Bela Bartok: Quartett Nr. 3; Joseph Haydn: Quartett op. 76 Nr. 2 (Quinten); Wolfgang Amadeus Mozart: Quartett KV 456 (Dissonanzen); Quatuor Modigliani (Amaury Coeytaux, Loïc Rio, Violine, Laurent Marfaing, Bratsche, François Kieffer, Cello); 1 CD Mirare MIR506; Aufnahme 12/2019; Veröffentlichung 02/2021 (71'11) – Rezension von Uwe Krusch

Ein Namensquartett jeweils von Haydn und Mozart treten auf dieser Einspielung des Quatuor Modigliani mit dem dritten Werk von Bartok in einen Austausch, wobei das jüngste Werk aus dem Zentrum heraus erklingt.

Das Quatuor Modigliani feiert sein 15-jähriges gemeinsames Spiel mit dieser unter allen Gesichtspunkten formidablen Veröffentlichung. Ihr Zusammenwirken hat sich zu einem wirklichen Ensembleklang entwickelt, der insbesondere auch die erste Geige nicht in den Vordergrund stellt, sondern in jedem Moment die Einheit belässt, ohne deswegen zu einem breiigen oder anderweitig unklaren Höreindruck zu führen. Mit sensiblem Gespür für die Momente in der Musik entwickeln sie die kompositorischen Linien in den Sätzen und auch im Werkkontext.

Manches Tempo mag einem zunächst recht gemäßigt vorkommen. So etwa der zweite Satz im Quartett von Haydn, der die Satzbezeichnung Andante o più tosto Allegretto trägt, also ‘gehend, oder genauer gesagt etwas bewegt’. Leopold Mozart schrieb in seiner Violinschule « Allegretto ist etwas langsamer als Allegro, hat gemeinhin etwas angenehmes, etwas artiges und scherzhaftes, und vieles mit dem Andante gemein. Es muss also artig, tändelnd, und scherzhaft vorgetragen werden: welches artige und scherzhafte man sowohl bey diesem als bey anderem Tempo durch das Wort Gusto deutlicher zu erkennen gibt.“ Im ersten Eindruck mag man das von den Modiglianis gewählte Tempo für zu langsam halten, eher gemächlich, als scherzhaft. Aber je länger man ihrer Sicht lauscht, auch beim wiederholten Hören, desto mehr stimmt man ihnen zu, dass sie hier etwas Artiges hinzaubern, dass die Musik nicht nur trägt, sondern erblühen lässt.

Dass sie nicht nur mit der klassischen Musik im engeren Sinne bestens zurechtkommen, also Haydn und Mozart, sondern auch in moderneren Gefilden ihre Meriten zu entwickeln wissen, wird im dritten Quartett von Bartok klar. Mit moderner, deswegen aber trotzdem oder gerade auch sehr gepflegter Spielart und Intonation zeigen sie auf, dass sich die Musik dieses Komponisten zeitgenössisch gibt und doch auch aus der Historie zu verstehen ist. Genuss pur.

Quatuor Modigliani celebrates 15 years of playing together with this release, which is formidable from all points of view. Their interaction has developed into a real ensemble sound, which in particular does not place the first violin in the foreground, but leaves unity in every moment, without therefore leading to a mushy or otherwise unclear listening impression. With a sensitive feeling for the moments in the music, they develop the compositional lines in the movements and also in the context of the work.
Some tempos may at first seem quite moderate. For example, the second movement in Haydn’s quartet, Andante o più tosto Allegretto, meaning « walking, or more precisely, somewhat moving ». Leopold Mozart wrote in his violin school « Allegretto is somewhat slower than Allegro, generally has something pleasant, something kind and jocular, and much in common with the Andante. It must therefore be performed in a mannerly, dallying and joking manner: which mannerly and joking manner is more clearly indicated by the word gusto, both in this and in other tempos ». At first impression, one might think that the tempo chosen by the Modiglianis is too slow, rather leisurely than jocular. But the longer one listens to their performance, even repeatedly, the more one agrees with them that they conjure up something kind here, that the music not only carries, but lets it blossom.
Bartok’s Third Quartet clearly shows that they are not only at home with classical music in the narrower sense, i.e. Haydn and Mozart, but also know how to develop their merits in more modern realms. With a modern, but nevertheless or even very cultivated style of playing and intonation, they show that the music of this composer is contemporary and yet can also be understood from a historical perspective. Pure pleasure!

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