Karl Amadeus Hartmann: Simplicius Simplicissimus (Drei Szenen aus seiner Jugend); Juliane Banse, Peter Marsch, Will Hartmann, Ashley Holland, Harry Peeters, Netherlands Radio Philharmonic Orchestra & Netherlands Radio Choir, Markus Stenz; 2 SACDs Challenge Classics CC72637; Live 11/13 (85') – Rezension von Remy Franck

Ein ‘Wolf’ spielt eine wichtige Rolle in Karl Amadeus Hartmanns Oper ‘Simplicius Simplicissimus’. Er symbolisiert niemand anderen als Adolf Hitler, denn Hartmann, der dieses Werk auf Anregung von Hermann Scherchen schrieb, hat Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausens Stoff aus dem Dreißigjährigen Krieg auf seine Zeit übertragen. Ein Jahr zuvor hatten die Nazis die Macht ergriffen. Der 29-jährige Hartmann sah die Katastrophe eines neuen Krieges voraus. Die Oper « Simplicius Simplicissimus’ ist daher ein Zeugnis des Widerstandes von Karl Amadeus Hartmann gegen das Hitler-Regime, das seine Werke mit einem Aufführungsverbot belegte und den Komponisten zur inneren Emigration führte.

‘Simplicius Simplicissimus’ ist nicht als Handlungs-Oper angelegt, sondern als eine Art musikalisches Kaleidoskop in drei Akten. Dafür hat Hartmann drei Szenen aus Grimmelshausens Roman ausgewählt, die den Weg des jungen Simplicius nachvollziehen: Vom Bauernhof, auf dem der Knabe aufwächst und der von plündernden Soldaten zerstört wird, über die Welt des Einsiedel, der den Jungen die ‘Tugenden von den Lastern zu unterscheiden’ lehrt, in die Gesellschaft des Gouverneurs, in die ihn Landsknechte verschleppen. Seiner scheinbaren Einfalt wegen zum Hofnarren ernannt, entwirft Simplicius in der Allegorie des Gesellschaftsbaumes ein Bild der Unterdrückungsordnung.

Doch Hartmann hat sich nicht nur im Opernstoff gegen das Hitler-Regime gestellt, sondern auch in seiner Musik. Die Anklänge an die Musik Stravinskys, Prokofievs und Alban Bergs sowie die Verwendung des jüdischen Trauergesangs ‘Elijahu ha-navi’ ist ebenfalls Widerstand.

Der ‘Simplicius’ wurde schon mehrmals aufgenommen, und dies ist die erste Surround-Aufnahme.
Markus Stenz gelingt es, die Musik spannungsvoll zu gestalten und das Bedrohliche der Komposition zu schärfen. Juliane Banse ist sicherlich ein guter Simplicius, und auch die übrigen Rollen sind gut besetzt (wenn auch nicht so herausragend wie in der Schirmer-Aufnahme bei BR-Klassik). Das große Manko aber ist generell und bis hin zum Sprecher, ein Mangel an Textverständlichkeit. Gerade bei diesem Werk aber hätte dafür Sorge getragen werden müssen. Die Schuld liegt dabei weniger bei den Künstlern als beim Toningenieur, der die Stimmen unbedingt hätte kontrastreicher herausstellen müssen.

Though being the first surround production of Hartmann’s ‘Simplicius Simplicissimus’, this live recording from Amsterdam is disappointing because the sound engineer did not take good care of the voices. Too often one can not understands the text, which is a major shortcoming here.

 

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