In Österreich ist Gunar Letzbor zusammen mit Hubert Hofmann ein eifriger Archivforscher, der immer wieder Unbekanntes zutage fördert. Was er im Archiv vom Stift Kremsmünster gefunden hat, damit versuchte er das Publikum und damit auch Pizzicato, vertreten durch Uwe Krusch, in einem Konzert im Wiener Konzerthaus, zu locken.

Sein Ausgangspunkt waren die Werke von Giuseppe Valentini. Dieser Zeitgenosse von Corelli, wie der auch aus Rom stammend, ist heute fast vergessen. In Kremsmüsnter fanden sich mehrere seiner Werke, aber keines von Corelli. Vier Allettamenti, also Verlockungen oder Verführungen, des Komponisten stellte Letzbor dazu vor. Diese mit Violine und Continuo, hier Norbert Kirchner am Cembalo und Jan Krigovsky an der Violone, besetzten Werke zeigten einen erfindungsreichen Tonsetzer, der mit ungewöhnlichen Sequenzen seine eigene Stimme gefunden hatte. Als Gegenstück hatte Letzbor Auszüge aus der ersten Partia von Johann Joseph Vilsmayr an den Anfang des Programms gesetzt. Dieser Geiger und Komponist war wohl auch Interpret der Allettamenti in Kremsmünster . Von dieser etwas spröde wirkenden Musik ausgehend entfalteten die Werke von Valentini danach ihren vollen südländischen Esprit.

Eine weitere Facette hatte sich dann bei der Durchsicht in dem Archiv aufgetan. Hier im Kloster wohl beliebt war das Instrument Mandora. Dabei handelt es sich um eine Laute, die mit weniger Saiten auskommt und weitgehend die Gitarrenstimmung hat. So ist sie leichter zu spielen und preiswerter im Unterhalt, denn Darmsaiten waren schon damals teuer. Für zwei Werke anonymer Herkunft für Mandora, Violine und Continuo kam Miloslav Student zum Ensemble Ars Antiqua Austria hinzu.

Hatte das Konzert noch etwas unsicher wirkend begonnen, was wohl auch am weniger einnehmenden Ton des Werkes von Vilsmayr lag, so entwickelte es dann sein einnehmendes Wesen im Laufe des Abends. Letztbor, der anscheinend aus kleinformatigen Kopien der Originalskripte spielte, hatte wohl auch hier und da Schwierigkeiten, den Notentext zu entziffern.

Umhüllt waren die Kompositionen von vielen Worten des Geigers. Darin erläuterte er die Archivsuche und die Gedanken und Ideen zu seiner Programmwahl. Dabei ließ er sehr persönliche Aspekte und lustig gemeinte Anmerkungen einfließen. Letzbor wies auch darauf hin, dass viele Menschen nicht mehr auf den Klang achteten, da sie beispielsweise Töne vom Handy abspielen (mag man da noch von Musik reden?) statt eine Klang bietende Anlage und qualitativ hochwertige Streamingdienste oder Medien zu nutzen. Bei seinen Ausführungen ließ er sich auch nicht durch an impertinent andauernd klingelndes Mobiltelefon stören, das eine betagte Dame wohl aus technischem Unverständnis lange nicht zum Schweigen bringen konnte.

Er konterkarierte seine Anmerkungen insofern, als er manche Phrase schroff und mit einem Spiel belastete, das Spielgeräusche einschloss. Doch in weiten Teilen entwickelte er ein beredtes und klangschönes Violinspiel, mit dem er die Preziosen aus Kremsmünster eloquent darzustellen wusste. Dabei waren die Mitglieder von Ars Antiqua Austria spielstarke Unterstützer, die auch ihre eigene Aufmerksamkeit verdienten. War Norbert Kirchner am Cembalo mit gebräuchlichem Begleitspiel am unauffälligsten, wenn auch sicher und aufmerksam dabei, so wusste etwa Jan Krigovsky sein Violone etwa im Allettamento op. 8 Nr. 6 so virtuos zu behandeln, dass man nur staunen konnte. In den beiden Werken für Mandora entfaltete Miloslav Student dann überzeugend all sein Können.

Dieser fokussierte und doch auch abwechslungsreiche Abend vor einem auf die Interpreten eingeschworenen Publikum schloss dann mit einer Zugabe aus einer anderen Quelle. Johann Heinrich Schmelzer hat im privaten Archiv mit Lieblingswerken des Königs Leopold eine mit allen Verzierungen auskomponierte Chaconne hinterlassen, die alle vier Mitwirkenden nach musikalischer Aufwallung in ersterbenden Tönen ausklingen ließen.

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