Zwei unvollendete Sonaten von Franz Schubert stehen auf dem Programm dieser vom Konzept her sehr originellen CD, die Sonate D. 571, von der es nur einen Satz gibt, ein Allegro moderato, sowie die als ‘Reliquie’ bezeichnete C-Dur-Sonate D. 840, deren innovativen Charakter der junge israelische Pianist Yehuda Inbar wunderbar unterstreicht. Im ersten Satz erklingt die Musik zupackend, mit ihrer ganzen Kraft, und im Andante trägt die aparte Rhythmik zum modernen Charakter des Stücks bei, über das Guy Wagner sagte: « Man kann verstehen, dass Schubert selbst vor so viel erschreckend Neuem plötzlich nicht mehr weiter wusste und das Werk auf die beiden Sätze Moderato und Andante beschränkt hat. » Doch Inbar wollte wissen, wie der geplante Rest der Sonate ausgesehen haben könnte. Er beauftragte den Briten Michael Finnissy (*1946) mit einer Vervollständigung der Sonate D. 840. Dieser setzte die Novität der Sonate noch radikaler um, in einem rhythmisch prägnanten Menuett und in einem immerhin über 15 Minuten dauernden, sehr zerrissen wirkenden Finale, das Inbar sehr spannend gestaltet.
Die sechs ‘Schubert-Erinnerungen’ von Jörg Widmann, ‘Idylle und Abgrund’, präsentieren Schubert in einem verzerrten und daher verstörenden Bild. Yehuda Inbar spielt das teils brutal direkte, teils einer Traumlandschaft ähnelnde Stück entsprechend kontrastreich.
Also: ein intelligentes Konzept, ein spannendes Programm, tadellos gespielt, in einem sehr transparenten, klaren und angenehm natürlichen Klangbild präsentiert.