Eugene Ysaÿe: Sonaten für Violine solo op. 27 Nr.1-6; Tianwa Yang, Violine; 1 CD Naxos 8.572995; 2013 (73'20) – Rezension von Remy Franck

Die Sonaten des belgischen Violinvirtuosen Eugène Ysaÿe, die alle einem großen Geiger gewidmet sind (Szigeti, Thibaud, Enescu, Kreisler, Crickboom, Quiroga), hat man in vielen verschiedenen Interpretationen gehört, atemberaubend akrobatisch, mit gestischem Kontrastspiel oder auch bloss als Formübungen. Die eminent violinistischen Werke müssen jeden guten Geiger herausfordern, aber nur wenige nutzen auch wirklich alle Möglichkeiten der Gestaltung aus, die Ysaÿes Kompositionen anbieten. Meistens steht dabei das Technische im Vordergrund, aber ohne Musikalität.

Tianwa Yang, eine immer noch nicht genügend beachtete Geigerin – meines Erachtens eine der interessantesten unserer Zeit – lässt uns alles Technische vergessen, so sehr konzentriert sie sich aufs Expressive. Sie lässt uns die Musik richtig erleben, mit einem sehr ausgeprägten und sehr persönlichen musikalischen Gestaltungswillen. Dabei verliert sie nie die Kontrolle ihrer Gefühle, und ihren Interpretationen mangelt es nicht an Intelligenz. Magie der Farben, Magie der Nuancen, eine stupende Intonationsreinheit und eine ständig vorhandene spannende Rhetorik, das sind die Charakteristiken dieser herausragenden CD, auf der uns die Solistin mit viel Charisma Ysaÿes Sonaten ‘erzählt’ und dabei gewiss nicht darauf aus ist, durch Technik zu glänzen.

Tianwa Yang’s colors are gorgeous, her nuances magical. Not technique (though she is technically flawless), but expression is her first concern. So, with her rich musicality, she becomes a fascinating narrator in Ysaÿes masterworks.

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