Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien bot mit Gastdirigent Oscar Jockel im Wiener Konzerthaus einen Abend an, der ein kürzeres Werk des auch komponierenden Dirigenten sowie Le Tombeau de Couperin von Maurice Ravel mit dem Stabat Mater von Gioachino Rossini verknüpfte. Uwe Krusch berichtet.
Die solistischen Sänger waren Federica Lombardi, Sopran, Teresa Iervolino, Mezzosopran sowie Santiago Ballerini als Tenor und für die Basspartie Adolfo Corrado. Daneben war einmal mehr die famose Wiener Singakademie zu erleben.
Die etwa acht Minuten dauernde Komposition ‘asche ist weiß’ von Oscar Jockel setzte sich mit Vibrationen von Luftmolekülen, also vereinfacht gesagt Tönen, auseinander. Vibrationen als periodische zeitliche Schwingungen gesehen, führten danach zur Musik als Wahrnehmung von Zeit. Und tief bewegend wahrgenommene Musik sollte Zeit scheinbar stillstehen lassen. Die Aussage ‘asche ist weiß’ sollte auf diese Logik von Zeit, Zeitlosigkeit und Ewigkeit verweisen. Die deutlich weitergehenden Ausführungen im Programmheft ließen sich auch im Internet nachlesen.
Das groß besetzte Orchester mit bis zu fünffach geteilten Gruppen von Streichern sowie Orgel bot eine reiche Palette an klanglichen Möglichkeiten. Dabei entwickelte sich das Werk wie nach der Gaußverteilung aus einer viele Sekunden lang ausgehaltenen Stille und auch zu einer solchen zurück und baute dazwischen eine immer größer und lauter werdende Struktur auf, die dann auch wieder abkühlte. Dem nur höflichen kurzen Applaus nach zu urteilen, gelang es dem Publikum nicht so ganz, die Ideen des Komponisten nachzuvollziehen.
Mit Le Tombeau de Couperin zeigten das Orchester und Oscar Jockel ein neoklassizistisches Werk von bestechend eleganter Einfachheit. Diese Totenhuldigung entfalteten sie in äußerster Verfeinerung, die auch die Kunst des Verzichts und Fokussierung deutlich herausarbeitete. Dieses zarte Gespinst loteten sie mit ziselierter Brillanz aus. Als Dirigent zeigte Jockel auch bei diesem Stück eine hoch konzentrierte und mit sachlichen Dirigierbewegungen atmende Gestaltung, die das Orchester klar und inspirierend forderte.
Für das fast einstündige Stabat Mater von Gioachino Rossini traten zum Orchester noch die Wiener Singakademie in der Einstudierung von Heinz Ferlesch sowie die Solisten hinzu. Die Sopranistin Federica Lombardi, Mezzosopran Teresa Iervolino, Santiago Ballerini für den Tenorpart und Adolfo Corrado mit der Basspartie, die letzten drei als Debütanten im Wiener Konzerthaus, hatten diese Aufgabe übernommen.
Aus der mittelalterlichen Darstellung des Schmerzes der Mutter Jesu um den gekreuzigten Jesus als zentralem Inhalt hatte Rossini Teile übernommen und in einer seinem Weg als Komponist folgenden Art und Weise mit Elementen für die Kirchenmusik, das Opernhaus und auch den Konzertsaal zusammengefügt. Diese für Puristen uneinheitliche Gestaltung boten die Interpreten einem heutigen Publikum, das darauf vielleicht entspannter schaut, in einer packenden Interpretation an, die sowohl die verinnerlichten Passagen vermittelte wie auch die opernhaften Passagen mit kanalisierter Wucht auskostete.
Neben dem auch hier hellwachen Orchester mit exzellent dargebotenen instrumentalen Leistungen überzeugte einmal mehr die immer homogen agierende Wiener Singakademie mit ihrer klug disponierten Sorgfalt in leisen Passagen und der Kraft der vielen Stimmen an anderer Stelle, so dass es bedauerlich war, dass ihre Anteile am Werk eng begrenzt waren.
Bei den Solisten hatte Tenor Santiago Ballerini beschlossen, seine Partie allein auf die Seite der Oper zu stützen und erzielte so immer wieder unangemessen schmachtende Volten. Die drei anderen Solisten dagegen boten als einzelne Stimme, aber auch im Zusammenwirken höchste Ausdrucksqualitäten und, was auch nicht bei jeder Aufführung gelingt, mit bestens zueinander passenden Timbres feinste Sangeskunst schönster Ausprägung.
Zusammen formten sie die packende Interpretation dieses Stabat Mater, so dass man die Begeisterung des Publikums schon bei der Uraufführung auch heuer nachvollziehen konnte.