Dirothee Mields
c) Harald Hoffmann

Im Zykluskonzert mit Kantaten von Johann Sebastian Bach trat jüngst das österreichisches Ensemble L’Orfeo Barockorchester auf, das vom ersten Pult aus von seiner Gründerin Michi Gaigg geleitet wird. Instrumentalsolisten aus dem Ensemble und die Sopranistin Dorethee Mields als Gast boten neben zwei Kantaten auch rein instrumentale Werke. Was diese Konzentration auf einen Komponisten bot, berichtet Pizzicato-Mitarbeiter Uwe Krusch.

Das L’Orfeo Barockorchester, übrigens nicht zu verwechseln mit dem fast gleichnamigen ungarischen Originalklangensemble Orfeo (Zenekar), spielte als Einstieg in den Abend die Ouvertüre C-Dur BWV 1066, auch als 1. Orchestersuite bekannt. Hatte das Ensemble zwar in früheren Aufnahmen schon mit tadelloser Spieltechnik und ausgewogenem Klangbild überzeugt, so hatte es doch ein wenig an Würze gemangelt. Inzwischen hat sich das von Michi Gaigg initiierte Ensemble zu einer akzentreich und farbig agierenden Gemeinschaft entwickelt, die auch elegant und schwungvoll spielen kann. In der Ouvertüre legte das Orchester gleich die Maßstäbe für den ganzen Abend an. In kleiner Besetzung bei den Streichern und mit auf Flöte, Oboen und Fagott beschränkten Bläsern führte es die Suite in zupackender, aber immer feinsinniger Lesart vor.

Es folgte die Kirchenkantate ‘Ich habe genug’, bei der die Sehnsucht, dem irdischen Elend zu entkommen und mit Jesus vereint zu werden, besungen wurde. Ursprünglich für einen Bass als Sänger geschrieben, hat Bach auch die Fassung für Sopran und Traversflöte geschaffen, die im gut besetzten, aber beileibe nicht vollen Mozart-Saal des Wiener Konzerthauses zur Aufführung kam.

Die Sängerin Dorothee Mields zeichnete sich als eine expressive, den Text verständlich zeigende und ihn gut erfassende Interpretin aus. Sie führte ihre warme und einfühlsame Stimme sowohl solistisch wie auch ungekünstelt bestens eingefügt in den Klang des Ensembles ein bzw. zusammen mit den Instrumentalsolisten. Zumeist mit schönem, warmem Gesang vortragend, wusste sie auch diverse Akzente zu setzen. Hatte Bach die Todessehnsucht in der einleitenden Arie als innigen Seelenzustand, im folgenden Rezitativ dann als Bestätigung formuliert, gelang es Mields einleuchtend, diese Unterschiede in ihrem Gesang zu spiegeln. In der Schlussarie, „Ich freue mich auf meinen Tod“ gelang es den Beteiligten, den freudigen Tanz, der den Tod als Erfüllung einer Sehnsucht zeigt, sozusagen lustvoll darzustellen.

Als zweite Solistin hatte Sophia Aretz, Mitglied des Ensembles, ihre Traversflöte für die Solopartien in der Kantate angesetzt. Sie bewältigte den Solopart mit überzeugender Leichtigkeit und Eleganz des Tons. Trotz der begrenzten dynamischen Möglichkeiten des Instruments setzte Aretz ihre Partie mit eindrucksvollem Spiel so um, dass sie eine starke zweite Solostimme zeigte.

Mit einem weiteren Solokonzert, dem in A-Dur BWV 1055 in der Rekonstruktion der ursprünglichen Fassung für Oboe d’amore und Streicher stellte sich das Orchester nochmals mit einer weiteren Solistin aus dem Ensemble vor. Carin van Heerden, sonst Oboistin, spielte jetzt die Oboe d’amore. Den Beinamen ‘d’amore’, zu deutsch ‘Liebes-‘, hat das Instrument aus der Familie der Oboen aufgrund ihres warmen und lieblichen Klanges erhalten. Van Heerden nutzte die Klangfarbe, die in der Höhe nahe der Oboe, im tiefen Register eher wie ein Englischhorn klingt, um das Solo zu gestalten. Mit ausdrucksstark variierendem Spiel, das vor dem Streicherhintergrund klanglich exponiert war, formte sie das Solo.

Zum Abschluss erklang die weltliche Kantate „Ich bin in mir vergnügt BWV 204. Wiederum mit Dorothee Mields und allen anderen Beteiligten wurde dieses längste Werk des Abends musiziert. Die im Aufbau abwechslungsreiche Kantate vereint alle Mitwirkenden erst im letzten Satz. Mields konnte etwa in der ersten Arie das unruhige Gefühl der Anstrengung ausformulieren. In der zweiten Arie trat zur Sängerin die obligate Solovioline, überzeugend gespielt von Julia Huber-Warzecha. Im dritten Rezitativ, einem Secco-Rezitativ, sollte und konnte Mields sogar Ausbrüche von Opernvirtuosität ausleben, die man diesem Satz zusprechen kann. Auch das vierte Rezitativ bot der Sopranistin mit einer Arioso-Passage mit einer außerordentlichen Kadenz Gelegenheit, ihr Können technisch und im Konzert auch mimisch und gestisch mitreißend darzustellen.

Als Zugabe ließen Mields und das Orchester noch den Choral ‘Du meine Seele singe’ erklingen, um das begeisterte Publikum zu belohnen. Übrigens, auch in Wien kann man sich manchmal über das ansonsten fachkundige und engagiert mitmachende Publikum ärgern. Hier hörte man das Engagement eher negativ, mit Klingelton und mehreren im Konzert runtergefallenen Gegenständen. Ach Leute, das muss doch nicht sein!

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