
Der Franzose Kévin Amiel stellt sich mit diesem Programm einer überwältigenden Konkurrenz, und an dieser muss man ihn daher auch messen. Und, bei allen Einschränkungen, die ich machen muss, bleibt die Bilanz positiv.
Amiel hat eine leichte Tenorstimme, die bei hellen Vokalen etwas eng und scharf klingt: ihr fehlt der italienische Schmelz. Seine I-laute sind nicht besonders angenehm zu hören. Sie stechen aus der Vokallinie wie kleine Dornen hervor. Aber er hat eine ausgezeichnete Vokalführung, eine tadellose Artikulation eine gute, offene Projektion und mühelos erreichte Höhen. Er gibt sich hörbar Mühe, schön zu singen. Das wiederum geht auf Kosten der Darstellung. Sein Duca in Ella mi fu rapita ist eher pathetisch als leidenschaftlich.
Edgardos Arie Tombe degli avi miei… Fra poco a me ricovero aus Lucia de Lammermoor hingegen mag ich schon eher. Auch Macduffs O figli miei!… Ah, la paterna mano ist übzeugend.
In der Rigoletto-Arie La donna è mobile hält sich der Franzose wacker, wenn auch nicht ohne leichtes Ausfransen. Sein Rinuccio in Gianni Schicchi ist stimmlich wie auch in der Charakterisierung hervorragend. Auch sein Marcello aus Donizettis Il duca d’Alba kann sich durchaus hören lassen.
In Que gelida manina ist er dann wiederum so sehr mit der Gesangstechnik beschäftigt, dass ihm die Situation, in der sich Rodolfo in dem Moment befindet, völlig entgleitet.
Völlig Herr der Lage ist er hingegen im französischen Repertoire, für das sich seine Stimme auch perfekt eignet, viel besser als für Una furtiva lagrima, das dennoch einigermaßen gut klingt. Rossinis La danza ist wiederum sehr gut gelungen: offensichtlich hat der Sänger ein besonders Gespür für die Komik. Das Lied Core ‘ingrato ist exzellent.
Das Rossini-Orchester macht das ganze Programm über Dienst nach Vorschrift. Das muss für den Sänger bei den Aufnahmen nicht unbedingt von Vorteil gewesen sein. Umso nachdrücklicher muss ich auf die positive Bilanz hinweisen. Hier haben wir einen Tenor mit einer zweifellos guten Stimme, der nicht als neuer Pavarotti verheizt wird, wie andere (ich denke u.a. an Tetelman), die sich technisch mit ihm nicht einmal entfernt messen können, aber mit dem Schildchen ….Tenor (Sie wissen was ich meine, aber ich habe es mir ja verboten, das zu oft missbrauchte Wort zu gebrauchen) von Engagement zu Engagement laufen.
Frenchman Kévin Amiel is up against overwhelming competition with this program, so he has to be measured accordingly. And despite all the reservations I have to make, the result remains positive.
Amiel has a light tenor voice that sounds a bit narrow and sharp on bright vowels: it lacks the Italian mellifluousness. His I-voices are not particularly pleasant to listen to. They stick out of the vocal line like little thorns. But he has excellent vocal control, impeccable articulation, good, open projection and effortlessly reached high notes. He makes an audible effort to sing beautifully. This, in turn, comes at the expense of the performance. His Duca in Ella mi fu rapita is more pathetic than passionate.
Edgardo’s aria Tombe degli avi miei… Fra poco a me ricovero from Lucia de Lammermoor is more to my taste. Macduff’s O figli miei!… Ah, la paterna mano is also convincing.
In the Rigoletto aria La donna è mobile, the Frenchman does well, though not without a little fraying. His Rinuccio in Gianni Schicchi is excellent both vocally and in characterization. His Marcello in Donizetti’s Il duca d’Alba is also worth listening to.
In Que gelida manina, he is again so preoccupied with vocal technique that he completely misses the situation in which Rodolfo finds himself.
On the other hand, in the French repertoire, for which his voice is also perfectly suited, he has the situation completely under control, much better than in Una furtiva lagrima, which nevertheless sounds quite good. Rossini’s La danza is again very well done: the singer obviously has a special flair for comedy. The song Core ‘ingrato is excellent.
The Rossini orchestra plays routinely throughout the program. This must not necessarily have been to the singer’s advantage during the recordings. All the more reason for me to emphasize the positive results. Here we have a tenor with an undoubtedly good voice who is not being announced as the new Pavarotti, like others (I’m thinking of Tetelman, among others) who can’t even remotely compete with him technically, but who run from engagement to engagement with the tag ….tenor (you know what I mean, but I’ve forbidden myself to use the over-abused word).