Simply Quartet
(c) Philharmonie Luxembourg

In Musikerkreisen wird meist das Streichquartett als die höchste und schwierigste Form des Zusammenspiels angesehen. Sein Ensemble Simply Quartet zu nennen, klingt da schon irritierend. Dabei sind diese vier Musiker gar nicht einfältig gestrickt, wie der Name vermuten lassen könnte. Mitarbeiter Uwe Krusch berichtet für Pizzicato vom Konzert der Vier im Wiener Konzerthaus, bei dem sie ihr persönlichstes Werk ins Zentrum gesetzt hatten.

Das Stück mit dem Titel ‘Un:fold’ erlebte im Konzerthaus seine Erstaufführung. Geschaffen hatte es die österreichische Komponistin Julia Lacherstorfer für das Simply Quartet. Denn es ist Usus, dass die Künstler der Reihe Rising Stars immer ein modernes Werk im Gepäck haben. Die Nominierung des Quartettes und die Vergabe des Kompositionsauftrags erfolgten von der Elbphilharmonie Hamburg, dem Konzerthaus Dortmund, dem Musikverein Wien und dem Wiener Konzerthaus sowie der European Concert Hall Organisation. Im Werk zeigten sich die Seiten von Lacherstorfer, die ihr seit früher Kindheit am Herzen liegen. Das sind alle volksmusiknahen Ideen sowie improvisierende Aspekte und auch der Jazz, wobei sie auch aus der reichen Musiktradition schöpft.

Für ‘un:fold’ hatte die Komponistin die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe der Quartettmusiker einbezogen. Zwei Chinesen, ein Norweger und eine Österreicherin formen das Ensemble. Vor einem musikalischen Laminat nimmt jeder der vier nacheinander das Mikrophon in die Hand und gibt in kurzen Worten seine Herkunft an und setzt eine Anekdote aus seiner Jugend dazu, mit der eine Melodie, die der Volksmusik entstammt, benannt wird. Dann spielt der Betreffende dieses Lied, die anderen begleiten ihn. Diese Machart bietet eine unterhaltsame Methode, die hier auch chinesische Musik mit einbindet, ohne dass es für die Zuhörer fordernd im Sinne moderner Töne würde. Die persönliche Ansprache hat Charme und auch die kleinen Melodien wirken. Das ganze endet dann noch in einem gemeinsamen Kehraus.

Nachteilig bei dieser Maßschneiderei ist, dass das Stück nur in dieser Konstellation passt. Auch sonst blieb der Eindruck, dass man eine Viertelstunde bestens unterhalten wurde und dann sich auch wieder solcher Musik zuwenden konnte, die langfristig im Gedächtnis bleibt. Gegenüber der Aufführung vor gut einem Jahr in Luxemburg haben die Mitglieder des Quartetts noch mehr Sicherheit in der Aussprache des deutschen Textes gewonnen und bieten das Stück mit der gleichen, ungebrochen intensiven Hingabe an. Das Publikum war begeistert und in der Pause gratulierten manche der anwesenden Komponistin.

Am Anfang wurde das Rosamunde Quartett von Franz Schubert gespielt, am Ende das G-Dur Quartett op. 106 von Antonin Dvorak. Dass Das Simply Quartet auch Unterschiede zwischen den Komponisten und den Epochen deutlich machten, konnte man beispielsweise daran erkennen, dass sie Schubert in einer klassisch geordneten Form anboten und den Dvorak allein in der dynamischen Ausformung deutlich klangvoller und breiter anlegten.

Das Ensemble bot alle Werke sehr konzentriert an, ließ aber trotzdem Raum für die freie Entfaltung. Sie schienen ein wenig mehr gereift zu sein als vor einem Jahr. Das äußerte sich auch in nach wie gezeigter, aber nicht mehr so hervortretender Mimik und Gestik. Und so hatten sie sich auf dem Weg von einer jugendlichen stürmischen Interpretation zu einer mehr erwachsenen ein Stück weit entwickelt. Für beide Sichten mag man Vor- und Nachteile finden. Hier gelang es ihnen, trotzdem die Frische zu kultivieren und dennoch die Strukturen und Feinheiten der Werke plastisch ausformuliert hervorzuheben.

Äußerst positiv fällt hier die gleichmäßige Gewichtung der vier Stimmen auf. In manchen Quartetten gerät insbesondere die zweite Geige gerne in den Schatten der ersten. Hier aber zeigen alle vier immer wieder, dass jeder wichtig ist und jeder musikalisch seine Punkte setzten kann. Zwar bieten sie einen schön abgestimmten Quartettklang, aber daraus hebt sich immer kurz derjenige heraus, der einen dann wichtigen musikalischen Aspekt zu betonen hat. Im Konzert konnte man feststellen, dass sie die Feinheit mancher Momente jetzt noch eleganter auslebten.

Passend zu den vielen volksmusikalischen Elementen im Hauptprogramm belohnte das Simply Quartet das heftig seine Begeisterung ausdrückende Publikum sozusagen mit einer lokalen Zugabe, dem Marien Walzer von Jospeh Lanner. Wohl auch Dank der österreichischen Geigerin Antonia Rankersberger fanden sie den typischen Ton, der die Zuhörerschaft fast ins Neujahrskonzert versetzte.

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