Dmitri Shostakovich: Élégie (aus Lady Macbeth von Mzensk), Streichquartett Nr. 11 f-Moll Op. 122, Streichquartett Nr. 8 c-Moll Op. 110, Streichquartett Nr. 5 B-Dur op. 92; Quatuor Debussy; Evidence EVCD018; Aufnahme 09/2015, Veröffentlichung 12/2015 (69'46) - Rezension von Oliver Fraenzke

Das Streichquartett ist laut Dmitri Shostakovich die höchste und schwierigste Gattung des Komponierens. So kommt ihm als kongenialem Pendant zur Symphonie auch eine besondere Rolle in seinem Schaffen zu. Mit dem Vorbild von Bachs vierundzwanzig Präludien und Fugen durch alle Tonarten vor Augen wollte Schostakowitsch seine Zyklen an Symphonien und Streichquartetten anlegen. Beide Projekte blieben unvollendet, jeweils fünfzehn fertige Werke sind uns erhalten – lediglich seinem Instrument, dem Klavier, schenkte er einen vollständigen Zyklus durch alle Tonarten, wie auch bei Bach in Form von Präludien und Fugen.

Das ‘Quatuor Debussy’ spielte bereits alle fünfzehn Quartette für Arion ein, nun folgt eine Neuaufnahme dreier Quartette für Evidence; Eröffnet wird die CD von der ‘Élégy’, der Quartetttranskription einer Arie aus der Oper ‘Lady Macbeth von Mzensk’.

Die lange Beschäftigung mit der Musik Shostakovichs ist unüberhörbar – es ist offenkundig, dass die Musiker gerade auch die Aufnahmen mit dem Komponisten selbst eingehend studiert haben (hierunter charakteristisch vor allem diejenigen seiner Klavierkonzerte und Präludien und Fugen). Die typische Schroffheit und Schärfe, die sein Spiel singulär charakterisiert, klingt auch in der Darbietung des ‘Quatuor Debussy’ durch. Die Musiker verträumen sich nicht in weichgezeichneter Lyrik, sondern halten eine wohltuende Distanz zu den Werken. Höchstens im fünften Quartett wäre ein wenig mehr Kontrast durch andere – auch zartere – Klangnuancen zusätzlich zu dem kontinuierlichen Marcato wünschenswert, die vergleichsweise langen Sätze können ansonsten allzu gleichförmig und eintönig erscheinen. Allgemein geraten die kürzeren Sätze der Quartette Nr. 11 und 8 stimmiger und natürlicher als die flächigeren des fünften Quartetts. Überraschend gelingen durchweg die Übergänge zwischen den Sätzen, die in allen drei Quartetten eine bruchlose Einheit bilden. Unvermittelt stellt sich das ‘Quatuor Debussy’ auf die neuen Gegebenheiten ein und lässt einen ungekünstelten Fluss der Musik entstehen. Dabei können die vier Musiker die vielfältigen Charakteristika Shostakovichs dem Hörer mit flexibler Intensität nahe bringen, sei es der plötzliche Schrecken (besonders deutlich im zweiten Satz des 8. Quartetts) oder auch die in beinahe jedem Werk des Russen anzutreffende Doppelbödigkeit (beispielsweise direkt anschließend im dritten Satz des Quartetts Nr. 8) und stets vorhandene düstere Sphäre. Bei all dem glänzt das ‘Quatuor Debussy’ durch ausgeglichenes und dynamisch wohl abgestimmtes Spiel in vereintem Atem, wobei alle Stimmen in einem guten Maß hörbar bleiben.

Wie in den meisten Fällen ließe sich auch hier über Details der Darbietung streiten, und es steht außer Zweifel, dass noch mehr in diesen Quartetten steckt, was ans Licht gebracht werden könnte – doch ändert dies nichts daran, dass hier eine weit überdurchschnittliche Einspielung von drei der meisterlichen Quartette Shostakovichs vorliegt, die vor allem durch ihren besonders akzentuierten Ton besticht, ohne dabei künstlich zu wirken.

In these accomplished performances, the Quatuor Debussy gives (in a coherent way) a powerful, brisk and concentrated account of the quartets, while keeping an objective inner distance to the pieces.

 

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