Ludwig van Beethoven: Symphonien Nr. 1-9 + Symphonie Nr. 10 (1. Satz, arr. von Barry Cooper) + Die Geschöpfe des Prometheus (Ausz.) + Ouvertüren Coriolan op. 62, Leonore Nr. 3 op. 72b, Fidelio op. 72 & Egmont op. 84; Genia Kühmeier Sopran, Anke Vondung, Mezzosopran, Michael König, Tenor, Jochen Kupfer, Bariton, Choeur de Chambre de Luxembourg, Solistes Européens Luxembourg, Christoph König; 5 CDs Rubicon RCD1036; Liveaufnahmen  2009-2019, Veröffentlichung 09/2020 (211') - Rezension von Remy Franck

Mit Rednern ist es ja so: die einen können sprechen, die andern nuscheln, die einen wissen, was sie betonen müssen, wo sie Gewicht drauf legen müssen, die anderen rattern ihren Text herunter oder aber nerven mit Überbetonung. Christoph König ist ein perfekter Redner. Er kann jedem Wort seine Bedeutung geben, jeden Satz wunderbar phrasieren und so den Zuhörer bei der Stange halten. Aber was sage ich da. Christoph König ist ja kein Redner, sondern Dirigent. Nur halt ein redender Dirigent….

Gleich die Einleitung zur 1. Symphonie lässt aufhorchen. So schön lyrisch und homogen geformt hört man sie nicht oft. Das ist Juwelierarbeit. Mit quirligem Drive geht es weiter zu einem sehr charmanten Andante. Das Menuett tanzt – wie schön! -, und der Finalsatz geht nach einem sehr fast spitzbübischen Adagio in das federleicht musizierte Allegro über. Zwischen der Ersten und der Zweiten stehen die feinfühlig und sehr rhetorisch dirigierten Auszüge aus Die Geschöpfe des Prometheus. Auf den weiteren CDs wird man feststellen, dass die übrigen Ouvertüren und der interessanterweise ebenfalls berücksichtigte erste Satz aus der Zehnten genauso akkurat gespielt werden.

Die Zweite ist ein Modell an innerer Ausgewogenheit, Klangbalance und Bonhomie.

Auch in Beethovens Dritter Symphonie zeigen sich die Solistes Européens Luxembourg von ihrer besten Seite und bringen ihre herausragenden spieltechnischen Qualitäten in einem warmen und schön proportionierten Klangbild zur Geltung. Eine spannende Interpretation, fein gearbeitet in klassischer Tradition!

Mit der Vierten wird es denn klar: wenn es um langsame Einleitungen geht, gibt es bestimmt nicht viel Dirigenten, die diese so bedeutungsvoll, so aussagekräftig gestalten wie Christoph König. Manchmal hat man auch den Eindruck, als Hörer in die Fragestellungen Königs impliziert zu werden, so als frage er uns (als Vermittler von Beethovens Gedanken): « Was soll ich nun tun? Wohin soll ich gehen? » Und das gibt der Musik dann auch etwas unerhört Unmittelbares und Spontanes.

Aber auch der Rest der Vierten ist faszinierend, mit einem bewegend lyrischen Adagio, dem optimal ausbalancierten und dadurch so detailreichen Menuett sowie einem federnden Allegro ma non troppo.

Selbst in einem so bekannten Werk wie der Fünften muss man immer wieder aufhorchen, weil König in einer im Grunde sehr traditionellen Lesart Details herausarbeitet, die seine Interpretation aufwerten.

In einer wiederum klanglich sehr raffiniert gespielten Pastorale gefällt insbesondere der deutlich aufgewertete Finalsatz, weil er nach dem spannungsvollen Gewitter nicht einfach belanglos abebbt.

In der Siebten Symphonie ist der langsame Satz das herausragende Ereignis. Die Achte ist im Ganzen sehr rhetorisch. Es wird ungemein viel geredet darin. Streichergruppen, Holzbläser, sie alle reden, dass man sich auf einer Konferenz wähnt, bei der jeder sein Pfefferkörnchen beitragen will und ständig auch kommentiert, was andere gerade sagen. König verliert freilich bei so vielen Details nie den Hauptstrang aus den Augen, und das gibt der Musik dann auch packende Kraft.

Christoph König geht den ersten Satz der Neunten zupackend an. Kräftige Akzente, eine scharfe Artikulation, zügige Tempi und ein großer Reichtum an fein herausgearbeiteten Details kennzeichnen diese Interpretation. Auch der zweite Satz erklingt leicht und beschwingt, wobei, wie im ersten Satz, das pulsierende, aber nie drängende Musizieren des wie immer exzellent aufspielenden Orchesters beeindruckt.

Das Adagio molto e cantabile ist wunderbar kantabel und im Finale mit Schillers Ode an die Freude werden großartige Steigerungen erzielt. Vokal beeindruckt neben einem ausgewogenen Vokalquartett  vor allem der Choeur de Chambre de Luxembourg mit einem engagierten und wirklich enthusiastischen Gesang.

Und so ist dieser Beethoven-Zyklus aus Luxemburg nicht einfach noch ein Zyklus mehr, sondern schon etwas ganz Spezielles, in dem auch geübte Beethoven-Hörer Freude an Neuentdeckungen haben werden.

Some speakers really know how to catch your attention, others mumble, some know what to emphasise, others rattle off their text or are annoying with over-accentuations. Christoph König is a perfect speaker. He can give each word its meaning, he phrases each sentence beautifully and thus keeps the listener engaged. But what am I saying. Christoph König is not a speaker but a conductor. A rhetoric conductor….
Right from the beginning, the introduction of the First Symphony is truly exciting. You don’t often hear it so beautifully lyrical and homogeneously formed. That is jewellery art. With a lively drive, it continues on to a very charming Andante. The minuet dances – how beautiful! -, and the final movement, after a very almost mischievous Adagio, moves on to the feather-light Allegro. Between the First and the Second we hear delicately and very rhetorically conducted excerpts from Die Geschöpfe des Prometheus. On the other CDs, one will notice that the other overtures and the first movement from the Tenth, which interestingly enough is also included, are played just as accurately.
The Second is a model of inner equilibrium, tonal balance and bonhomie.
In Beethoven’s Third Symphony, too, the Solistes Européens Luxembourg show themselves from their best side and bring out their outstanding technical qualities in a warm and beautifully proportioned sound. An exciting interpretation, finely crafted in classical tradition!
With the Fourth it definitely becomes clear: when it comes to slow introductions, there are certainly not many conductors who make them as meaningful and expressive as Christoph König. Sometimes one also has the impression of being implicated as a listener in König’s questions, as if he were asking us (as a mediator of Beethoven’s thoughts): « What should I do now? Where should I go? » And that gives the music something incredibly immediate and spontaneous.
But the rest of the Fourth is no less fascinating, with a moving lyrical Adagio, the optimally balanced and thus so richly detailed Minuet and a supple Allegro man non troppo.
Even in a work as well known as the Fifth, König continuously catches the listener’s attention, because in a basically very traditional reading, he cares for details that enrich his interpretation.
In the Pastorale, played in a very refined way, the clearly enhanced final movement is particularly pleasing, because it does not simply fade away after the suspenseful thunderstorm.
In the Seventh Symphony the slow movement is the outstanding event. The Eighth as a whole is very rhetorical. String groups, woodwinds, they all talk vividly, and one feels like at a conference where everyone wants to contribute and constantly comments on what others are saying. Of course, König never loses sight of the main thread, and that gives the music its gripping power.
Christoph König’s account of the first movement of the Ninth Symphony is quite energetic. Strong accents, sharp articulation, brisk tempi and many finely worked-out details characterise this interpretation. The second movement also sounds light and lively, whereby, as in the first movement, the pulsating but never pressing music-making of the orchestra, which as always plays excellently, is impressive.
The Adagio molto e cantabile is wonderfully lyrical, and in the finale with Schiller’s Ode to Joy there are magnificent crescendos. On the vocal side, in addition to a well-balanced vocal quartet, the Choeur de Chambre de Luxembourg impresses with its committed and truly enthusiastic singing.
And so this Beethoven cycle from Luxembourg is not just one more cycle, but something very special, in which even experienced Beethoven listeners will enjoy new discoveries.

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