Der israelisch-amerikanische Filmemacher Udi Aloni und der israelische Film- und Theaterregisseur Itay Tiran haben in einem im Spiegel-Online abgedruckten offenen Brief Stellung bezogen in der Affäre um den nach Publikums-Protesten abgesetzten ‘Tannhäuser’ an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf.  Sie fordern eine Wiederaufnahme der nach der Skandal-Premiere am 4. Mai 2013 aus dem Programm genommenen Produktion.

Zur Erinnerung: In seiner Tannhäuser-Inszenierung machte Regisseur Burkhard C. Kosminski aus Wagners Originalfigur einen Nazi-Verbrecher, benutzte das Morden in Gaskammern als visuelles Element seiner Inszenierung und machte aus dem Venusberg den Schauplatz einer brutalen Erschießungsszene, in der Venus in Nazi-Uniform und einige SS-Leute eine Familie ermorden und Tannhäuser zwangen, ebenfalls zu töten. Mit der sagenhaften Handlung der Oper hatte das rein gar nichts mehr zu tun. Die Wagner-Oper wurde völlig vergewaltigt und entsprechend gross war die Empörung beim Publikum und in der Presse.

Die beiden Regisseure schreiben in ihrem Brief: « Wir dagegen glauben, dass dieser Angriff zu einer Zeit kommt, in der das Stück den Nerv in der gegenwärtigen deutschen Gesellschaft trifft, die es ablehnt, sich mit dem Trauma ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Es ist keine Überraschung, dass es Wagner-Anhängern davor graut, wenn jemand diese unausgesprochene Verbindung herstellt, die den Festakt zu Wagners 200. Geburtstag stören könnte. Aber sollte es deshalb in Deutschland verboten werden, Wagners Antisemitismus als zentrales Thema ins Rampenlicht zu rücken? Wir glauben, dass Wagners Musik etabliert genug ist, um einen Umgang mit zwei gegensätzlichen Perspektiven auf sein Werk zu erlauben. Dies gibt dem Publikum das gute Recht, eine Aufführung auszubuhen – nicht jedoch einem Theater, sie zu zensieren. »

Zugegeben, das sind alles generalistische Argumente, die als solche stichhaltig sein mögen. Dass man Wagners Antisemitismus thematisieren soll, ist völlig in Ordnung. Doch das darf nicht zur brutalen Entstellung eines Musikwerks führen. Offensichtlich geht es den beiden Autoren, die möglicherweise nicht einmal wissen, was der ‘Tannhäuser’ genau ist,  nicht um die Oper und nicht um die Musik, sondern nur darum, dass Wagner wegen seiner opportunistischen Haltung Juden gegenüber angeprangert wird. Das kann überall geschehen, aber nicht im ‘Tannhäuser’ oder in irgendeiner andern Wagner-Oper, weil sich kein Wagner-Stoff dafür anbietet. Und wenn einem Regisseur zu einem bestehenden Stoff nichts mehr einfällt, dann soll er eben keine Wagner-Oper mehr inszenieren.

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