Hans Werner Henze: The Bassarids; Sean Panikkar (Dionysus), Russell Braun (Pentheus), Willard White (Cadmus), Nikolai Schukoff (Tiresias/ Calliope), Tanja Ariane Baumgartner (Agave/Venus), Károly Szemerédy (Captain/Adonis), Vera-Lotte Böcker (Autonoe/Proserpine), Anna Maria Dur (Beroe), Rosalba Guerrero Torres (Bassarid - Tänzer), Wiener Philharmoniker; Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor, Kent Nagano; Inszenierung Krzysztof  Warlikowski; 1 Blu-ray Arthaus Musik 109413; Liveaufnahme 08/2018, Veröffentlichung 10/2019 (165') - Rezension von Norbert Tischer

Der junge Pentheus regiert in Theben. Doch ein Fremder unterwandert die Macht des Königs, indem er zu Ehren des Gottes Dionysos das Volk zur absoluten Hingabe an Vergnügen und Lust verführt. Viele folgen dem Fremden, darunter sogar Agaue, die Mutter von Pentheus. Vergeblich versucht der König, die Macht der Triebe mit Vernunft und Rationalität zu konterkarieren. Ohne Erfolg! Dann mischt er sich, als Frau verkleidet, unter die Menge. In einer hemmungslosen Orgie wird er von der eigenen Mutter getötet, die ihn für ein wildes Tier hält. Erst am nächsten Morgen begreift sie, dass sie den Kopf ihres Sohnes in den Armen hält. Der Fremde aber gibt sich allen als Gott Dionysos zu erkennen und fordert bedingungslose Anbetung.

Hans Werner Henze schrieb seine vierteilige Oper The Bassarids 1666 auf ein englisches Libretto von W. H. Auden and Chester Kallman, nach The Bacchae von Euripides. Krzysztof Warlikowski inszenierte die Oper 2018 in der Felsenreitschule in Salzburg. Diese breite Bühne benutzt der Regisseur, um auf einer viergeteilten Bühne quasi ständig mehrere Handlungen gleichzeitig ablaufen zu lassen. Während der Zuschauer in Salzburg sein Auge nach eigenem Empfinden hin und her schweifen lassen konnte. Ist der Zuschauer am Bildschirm auf die Wahl des Videoregisseurs angewiesen.

Die Inszenierung scheint sich in den Vierzigerjahren anzusiedeln und erlaubt Bezüge zum Faschismus, aber auch zu einer Gesellschaft, in der viele Menschen allein leben und andere in Gruppen. Das ergibt ein Bühnengeschehen, das nicht immer ganz verständlich ist, zumal wir ja auf die Ausschnittauswahl des Videoregisseurs angewiesen sind und nicht alles sehen, was passiert. Dennoch hinterlässt Warlikowskis Inszenierung einen tiefen Eindruck.

Kent Nagano dirigiert die Wiener Philharmoniker und den Wiener Staatsopern-Chor, und sie bringen Henzes Partitur auf hohem Niveau spannungsvoll zu Gehör. Das ist auch gut so, denn die Musik hat hier mit einer überaus starken visuellen Komponente zu kämpfen, und unterliegt in diesem Kampf nicht. Zur musikalischen Exzellenz trägt auch ein hervorragendes Solisten-Ensemble bei. Der stimmgewaltige Russel Braun ist ein großartiger Pentheus, der Tenor Sean Panikkar ein nicht weniger beeindruckender Dionysus. Willard White überzeugt als alter König Cadmos und Nikolai Schukoff als Teresias. Tanja Ariane Baumgarten singt die Agave bzw. Venus mit kräftiger und sicherer Stimme. Die übrigen Rollen sind sehr zufriedenstellend besetzt, so dass man am Ende von einer höchst reüssierten Aufführung sprechen kann.

Young Pentheus reigns in Thebes. But a stranger subverts the king’s power by seducing the people to absolute devotion to pleasure and lust in honour of the god Dionysus. Many follow the stranger, including Agaue, the mother of Pentheus. The king tries in vain to counteract the power of instincts with reason and rationality. Without success! Then, disguised as a woman, he mixes with the crowd. In an unrestrained orgy he is killed by his own mother, who thinks he is a wild animal. The next morning, she realises that she is holding her son’s head in her arms. But the stranger reveals himself to everyone as God Dionysus and demands unconditional worship.
Hans Werner Henze wrote his four-part opera The Bassarids in 1666 on an English libretto by W. H. Auden and Chester Kallman, based on The Bacchae by Euripides.
Krzysztof Warlikowski directed the opera in 2018 at the Felsenreitschule in Salzburg. The director divided the wide stage into four separate spaces, to let several actions take place at the same time. While the audience in Salzburg could let their eyes wander back and forth according to their own feelings, the viewer of the video production is dependent on the choice of the video director.
The production seems to settle in the forties and allows references to fascism, but also to a society in which many people live alone and others in groups. This results in an action that is not always completely understandable, especially since we depend on the video director’s selection and don’t see everything that happens. Nevertheless Warlikowski’s production leaves a deep impression.
Kent Nagano conducts the Vienna Philharmonic Orchestra and the Vienna State Opera Choir, and they bring Henze’s score to life at a high level. This is a good thing, because the music has to compete with an extremely strong visual component and is not defeated in this struggle. An outstanding ensemble also contributes to the musical excellence, so that at the end one can speak of a highly successful performance.

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