Thomas de Hartmann: Klavierkonzert op. 61 + Symphonie-Poème Nr. 3, op. 85 + Scherzo-fantastique, op. 25;  Elan Sicroff, Klavier, Lviv National Philharmonic Orchestra of Ukraine, Tian Nui Ng; 1 CD Nimbus Alliance NI6429; Aufnahme 09.2021, Veröffentlichung 03.06.2022 (70'59) - Rezension von Remy Franck

Der ukrainische Komponist Thomas de Hartmann (1884-1956) wurde zu Lebzeiten sehr geschätzt und konnte in den 1930er und 1940er Jahren in Frankreich eine erfolgreiche Karriere machen. Doch seit seinem Tod (in den USA) ist seine Musik in Vergessenheit geraten.

Auf dieser CD erklingt zunächst ein sehr virtuoses Klavierkonzert, das Hartmann 1939 komponierte, und das einen an die Gattung der Filmmusik erinnert, mit einem Touch von russischer Romantik, aber auch von Jazz und Blues.

In der farbigen und dynamischen Interpretation des britischen Pianisten Elan Sicroff, dem Nationalen Philharmonischen Orchester Lemberg (Lviv National Philharmonic Orchestra of Ukraine) unter dem aus Singapur stammenden Tian Nui Ng wird das Konzert sehr attraktiv.

Die dritte Symphonie, Symphonie-Poème, wurde komponiert, nachdem Thomas de Hartmann und seine Frau Olga im Jahre 1950 nach New York ausgewandert waren.

Das Werk hat drei kontrastreiche Sätze, die alle vom Roman ‘In den Wäldern’ des russischen Schriftstellers Pavel Melnikov-Pechersky (1818-1883), inspiriert sind. Der erste Satz beschreibt die Legende von Bolotnitsa, einem schönen Sumpfmädchen, das Männer verführt und in den Sumpf zieht.

Der zweite Satz erzählt die Geschichte von Stroka, der bösen Fliege. De Hartmanns programmatischer Hinweis gibt den Rahmen vor: Manchmal, im heißen Sommer, schwebt ein Fliegenschwarm um eine Herde von Pferden, Rindern oder Hirschen. Dann erscheint eine böse Fliege. Die Tiere spüren die Anwesenheit dieser Fliege in der Luft und rennen in unbeschreiblicher Angst wie wild in alle Richtungen. Sie treten mit ihren Hinterbeinen, heben ihre Schwänze und brüllen, aber nichts kann sie vor der bösen Fliege retten, die so lange um sie herumschwirrt, bis eines der Tiere ihr Opfer wird und erschöpft umfällt.

Nach all den dramatisch dargestellten Schrecken der beiden ersten Sätze bezieht sich der dritte auf Radoniza (Das Fest des Frühlings). De Hartmann schreibt: « In den Ländern an der Wolga beginnt das Frühlingsfest in der heiligen Woche nach Ostern und manchmal bis zum Fest des Heiligen Johannes. Es entspricht dem alten Frühlingsfest in den Zeiten der Heiden, das Radoniza genannt wurde. Während dieser Feste wird getanzt und gesungen, was auf die heidnischen Traditionen zurückgeht. Die Jugend des Landes rennt durch die Wälder, Felder und Flüsse, um Jar-Hmal zu preisen, den heidnischen Gott der Lebensfreude. Die fröhlichen Lieder und mitreißenden Tänze erklingen bis zum Morgengrauen. »

Die Interpretation ist evokativ, denn Tian Nui Ng pflegt das Narrative der einfallsreich orchestrierten Musik auf eine sehr feinfühlige Art.

Das Scherzo Fantastique Op. 25 wurde im Jahr 1929 komponiert, dem Jahr, in dem sich De Hartmann von Gurdjieff trennte, seinem Mentor, mit dem er mit dem er über einen Zeitraum von 12 Jahren studierte und gemeinsam ein umfangreiches Werk östlicher Musik komponierte. Er etablierte sich in der Nähe von Paris und komponierte unter einem Pseudonym Filmmusiken. Es ist möglich dass das Scherzo Fantastique ursprünglich für einen Film benutzt werden sollte. Das effektvolle Stück erinnert an L’Apprenti Sorcier von Paul Dukas, hat aber auch orientalische Züge. Es wird, wie alle anderen Werke, vom Orchester engagiert aufgeführt.

Ukrainian composer Thomas de Hartmann (1884-1956) was highly regarded during his lifetime and enjoyed a successful career in France in the 1930s and 1940s. But since his death (in the US) his music has been forgotten.
On this CD, we first hear a very virtuosic piano concerto composed by De Hartmann in 1939, which reminds one of the genre of film music, with touches of Russian romanticism, but also of jazz and blues.
In the colorful and dynamic interpretation of the British pianist Elan Sicroff and the Lviv National Philharmonic Orchestra of Ukraine under the Singapore-born Tian Nui Ng, the concerto becomes very attractive.
The third symphony, Symphonie-Poème, was composed after Thomas de Hartmann and his wife Olga emigrated to New York in 1950.
The work has three contrasting movements, all inspired by the novel ‘In the Woods’ by Russian writer Pavel Melnikov-Pechersky (1818-1883). The first movement describes the legend of Bolotnitsa, a beautiful swamp girl who seduces men and draws them into the swamp.
The second movement tells the story of Stroka, the evil fly. De Hartmann’s programmatic note sets the scene: Sometimes, in the hot summer, a swarm of flies hovers around a herd of horses, cattle or deer. Then a nasty fly appears. The animals sense the presence of this fly in the air and run wildly in all directions in indescribable fear. They kick with their hind legs, raise their tails and roar, but nothing can save them from the evil fly, which buzzes around them until one of the animals becomes its victim and falls down exhausted.
After all the dramatically depicted horrors of the first two movements, the third refers to Radoniza (The Feast of Spring). De Hartmann writes:  » In the countries near the Volga, The Feast of Spring begins in the holy week after Easter and sometimes until the Feast of St. John. It corresponds to the ancient Feast of Spring in the times of the Pagans, which was called Radoniza. During these festivals, there is dancing and singing, deriving from the Pagan traditions. The youth of the country run through the woods, fields, and rivers to praise Jar-Hmal, the Pagan god of the joy of living. The joyful songs and captivating dances resound until dawn. »
The interpretation is evocative, as Tian Nui Ng cares for the narrative of the imaginatively orchestrated music in a very sensitive way.
The Scherzo Fantastique Op. 25 was composed in 1929, the year De Hartmann parted ways with Gurdjieff, his mentor with whom he studied over a 12-year period and together composed an extensive body of Eastern music. He established himself near Paris and composed film scores under a pseudonym. It is possible that the Scherzo Fantastique was originally intended to be used for a film. The effective piece is reminiscent of L’Apprenti Sorcier by Paul Dukas, but also has oriental features. Like all the other works, it is performed with commitment by the orchestra.

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