Mieczyslaw Weinberg: Streichquartette Vol.1 (Quartette Nr. 2 G-Dur op. 3 / 145; Nr. 5 B-Dur op. 27; Nr. 8 C-Dur op. 66; Arcadia Quartet (Ana Török, Rasvan Dumitru, Violine, Traian Boala, Bratsche, Zsolt Török Cello); 1 CD Chandos CHAN 20158; Aufnahme 03/2020, Veröffentlichung 01/2021 (68'24) – Rezension von Uwe Krusch

Das Arcadia Quartet aus Rumänien hat sich sozusagen in seiner Pubertät, 14 Jahre nach seiner Gründung, zumindest menschlich eine Zeit der Aufsässigkeit, einer sehr erwachsenen Aufgabe gestellt und mit der Einspielung aller Streichquartette von Mieczyslaw Weinberg begonnen. Die Träger etlicher Preise wie des Quartettwettbewerbs der Wigmore Hall haben dazu drei Kompositionen aus verschiedenen Phasen ausgewählt.

Das Zweite Quartett, zunächst noch in Studienzeiten in Minsk geschrieben, wird hier in der beinahe fünf Jahrzehnte jüngeren Überarbeitungsfassung vorgestellt. Das Fünfte Quartett stammt aus den frühen Jahren in Moskau und darf zu Weinbergs besonders gelungenen Arbeiten gerechnet werden. In diesem Werk wird auch seine Nähe zu Shostakovich deutlich, etwa in der von diesem übernommenen Betitelung der Sätze oder der von diesem übernommenen sparsamen Textur, etwa der Melodie am Beginn oder des spätes Einsatzes der zweiten Geige in der Serenade. Das nach der stalinistischen Judenverfolgung geschriebene Achte Quartett ist dem Borodin Quartett gewidmet und mit einem dreigeteilten Satz und kurzer Dauer und auch musikalisch introvertiert.

Dass die vier Musiker des Arcadia Quartet durchaus das Handwerkszeug haben, um diese Werke adäquat zu präsentieren, ist nicht zu leugnen. Sie stürzen sich nicht hormongetrieben auf die Werke, sondern sie durchdringen diese geistig und stellen die Gestalt der Werke wohldosiert dar. Doch sie versäumen es auch nicht, sich emotional einzubringen und diese gefühlsgerichteten Schichten der Musik mitzuliefern. Wenn man kurzfristig im Scherzo des Fünften Quartetts meint, dass die Grenzen der Darstellbarkeit ausgetestet werden, so ergibt das vergleichende Hören mit der Einspielung vom Quatuor Danel hier ebenfalls eine aufgeraute Darstellung. Insgesamt aber bietet diese Aufnahme zum Start der Gesamtreihe eine mehr als gelungene Auseinandersetzung mit den Werken dieses Komponisten. Das Spiel der vier Streicher gibt die stilistisch sachliche Musik, deren an Stimmungen vielschichtiges Innenleben durch die Interpretation dargestellt wird, mit gutem Gespür gerecht.

Der immer mehr ins Interesse der Öffentlichkeit rückende Weinberg wird mit diesem Ensemble in einer weiteren hörenswerten Sicht dargestellt, der die aufnahmetechnische Umsetzung an Qualität nicht nachsteht.

The Arcadia Quartet from Romania, in its puberty, so to speak, 14 years after its founding – a time of rebelliousness, at least in human terms – has taken on the very adult task of recording all of Weinberg’s string quartets. They have chosen three compositions from different phases.
The Second Quartet, initially written in Minsk during student days, is presented here in the revised version. The Fifth Quartet dates from his early years in Moscow and can be counted among Weinberg’s particularly successful works. In this composition, his closeness to Shostakovich becomes also clear, for example in the titles of the movements adopted or the sparse texture. The Eighth Quartet, written after the Stalinist persecution of the Jews, is dedicated to the Borodin Quartet and, with a movement in three parts and short duration, is musically introverted.
That the four musicians certainly have the tools to present these works adequately is undeniable. They do not rush through the works, but they penetrate them intellectually and present the form of the works in a well-dosed manner. But they also don’t fail to get emotionally involved either. If one thinks for a short time in the Scherzo of the Fifth Quartet that the limits are being tested, a comparative listening to the recording by the Quatuor Danel also yields a more roughened presentation. All in all, however, this recording at the start of the complete series offers a more than successful performance of the works of this composer. The quality of the recorded sound is not inferior.

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