warme Interpretation des zweiten Satzes, mit einem pulsierenden lichtvoll strömenden Schlussteil.
Wie von Angst erfüllt startet Konstantin Krimmel zu Beginn des dritten Satzes in das ‘Herr, lehre doch mich, dass ein Ende mit mir haben muss’. Bei Rademann wird der Satz fast unheimlich, die Musik wirkt ausweglos. Die Chorfuge scheint im Kreis zu drehen, ehe der vierte Satz Licht und Hoffnung bringt. Mit ihrem leuchtenden Sopran und erfüllten Gesang ist Katharina Konradi sehr bewegend im fünften Satz. Mit dezidiertem Ausdruck singt Konstantin Krimmel das ‘Siehe, ich sage euch ein Geheimnis’, ehe Rademann dem Jüngsten Gericht einen fast tänzerischen Schwung gibt und das Requiem schließlich mit ruhig-feierlicher Seligpreisung ausklingen lässt.
Und so ist dies eine souveräne Interpretation, die alles hat, was diese Musik braucht und von Überflüssigem unbelastet bleibt. Sie ist nicht vergeistigt und doch ganz feinfühlig und elegisch, wenn es sein soll, sie ist frei von Pathos, sie ballt keine Klangmassen und ist dennoch ungemein sonor und gleichzeitig transparent. Es ist eine zutiefst humanistische Deutung mit recht ausgewogenen Tempi, die der Musik die Zeit und den Atem geben, um sich mit bewegender Wirkung zu entfalten.
Der Chor singt mit einer wunderbaren Transparenz und Ausgewogenheit, während die Orchestermusiker die Brahmssche Partitur mit viel Durchhörbarkeit zum Klingen bringen.
There are many paths that lead to the German Requiem, but only a few of them allow for a truly satisfying exploration. Many conductors have struggled with the piece. It has been performed with Nordic austerity; intellectually embellished; over-spiritualized; or staged with pathetic gestures. In the concern to get it right and come as close as possible to the composer’s ideas, more hurdles were ultimately created than overcome. However, Hans-Christoph Rademann seems to have taken a very good approach!
The first movement is shrouded in overcast sadness, with wistful choral singing and dark orchestral colors. The second movement’s soulful, warm interpretation never falters, and the final section is pulsating, light-filled and flowing.
At the beginning of the third movement, Konstantin Krimmel launches into ‘Herr, lehre doch mich, dass ein Ende mit mir haben muss’, sounding fearful. Under Rademann’s direction, the movement takes on an eerie quality and the music seems hopeless. The choral fugue seems to go round in circles before the fourth movement brings light and hope. Katharina Konradi is moving in the fifth movement, her luminous soprano filling the air. Konstantin Krimmel sings ‘Siehe, ich sage euch ein Geheimnis’ with a determined expression. Finally, Rademann gives the Last Judgement an almost dance-like momentum, bringing the Requiem to a close with a calm and solemn beatitude.
And so this is a very good interpretation that has everything this music needs and remains unencumbered by superfluous elements. It is not spiritualized and yet it is sensitive and elegiac when it needs to be, it is free of pathos, it does not clench masses of sound and yet it is incredibly sonorous and transparent at the same time. It is a profoundly humanistic interpretation with well-balanced tempi that give the music the time and breath to unfold with moving effect.
The choir sings with a wonderful transparency and balance, while the orchestral musicians bring Brahms’ score to life with a good transparency.