Jakub Hrusa
(c) Eric Engel

Gleich zu Beginn der Saison setzten die Wiener Philharmoniker mit dem Dirigenten Jakub Hrusa eine beeindruckende Messlatte mit Werken osteuropäischer Provenienz. Uwe Krisch berichtet.

Neben einem Frühwerk, der ersten Orchestersuite von George Enescu, erklangen zwei Spätwerke ihrer Erschaffer, nämlich aus der Oper Das schlaue Füchslein von Leos Janacek die Suite in der Zusammenstellung von Charles Mackeras sowie die Symphonischen Tänze von Sergej Rachmaninov.

Wobei das mit der osteuropäischen Musik so eine Sache ist. Jedenfalls wenn man an Janacek denkt, ist Prag geographisch westlich von Wien lokalisiert, aber Janacek wurde in Hukvaldy, deutsch Hochwald, geboren, was östlicher liegt als Wien. Egal, das das Idiom der Musik mochte dann doch ein anderes sein, das sich östlicher zuordnen lies.

In diesem Konzert, um das auch noch vorweg zu nehmen, zeigte sich das Publikum einer europäischen Zentrale der Kultur nicht angemessen. Wurde schon nach dem zweiten Satz in die Suite von Enescu hineingeklatscht, so war der Haupteklat das Reinprasseln des dümmlichen Applauses von Besserwissern in das Ende der Symphonischen Tänze, also in den noch ausklingenden letzten Akkord bzw. den dann nicht mehr hörbaren Nachhall. Damit wurde die Wirkung zerstört und damit zeigten diese, dass sie nur da da waren, um gesehen zu werden, und nicht wegen ihrer musikalischen Bildung. Die Beteiligten auf der Bühne nach der Schrecksekunde ob dieser Borniertheit dann ein neutrales Gesicht aufsetzen.

In der Mitte der Programmfolge stand die Orchestersuite von George Enescu. Der zu Unrecht auch heute noch weitgehend nur für seine Rumänische Rhapsodie bekannte Rumäne hatte das an diesem Abend zu hörende Werk noch in seiner Jugend am Beginn seines dritten Lebensjahrzehnts geschrieben. Wie oft bei solchen jugendlichen Stücken mag man noch eine Fülle an Ideen hören, die einer klareren Struktur ein wenig im Wege stehen können. Aber es zeigte auch schon Merkmale der reiferen Kompositionen, etwa eine Abfolge langsamer Sätze mit nur einem schnellen Schlusssatz.

Jakub Hrusa
(c) Eric Engel

Innerhalb der Suite am bekanntesten ist der erste Satz. Dieses Unisono-Präludium aus einem chorisch besetzten Streichquartett sowie Pauke entfaltet in etwa acht Minuten eine stupende Wirkung, die die Streicher der Wiener Philharmoniker mit eloquentem Zusammenspiel zu zeigen wussten. Die nach den Partiturvorgaben zu hebende Variabilität, mit der die 64 geforderten Streicher in verschiedenen Gruppierungen zu hören waren, ermöglichte es den Philharmonikern, kunstvoll alle Register ihres Könnens auszureizen. Nach den beiden dichten langsamen Mittelsätzen, in denen auch alle anderen Instrumentalisten eingebunden waren, schloss der quicksilbrig lebendige Finalsatz das Werk. Insgesamt mochte man das Werk als Ausdruck von Experimentierfreude und selbstbewusstem Auftritt von Enescu wahrgenommen haben. Hatte er doch rumänischer Volksmusik Abgelauschtes vordergründig vor eine streng nach der Fibonacci-Reihe gebaute Form gesetzt. Da wurde es auch mal Zeit, dieses Werk im Wiener Konzerthaus programmiert zu haben.

Den Abschluss des Abends bildeten die Symphonischen Tänze von Rachmaninov. Dieses Werk ließ sich auch ohne die ursprünglich programmatische Idee dahinter als religiös inspiriertes Werk hören. Dirigent Jakub Hrusa ließ die Philharmoniker diese Musik mit allem symphonischen Impetus aufspielen und sie boten trotzdem eine nicht über Gebühr schwelgende Deutung an, die mit ihrer gewissen Rationalität die Ohren auch auf formale Aspekte lenkte und nicht nur dem Schönklang frönte.

Am Anfang stand eine sozusagen großformatige Ouvertüre. Denn mit rund 20 Minuten Dauer ist die Suite aus der Oper Das schlaue Füchslein von Janacek nicht gerade ein kurzer und schon gar nicht ein einfacher Vorhangöffner für einen Konzertabend. Vielmehr hatte es Charles Mackeras, der die Auswahl und Anpassung der Stücke aus der Oper vornahm, verstanden, konzentriert alle wesentlichen Facetten des Werkes einzubinden und gleichzeitig ein schlüssiges Ganzes zu formen.

Die Wiener Philharmoniker ließen sich von Hrusa zu einem wahrlich funkelnden Spiel anregen, das die große Qualität dieses Spätwerks von Janacek zum Leuchten brachte. Waren das Orchester und die solistischen Interpreten aus dem Ensemble den ganzen Abend über immer wieder in Erscheinung getreten, so hatten sie ihre Duftmarken, schlau wie ein Fuchs, bereits am Anfang so exquisit setzen können, dass im Nachblick diese Darbietung als prägendste des Abends im Ohr blieb. So sensibel und gleichzeitig beeindruckend ansprechend durfte man die Suite an diesem Abend hören, dass die Darstellung des Naturbildes in diesem thematisch reichen Werk prickelnd hervorgehoben wurde.

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