Leonardo Vinci: Didone Abbandonata; Roberta Mameli (Didone), Carlo Allemano (Enea), Raffaele Pé (Iarba), Gabriella Costa (Selene); Marta Pluda (Araspe), Giada Frasconi (Osmida), Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino, Carlo Ipata (Dirigent), Deda Cristina Colonna (Regie); 2 DVDs Dynamic 37788; Aufnahme 01/2017, Veröffentlichung 09/2017 (166) – Rezension von Uwe Krusch

Der wohl am häufigsten vertonte Stoff der Operngeschichte über die verlassene Dido ist der Aeneis von Vergil entnommen, allerdings für die Oper leicht verändert. Es war die erste Zusammenarbeit des Textdichters Metastasio mit dem Komponisten Leonardo Vinci. Sie begründete eine intensive Phase der Kooperation, die durch den frühen Tod des Komponisten rasch beendet wurde. Dennoch war sie prägend für den Opernstil der Zeit.

Der trojanische Held Aeneas (in der Oper Enea) und die karthagische Königin Dido(ne) sind ineinander verliebt. Aber um seiner göttlichen Bestimmung folgend Rom zu gründen, verlässt Aeneas sie. Dido stürzt sich in ihrer Verzweiflung in das Feuer ihrer brennenden Stadt. Das sind Anfang und Ende der Oper. Dazwischen ereignen sich noch allerlei Intrigen und Entwicklungen. Didos Schwester Selene, übrigens auch in Aeneas verliebt, und ihr Vertrauter Osmida, Jarba, ein am Hofe weilender König, der anfangs als sein Botschafter Arbace auftritt und auch um Dido wirbt sowie sein Vertrauter Araspe, sind die Figuren in diesem Stück, das mit Mordversuchen, Gnadenerlassen und anderen Wirrungen nicht einfach zu verfolgen ist. Dazu kommt erschwerend hinzu, dass, der damaligen Vorgabe in Rom entsprechend, Kastraten, heute Countertenöre, Frauenrollen haben und in dieser Inszenierung wiederum auch Frauen Männerrollen besetzen.

Kompositorisch betrachtet ist das Werk, eine der frühesten Fassungen dieses einige Dutzend Male verarbeiteten Sujets, ein tolles Beispiel für den sowohl glänzenden als auch eleganten Stil des Leonardo Vinci. Damit begründete er eine Richtung, die beispielsweise auch von Johann Adolf Hasse fortgeführt wurde. Prägend sind seine Melodiebildungen, die durch ihre symmetrische und elegant runde Form ein Vorgriff auf die Klassik sind.

Dem Label ist zu danken, dass es diese wohl erste Video-Einspielung der Oper gewagt hat. Leider hat es damit nicht gewonnen. Dem ‘Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino’, das um wenige Musiker mit historischen Instrumenten verstärkt wurde, gelingt technisch unter Leitung von Carlo Ipata, der auch Flötist ist, eine bis auf Konzentrationsschwächen recht ordentliche Leistung. Im Vergleich zu den historischen Spezialensembles geht ihm aber die Brillanz ab, so dass zum Beispiel die stürmischen Passagen eher wie laue Lüftchen daherkommen. Die Tempi sind gemäßigt, so dass man, an herausfordende Hörerfahrungen gewöhnt, etwas vermisst.

Die Sängerriege aus erfahrenen und Nachwuchskräften passt sich diesem Klangbild an. Carlo Allemano als Enea und Giada Frasconi als Osmida überzeugen mit ihrem wenig auffallenden, aber sicheren Gesang. Roberta Mameli gibt der Didone eine gute Struktur im Wechselbad der Gefühle, doch fehlen ihrer sängerischen Darbietung die qualitativen Spitzen, die aufhorchen lassen. Raffaele Pé als Iarba gelingt eine die changierenden Facetten zwischen Liebe und Intrige treffende Darstellung, die leider stimmlich nicht immer sicher durchgehalten wird. Für Gabriella Costa, Selene, und Marta Pluda, Araspe, gilt ebensolches. Auch ihnen gelingen berührende oder artistische Passagen, dann aber werden auch wieder unüberhörbare Intonationsschwächen serviert.

Man muss zugeben, dass die Oper für die Protagonisten, insbesondere die der Didone, etliche Herausforderungen bereithält. Aber wenn schon nicht eine grandiose Leistung, so wäre doch zumindest eine solide schön gewesen. Bleibt das positive Moment, nunmehr überhaupt eine Einspielung dieses tollen Werks zu haben.

The theme of the abandoned Didone has often been used for the opera. Vinci’s composition is an early version and offers fascinating music. Alas, the live performance from Firenze does not fulfil our expectations. This is due to a weak ensemble the singers of which have some good moments, but all too often their singing isn’t satisfying.

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