Alban Berg: Violinkonzert; Johannes Brahms: Violinkonzert; Christian Tetzlaff, Violine, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Robin Ticciati; 1 CD Ondine ODE 1410-2; Aufnahme 11.2021, Veröffentlichung 02.09.2022 (62‘38) – Rezension von Uwe Krusch

Christian Tetzlaff, der vorherige Aufnahmen in Helsinki mit dem Philharmonischen Orchester eingespielt hatte, agiert nun zum zweiten Mal zusammen mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, das von Robin Ticciati geleitet wird. Nach Beethoven und Sibelius hat er sich mit diesen nun Berg und Brahms vorgenommen. Wie auch nicht anders zu erwarten, bietet der Solist wieder technisch überlegene Deutungen an.Die instrumentale Beherrschung ist jedoch nur die Voraussetzung, um sein musikalisch verfeinertes Konzept darlegen zu können. Und das tut er dann auch mit exakt und sensibel ausformuliertem Spiel, das trotzdem immer natürlich und wie gesungen zu hören ist. Im Unterschied zu anderen Solisten spielt Tetzlaff jeden Abend ein anderes Konzert im laufenden Betrieb und hält seine Übungszeiten nach eigenen Angaben auch mit einer Stunde täglich im engen Rahmen. Die beiden Werke gehören zu den für ihn jederzeit abrufbaren Stücken. Und dennoch spürt man nicht ein einziges Mal Routine oder Gleichgültigkeit. Jeden Ton formuliert er genau und aufmerksam.

Dass Ticciati wohl zu seinen bevorzugten Partnern gehört, darf man annehmen, wenn es jetzt eine erneute Zusammenarbeit für die Aufnahme gab. Bei Brahms ergibt dieses Miteinander mit gut 34 Minuten eine der kürzesten mir bekannten Einspielungen. Während viele Aufnahmen etwa drei vier Minuten länger sind, gibt es auch welche, die die 40 überschreiten. Nun ist die Dauer allein kein Kriterium, hängt sie doch auch von den gewählten Kadenzen oder, etwa vor allem in der Barockmusik und Wiener Klassik davon ab, ob und welche Wiederholungen gespielt werden. Während die ersten beiden Sätze diese kürzere Spielzeit nicht durch extravagante Tempi erkennen lassen, wirkt der dritte Satz im Orchester mitunter zackig. Dieser Satz, mit ‚Alegro giocoso, ma non troppo vivace´ als Tempobezeichnung wird so aus dem oft zu hörenden ein wenig pomadig und breit angelegten Hörbild entrissen. Wenn man die Betonung auf das giocoso legt, ist das durchaus gerechtfertigt und liefert einen frischen Eindruck. Andererseits hat Brahms auch die Warnung vor dem Vivace vorgegeben. Und da bietet sich auch ein Querblick etwa auf den Schlusssatz des fünften Konzerts von Mozart an, ebenfalls ein Rondo, das auch nicht wirklich zu schnell geraten darf, weil es nicht so gedacht war. Und so gesehen erscheinen mir einige Ecken dann doch ein wenig zu hurtig. So bleibt nach dem Brahms der Eindruck, dass hier ein fruchtbares Zusammenwirken stattgefunden hat, das reife, aber sozusagen keine japanischen Früchte trägt, also solche, die handgestreichelt höchsten Genuss bieten. Auch im langsamen Satz ist das hier besonders hervorzuhebende Spiel der Holzbläser gern von jedem Tadel, aber vielleicht auch nicht umwerfend schön.

Bei dem anderen Werk, das den Titel `Dem Andenken eins Engels´ trägt, verhält es sich da schon anders. Schon der Einstieg gelingt viel dezenter und innerlicher als bei vielen anderen, was dem Hintergrund bei der Entstehung des Stückes Rechnung tragen mag. Bei Berg ist der Kontakt der drei Beteiligten, Solist, Orchester und Dirigent, so dicht und aufeinander bezogen, dass keine Zweifel an der gemeinsamen Idee aufkommen. Hier wird mit inniger Teilnahme musiziert. So wie sich mancher Schauspieler in eine Rolle hineinlebt, so wird hier das Gefühl der Trauer mitgegeben und eindrucksvoll bis in kleinste Verästelungen gezeigt.

Christian Tetzlaff, who had made previous recordings in Helsinki with the Philharmonic Orchestra, now plays for the second time together with the Deutsches Symphonieorchester Berlin, conducted by Robin Ticciati. After Beethoven and Sibelius, he has recorded Berg and Brahms with them. As might be expected, the soloist again offers technically superior interpretations. However, the instrumental mastery is only the prerequisite to be able to present his musically refined concept. And he does so with precisely and sensitively formulated playing, which nevertheless can always be heard naturally and as if sung. In contrast to other soloists, Tetzlaff plays a different concerto in every concert and, by his own admission, keeps his practice times within a narrow range, even at one hour a day. The two works are among the pieces he can call up at any time. And yet not once does one sense routine or indifference. He formulates every note precisely and attentively.

That Ticciati is probably one of his preferred partners may be assumed if there was now a renewed collaboration for the recording. With Brahms this collaboration results in one of the shortest recordings known to me with a good 34 minutes. While many recordings are about three four minutes longer, there are also some that exceed 40. Now, the duration alone is not a criterion, since it also depends on the chosen cadenzas or, especially in Baroque music and Viennese Classicism, on whether and which repetitions are played. While the first two movements do not reveal this shorter playing time by extravagant tempi, the third movement sometimes seems snappy in the orchestra. This movement, with ‘Allegro giocoso, ma non troppo vivace’ as the tempo marking, is thus snatched out of the somewhat pomaded and broad listening picture often heard. If one puts the emphasis on the giocoso, this is quite justified and provides a fresh impression. On the other hand, Brahms has also given the warning of the Vivace. And here, a cross-view of, say, the final movement of Mozart’s Fifth Concerto suggests itself, likewise a rondo that must not really be too fast either, because it was not meant to be. And from this point of view, some passages seem a bit too fast to me. Thus, after the Brahms, the impression remains that a fruitful collaboration has taken place here, which bears ripe but not Japanese fruit, so to speak, that is, the kind that offers the highest pleasure when hand-stroked. In the slow movement, too, the playing of the woodwinds, which is particularly noteworthy here, is gladly free of any censure, but perhaps not stunningly beautiful.

With the other work, which carries the title ‘Dem Andenken eins Engels’, it behaves already differently. Already the opening succeeds much more discreetly and inwardly than in many others, which may take into account the background during the creation of the piece. With Berg, the contact between the three participants, soloist, orchestra and conductor, is so close and interrelated that there is no doubt about the common idea. Here music is made with intimate participation. Just as many an actor lives into a role, so here the feeling of grief is given along with it and impressively shown down to the smallest ramifications.

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