Vilde Frang

Die Wiener Symphoniker gaben ihr rezentes Konzert zusammen mit dem Gastdirigenten Santtu-Matias Rouvali sowie der Geigerin Vilde Fang. Diese hatte bereits ihren zweiten Auftritt mit Orchester im Konzerthaus in wenigen Tagen. Wie das Zusammenspiel der Beteiligten funktionierte, berichtet Uwe Krusch für Pizzicato.

Dabei hatte das Konzert, rein äußerlich betrachtet, eine klassische Struktur mit einer Ouvertüre, einem Solokonzert und einem groß angelegten weiteren Werk, bei dem das Orchester noch einmal seine Fähigkeiten zeigen konnte. Dieses Werk war aber keine Symphonie, sondern die Burleske in vier Szenen in der Fassung von 1947, die Igor Stravnsky durch eine Revision aus seinem gleichnamigen Ballett Petrouchka schuf.

Doch den Anfang machte die Ouvertüre zur Oper Semiramide von Gioachino Rossini. Die Wiener Symphomoniker legten zusammen mit Santtu-Matias Rouvali eine anfänglich straff zugreifende Interpretation vor, die erst im Laufe des Werkes auch die flockig belebten Passagen bot, die die Zuhörer bei der Musik von Rossini erwarten. Der Gesamteindruck zeigte ein engagiert agierendes Orchester hoher Klasse, das sich den Dirigierhinweisen willig folgte. Ihre Frühform an diesem Abend bewiesen die Hornisten und die Fagottisten, denen in dieser Ouvertüre tragende Rollen zukommen, bereits hier mit hochklassigen Beiträgen.

Das Solokonzert des Abends mit dem e-Moll Violinkonzert von Felix Mendelssohn Bartholdy bot dann Vilde Frang erneut die Gelegenheit, ihr Können auch bei einem der heute beliebten klassischen Werke zu zeigen. In einer warmen, die gesanglichen Qualitäten der Komposition hervorhebenden Lesung intonierte Frang weitestgehend intonationssicher. Dieses Konzert ist sicherlich für die Geige im Verhältnis zum Orchester einfacher, also durchsichtiger gesetzt als das Konzert von Berg, das Frang vor gerade einmal einer Woche am selben Ort gespielt hatte. Trotzdem war die Solostimme im Kontext eher eingebunden als hervorgehoben. Zwar konnte man das Solo größtenteils deutlich hören, aber sie spielte eben im Verbund und nicht abgehoben. Im Zusammenwirken mit Rouvali und dem Orchester herrschte bis auf vielleicht einen Wackler beste Harmonie. Damit war die Basis für eine rundum gelungene Interpretation gegeben, die auch umgesetzt wurde.

Für den dankbaren Beifall aus dem Auditorium bedankte sich Frang mit einem für eine Zugabe recht umfangreichen Werk, für das sie zudem die Unterstützung eines Erzählers benötigte. Das Stück Ferdinand der Bulle von Alan Ridout mag man als Werk für Kinder abtun. Aber die geigerischen Herausforderungen und die witzig humorvolle Erzählung bieten darüber hinaus auch für jeden Erwachsenen gute Unterhaltung. Ihr Erzähler wusste mit schauspielerischer Attitüde den Text anschaulich und charmant zu überbringen. Frang wusste die mit musikalischen Motiven verbundenen Personen, also Ferdinand, seine Mutter, andere Jungbullen und das Personal eines spanischen Stierkampfes ebenso klar wie auch süffisant zu markieren. Das begeisterte Publikum hatte während der Darbietung sich schon bemerkbar gemacht, bevor es am Ende frenetisch reagierte.

Santtu-Matias Rouvali
(c) Kaapo Kamu

Der orchestrale Höhepunkt war dann die Burleske Petrouchka von Igor Stravinsky. Hier konnte Rouvali dezidiert seine Dispositionsideen für ein Orchester darlegen. Durch weit auskragende Arme und charmantes Fingerspiel war sein Agieren gekennzeichnet. Dabei mag man an die rituellen Bewegungen indischer Tempeltänzerinnen denken, aber seine Darstellungen waren, wie es bei den Tänzerinnen auch der Fall wäre, nicht nur schön anzusehende Bilder, sondern exakte und ausgefeilte Hinweise an die Orchestermusiker, ihrer Einsätze sicher zu sein oder Ideen, wie ihr Solomoment zu gestalten sein sollte.

Die Gemeinschaft aus Wiener Symphonikern und Santtu-Matias Rouvali schuf eine beindruckende Szenerie dieser Musik. Im Grundansatz hatten die Beteiligten ihren Blick auf eine feinsinnige und reich nuancierte Gestaltung gerichtet, die sowohl den Detailreichtum der Komposition wie auch die instrumental hohen Qualitäten des Orchesters herausmodellieren konnte. Die plakative Attacke war nicht das Ziel dieser Darbietung, sondern eine farbenreiche Beleuchtung der Figuren und Szenen dieses ursprünglich als Handlungsballetts geschaffenen Werkes mit Finesse und Charme. Das gelang dann auch Dank des orchestral strahlenden und warmen Klangs und der Fähigkeiten der Musiker der Wiener Symphoniker reiz- und auch eindrucksvoll, aber eben ohne aufgesetzte Knalleffekte, so dass das Publikum zutiefst zufrieden applaudierte.

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