Der luxemburgische Trompeter Max Asselborn ist seit kurzem Mitglied des Schwedischen Radio-Symphonieorchesters, das am 1. Dezember 2021 in der Luxemburger Philharmonie gastiert. Unser Mitarbeiter Alain Steffen hat sich mit dem jungen Musiker unterhalten.

Max Asselborn

Max Asselborn, Sie sind nun fest als Trompeter beim Schwedischen Radio-Symphonieorchester in Stockholm angestellt. Dies nach einer mehrmonatigen Probezeit. Wie sieht denn so ein Probejahr aus und worauf wird man bewertet?
Die Bewertungskriterien sind vielschichtig. Und  unterschiedlich pro Instrument. Es gibt objektive und subjektive Faktoren, die bei der Bewertung ausschlaggebend sind, aber genau kann man das nicht trennen. Der Kandidat muss passen, sowohl klanglich, wie auch musikalisch. Aber neben den musikalischen Fähigkeiten spielen die sozialen Fähigkeiten eine entscheidende Rolle. Ein Orchester ist ein soziales Gebilde, da gibt es viele unterschiedliche Charaktere und eine ganz besondere Dynamik. Und die ist wiederum bei jedem Orchester verschieden. Ich bin ja als Tutti-Trompter verpflichtet, das heißt, ich spiele zweite und dritte Stimme. Und das verlangt Anpassungsfähigkeit. Meine Aufgabe ist es, den 1. Trompeter so gut wie möglich zu unterstützen, das heißt, ihm das nötige Fundament zu bieten, damit er seinen Klang entwickeln kann. Und das ist natürlich bei jedem Werk anders.

Ich nehme an, dass Sie als Trompeter in einem solchen Orchester auf verschiedenen Instrumenten gleichgut spielen müssen?
Ja, als Trompeter muss man mit fast allen Trompetenarten vertraut sein und darauf spielen können. Jedes Instrument hat seinen besonderen Klang. Für den Barock- und Klassikbereich, also für Bach, Haydn, Mozart, Beethoven, wird generell die Naturtrompete verwendet. Für Mahler oder Strauss spiele ich auf der Drehventiltrompete, der sogenannten Deutschen Trompete. Die Pumpventiltrompete ist eigentlich die normale Trompete, auf der auch Louis Armstrong gespielt hat. Sie kommt insbesondere im französischen Repertoire, bei Stravinsky und Sibelius zum Einsatz. Dann gibt es noch das Kornett, die ‘sanfte’ Trompete. Sie findet man beispielsweise oft bei Berlioz und Tchaikovsky. Jede Trompetenart hat ihre Eigenarten und die einzelnen Instrumente müssen auch mit unterschiedlichem Druck und gespielt werden, da der Widerstand ein anderer ist. Das verlangt dann schon eine enorme Anpassungsfähigkeit beim Spiel, denn wenn Sie einige Mahler-Konzerte auf der Drehventiltrompete gespielt haben und dann plötzlich eine Beethoven-Symphonie spielen, müssen Sie mit einem ganz anderen Druck intonieren.

Max Asselborn

Welche Etappen mussten Sie denn vorher durchlaufen, bis Sie den Posten zum Probejahr bekamen?
Eigentlich beginnt es mit dem Bewerbungsschreiben. Auf den Internetforen werden die jeweiligen Orchesterstellen ausgeschrieben und man schickt seinen Lebenslauf ein. Wenn man Glück hat, wird man zu einem Probespiel eingeladen. Beim 1. Probespiel, das war im Mai 2019, beispielsweise gab es rund 60 Kandidaten. . Das verlief beim SRSO über 2 Tage mit 4 Runden.. Anschließend kam ich mit 20 Mitbewerbern in die 2. Runde, dann mit 5 in die 3. Runde und schließlich mit 3 in die Finalrunde. Jeder der drei Finalisten musste dann zweimal drei Probewochen beim Orchester absolvieren. Wegen Corona musste ich allerdings etwas weniger spielen und hatte dann das wirklich große Glück, ein Probejahr antreten zu dürfen. Das begann im August 2020 und im Mai 2021 bekam ich eine Festanstellung. Für mich war das ein Sechser im Lotto. Also hat der gesamte Prozess von der Bewerbung bis zur Anstellung rund 2 Jahre gedauert.

Ich kann mir gut vorstellen, dass da sehr viel Druck und sehr viele Ängste mit im Spiel sind. Wie gingen oder gehen Sie damit um?
Druck und Ängste sind omnipräsent. Perfektionismus, also ein perfektes Spiel abzuliefern, sind Segen und Fluch zugleich. Man will immer besser spielen und ist eigentlich nie zufrieden. Gerade die Trompete ist ein heikles Instrument, weil man jeden Kiekser, jede falsche  Note sofort hört, und das sehr deutlich. Meine Angst, zu versagen und den Ton nicht zu treffen, war natürlich immer da. Ich ging deshalb wie viele andere Musiker auch, in eine Psychotherapie und ein Mental Coaching. Wichtig war und ist es, alte, hinderliche Gedankenmuster zu ändern und insgesamt entspannter zu werden. Und zwar ohne Betablocker. Jetzt habe ich das große Glück, in einem wirklichen tollen Orchester und einer wunderbaren Gruppe zu spielen, wo jeder sehr entgegenkommend ist. ‘Lass uns Spaß haben’, das wird mir hier in jedem Moment von meinen Kollegen vermittelt.

Gab oder gibt es eigentlich Schwierigkeiten, sich als Newcomer in einem solch renommierten Orchester  zurechtzufinden?
Ich denke, wenn alles passt – und bei passte glücklicherweise alles – ist es ein reines Vergnügen. Schwierig wird es dann, wenn man sich nicht wohlfühlt, fest engagiert ist und sich bei einem anderen Orchester bewerben will. Denn die Probespiele gelten für jeden, egal ob er von der Musikhochschule kommt, oder aus einem professionellen Orchester. Und für einen professionellen Musiker sind Probespiele oft schwieriger durchzuziehen als für einen Studenten.

War das SRSO ein Wunschensemble für Sie? Oder wie und nach welchen Kriterien sucht man sich als Musiker ein Orchester aus, bei dem man vorspielen will. Es gibt ja auch hier Qualitätsunterschiede.
Da ich ja in Berlin studiert habe, habe ich Daniel Harding dort oft bei den Berliner Philharmonikern erlebt. Seine Art und Weise, zu dirigieren und die Musik zu interpretieren, hat mich immer sehr angesprochen. Und ich wusste, dass er seit vielen Jahren Chefdirigent beim SRSO ist und dort eine hervorragende Arbeit leistet. Zudem hatte ich bereits mehrmals in den skandinavischen Ländern vorgespielt, an der Osloer Oper beispielsweise oder in Aalborg, ohne aber angenommen zu werden, und ich habe gemerkt, dass die Mentalität der nordischen Länder mir sehr liegt. Beim SRSO nun vorspielen zu dürfen, wo dann auch einer meiner Lieblingsdirigenten als Chef arbeitet, war für mich eine einmalige Gelegenheit. Und es war die richtige Entscheidung. Heute bin ich sehr glücklich in Stockholm, einer wunderbaren Stadt.

Daniel Harding ist ja kein Mainstream-Künstler ist. Wie erleben Sie ihn und was macht diesen Dirigenten aus?
Daniel Harding ist einer der weltbesten Dirigenten und er ist ein Künstler, der einem Respekt einflößt. Er ist ein Geschenk für dieses Orchester und ich persönlich bin sehr glücklich, dass er seinen Vertrag bei uns weiter verlängert hat. Das SRSO und Harding funktionieren wie ein gutgeöltes Uhrwerk. Jeder weiß, was der andere will und wie er es will. Es besteht zudem eine gesunde Atmosphäre und eine große Offenheit. Harding weiß ganz genau, was das Orchester kann und er vertraut seinen Musikern. Er gibt die richtigen Impulse und trägt die Musiker quasi durch das Programm. Vieles bleibt dabei offen und entsteht erst im Moment, mit dem Resultat, dass Daniel Hardings Interpretationen immer sehr frisch sind, auch wenn wir auf einer Tournee mehrmals die gleichen Werke spielen. Mit ihm klingen sie an jedem Abend anders.

Auf was darf sich das Publikum am 1. Dezember besonders freuen?
In Luxemburg spielen wir ein reines Gustav Mahler-Programm. Der Abend beginnt mit Auszügen aus dem Liederzyklus Des Knaben Wunderhorn. Es singt der großartige Bariton Christian Gerhaher, auf den man sich wirklich freuen kann.  Es folgt der Blumine-Satz aus der 1. Symphonie. Und als Hauptwerk spielen wir die 4. Symphonie mit der jungen schwedischen Sopranistin Johanna Wallroth, die garantiert für viele eine regelrechte Entdeckung sein wird. Insgesamt wird es ein kammermusikalischer Konzertabend in symphonischem Setting werden.

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