Hans Fährmann: Motetten op. 34, 45, 56; SWR Vokalensemble, Frieder Bernius; 1 CD Carus 83.499; Aufnahme 02/2017 & 03/2018, Veröffentlichung 09/2019 (57‘25) – Rezension von Jan-Geert Wolff

Eigentlich ist es seitens des Labels Carus überflüssig zu erwähnen, dass es sich bei jeder der hier vom SWR Vokalensemble unter der Leitung von Frieder Bernius aufgenommenen Motetten Hans Fährmanns (1860-1940) um Ersteinspielungen handelt. Viel interessanter ist doch, dass diese CD überhaupt erstmalig das Vokalschaffen dieses Komponisten würdigt: Bislang wurde dies nur seinen Orgelwerken zuteil.

Nun ist es keine Schande, sich zu fragen: Hans wer? Fährmann war Musiklehrer, Dozent und Professor in Dresden, seine musikalische Sprache ist die der Spätromantik und zwischen Johannes Brahms und Max Reger, ja vielleicht bis hin zu den Transkriptionen Clytus Gottwalds angesiedelt, dem sich das SWR Vokalensemble ohnehin tief verbunden fühlt (nicht ohne Grund wirbt Carus im Booklet für die entsprechenden Aufnahmen des Chores). Tonalität ist also Trumpf: Entstanden sind die vorgestellten Werke zwischen 1911 und 1914, einer Zeit also, in der ein Arnold Schönberg kompositorisch bewusst neue Wege ging. Flächige Klänge und kühne Modulationen sind das Markenzeichen von Fährmanns Musik. Der Chor überzeugt mit sattem, doch stets transparentem und ausgewogenem Ensembleton.

Die Motette Die mit Tränen sähen (Opus 56) eröffnet die Werkschau, eine Sammlung von Sprüchen und Psalmen (Opus 45 und 34) folgen. Der bislang Unbekannte wird in ganzer Breite präsentiert. Große Bögen und dynamische Ausrufezeichen markieren den Charakter dieser Aufnahme, die Fährmann fraglos ein würdiges Denkmal setzt – der Impetus dieser Aufnahme ist aller Ehren wert. Doch vielleicht wäre eine Annäherung an diese vergessene Musik noch besser gelungen, wenn man sie, etwas zaghafter, in Verbindung mit Zeitgenossen und damit dosierter angegangen wäre. Man darf gespannt sein, ob die Wiederentdeckung Inspiration oder eher singuläres Ereignis bleibt.

Each of the motets by Hans Fährmann (1860-1940) recorded on this disc by the SWR Vokalensemble under the direction of Frieder Bernius are world premiere recordings. Yet, much more interesting is the fact that this CD is the first to pay tribute to the composer’s vocal works: so far, this has only been done for his organ works.
Now it is no shame to ask oneself: Hans who? Fährmann was a music teacher, lecturer and professor in Dresden, his musical language is that of late Romanticism and settled between Johannes Brahms and Max Reger, perhaps even up to the transcriptions of Clytus Gottwald, to whom the SWR vocal ensemble feels deeply attached anyway. Tonality is therefore a main characteristic. The works presented were composed between 1911 and 1914, a time in which Arnold Schönberg consciously took new compositional paths. Flat sounds and bold modulations are the hallmarks of Fährmann’s music. The choir convinces with a rich, yet always transparent and balanced ensemble tone.
The motet Die mit Tränen sähen (Opus 56) opens the program, followed by Opus 45 and 34. Though, the hitherto unknown composer is presented in its entirety. Large arcs and dynamics mark the character of this recording, which undoubtedly sets a worthy monument for Fährmann. But perhaps an approach to this forgotten music would have been even more successful if it had been approached more timidly in conjunction with contemporaries and thus in a more dosed manner. One can be curious whether the rediscovery will become an inspiration or remain a rather singular event.

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