Ludwig van Beethoven: Klavierkonzerte Nr. 0, 2 & 6; Sophie-Mayuko Vetter, Klavier, Hamburger Symphoniker, Peter Ruzicka; 1 CD OehmsClassics OC 1710; Aufnahmen 02 & 05/2019, Veröffentlichung 18/10/19 (68’29) - Rezension von Alain Steffen

Das Beethovenjahr 2020 steht vor der Tür, und es stehen viele Veröffentlichungen ins Haus. Dass sich darunter auch Interessantes findet, zeigt diese Aufnahme der Klavierkonzerte Nr. 0, 2 & 6. Die Pianistin Sophie-Mayuko Vetter überrascht uns mit der Weltersteinspielung des 6. Klavierkonzerts von Beethoven, dessen skizzenhaft erhaltener Kopfsatz aus den Jahren 1814/15 von Nicholas Cook fertiggestellt wurde und nachträglich von Hermann Dechant mit einer neuen Kadenz und einem neuen Schluss versehen wurde.

Das Resultat ist hörenswert, erlebt der Hörer doch hier eine deutliche Weiterentwicklung des 5. Klavierkonzerts. Dieses 6. Konzert mit seinem rhapsodischen Charakter weist bereits auf das große symphonische Konzert der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hin und ist somit ein sehr wichtiger Beitrag zur Beethovenrezeption. Vetter spielt dieses Konzert dann auch mit einer gesunden Mischung aus kraftvollem Anschlag, melodiöser Feinarbeit und analytischer Präzision, wobei der emotionale Gehalt aber immer im Mittelpunkt steht.

Das 2. Klavierkonzert, das chronologisch eigentlich das Erste ist, zeigt Beethoven einerseits als einen direkten Erben von Mozart, andererseits aber auch schon als einen Komponisten mit einer eigenen Tonsprache. Auch hier vermag die Pianistin eine stilsichere und vor allem spieltechnisch brillante Brücke zwischen Mozart und Beethoven zu schlagen. Der klare, feinsinnige Anschlag gepaart mit großer Musikalität und einen untrüglichen Gespür für Architektur und Stimmungen zeigt deutlich den Rang dieser Pianistin.

Beethovens allererste Auseinandersetzung mit der Gattung Klavierkonzert erlebt der Hörer in seinem Konzert Nr. 0 aus dem Jahre 1784. Der damals knapp vierzehnjährige Komponist hat damit ein Werk geschrieben, das eher an Bach als an Mozart erinnert, das aber durchaus seine Qualitäten besitzt. Beethoven hat nachträglich weiter an diesem Jugendwerk gefeilt, das wir hier in seiner definitiven Fassung hören.

Sophie-Mayuko Vetter hat für die Einspielung dieses Konzerts einen Broadwood Hammerflügel benutzt, was das Konzert (hier in kleiner, fast kammermusikalischer Orchesterbesetzung gespielt) dann in ein ganz besonderes historisches Klanggewand hüllt. Begleitet wird die Pianistin von den hie exzellenten Hamburger Symphonikern und Peter Ruzicka, der einen klangvollen, klassischen Beethoven dirigiert. Der volle Klang des Orchesters, Ruzickas musikantisches Dirigat und Vetters in allen Hinsichten brillantes Klavierspiel machen dieses außergewöhnliche Programm musikalisch wie interpretatorisch zu einem wichtigen Beitrag des Beethoven-Jahres.

The Beethoven year 2020 is just around the corner and we expect many releases. Among the interesting ones is this recording of the Piano Concertos Nos. 0, 2 & 6. The pianist Sophie-Mayuko Vetter surprises us with the world premiere recording of Beethoven’s 6th Piano Concerto, whose sketches of the first movement were completed by Nicholas Cook and subsequently provided with a new cadenza and a new ending by Hermann Dechant.
The result is worth listening to, as the listener experiences here a clear further development of the 5th Piano Concerto. This 6th concerto with its rhapsodic character already points to the great symphonic concerto of the second half of the 19th century and is thus a very important contribution to Beethoven’s reception. Vetter plays this concerto with a healthy mixture of powerful touch, melodious precision and analytical precision, whereby the emotional content is always at the centre.
The Piano Concerto No. 2, which is actually the first in chronological order, shows Beethoven on the one hand as a direct heir to Mozart, but on the other as a composer with his own musical language. Here, too, the pianist is able to build a bridge between Mozart and Beethoven that is stylistically confident and, above all, technically brilliant. The clear, subtle touch paired with great musicality and an unmistakable feeling for architecture and moods clearly shows the rank of this pianist.
The listener experiences Beethoven’s very first encounter with the genre of the piano concerto in his Concerto No. 0 from 1784. The work of the then almost fourteen-year-old composer is more reminiscent of Bach than of Mozart, but it certainly possesses its qualities, because Beethoven subsequently continued to refine it. Caring for a historical sound, Vetter plays this final version on a Broadwood fortepiano.
The pianist is accompanied by the excellent Hamburger Symphoniker and Peter Ruzicka, who conducts a refined, classical Beethoven. The sound of the orchestra, Ruzicka’s conducting and Vetter’s brilliant playing let this extraordinary program become an important contribution to the Beethoven Year.

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