Rodion Shchedrin: The Left-Hander; Andrei Popov, Eduard Tsanga, Vladimir Moroz, Kristina Alieva, Maria Maksakova, Mikhail Latyshev, Mariinsky Chorus, Mariinsky Orchestra, Valery Gergiev 2 SACDs Mariinsky MAR0554; Live 7/13 (120') – Rezension von Remy Franck

Brillant, verspielt, originell: die Oper ‘The Left-Hander’ (Der Linkshänder) von Rodion Shchedrin benutzt als Vorlage die ‘Geschichte vom einäugigen Linkshänder und vom stählernen Floh’ (1881) von Nikolai Leskov, der auch Shostakovich die Vorlage für seine ‘Lady von Mzensk’ geliefert hat.

Die Handlung: Zur Alexander I. erhält als Geschenk der britischen Krone einen aus Stahl geschmiedeten, winzigen Floh, der nur unter dem Mikroskop gut sichtbar ist und der, wenn er aufgezogen wird, das englische Alphabet rezitiert und auch einen englischen Tanz aufführt. Das ärgert Nikolaus I., der den Floh erbt, und er befiehlt, etwas noch Ausgefalleneres zu erfinden. Der Meister der Waffenschmiede aus Tula beschlägt den winzigen Floh mit Hufeisen, auf denen angeblich der Name des Meisters eingraviert ist. Er sagt das russische Alphabet auf und tanzt einen russischen Tanz. Nikolaus I. schickt den Meister mit dem Floh nach England, um zu beweisen, dass seine Waffenschmiede besser ist als die englischen, und tatsächlich sind die Engländer höchst erstaunt. Der russische Meister aber kehrt zurück in seine Heimat, gerät in Vergessenheit und stirbt traurig und allein.

Moral von der Geschichte: Ein tüchtiger Russe kann seine Fähigkeiten nicht entwickeln und stirbt allein, ein englischer Meister dagegen wird hoch geehrt und entsprechend behandelt. Zudem klagt Leskov die Rechtslosigkeit und die Unterdrückung des einfachen Menschen im absolutistischen Russland an.
« Vieles spricht dafür, aus dieser Geschichte eine Oper zu machen », meint Rodion Shchedrin. « Die Handlung selbst ist grotesk und überspitzt. Es gibt darin kontrastierende, markante und ausdrucksreiche Figuren – die Zaren Alexander I. und Nikolai I., es gibt den Winterpalast und den englischen Hof, eine Possenkomödie und eine Tragödie, Lachen und Weinen. Und wenn man ein bisschen genauer hinschaut, dann wird die künstlerische Gegenüberstellung von zwei Daseinsformen, der rationalen britischen und der irrationalen russischen, erkennbar. Dann wäre da noch der Protagonist, ein schielender, ungebildeter Handwerker aus Tula ‘mit goldenen Händen’. In ihm konzentrieren sich, so scheint mir, die wichtigsten und typischsten Eigenschaften des russischen Nationalcharakters: ein einzigartiges Talent, eine schnelle Auffassungsgabe, Selbstironie, Gleichgültigkeit dem Leben gegenüber und eine fatale Leidenschaft für Alkohol. Und schließlich das ewige russische Thema – die Obrigkeit und das einfache Volk. »

Shchedrin schrieb diese Oper zur Eröffnung der neuen Bühne des Mariinsky Theaters in St. Petersburg. Uraufgeführt wurde sie im Juli 2013.

Die Musik ist einfallsreich, verspielt, einerseits lyrisch, andererseits perkussiv durch die Verwendung von viel Schlagzeug. Das Verspielte wird durch reichhaltig einfließende Zitate von anderen Komponisten unterstrichen. Die hier festgehaltene Aufführung aus dem Mariinsky Theater ist brillant, was das Orchester anbelangt, aber unter den Stimmen missfallen einige wegen zu viel Vibrato und eher steifem Gesang. Die Tonaufnahme ist hervorragend.

Shchedrin’s new opera The Left-Hander is imaginative, playful and a fine portrayal of the British and the Russians. The orchestral playing is superb, however some of the singers sound strained and use too much vibrato. The sound recording is excellent.

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