Johann Sebastian Bach: Suiten für Cello Nrn. 4, 5 und 6; Thorsten Encke: Cracks (On thin Ice) und Clouds (Ice Mirror) für Cello solo und Tonband; Tanja Tetzlaff, Cello; 1 CD CAvi 8553078; Aufnahme 08/2018, Veröffentlichung 10/2019 (80'00) – Rezension von Uwe Krusch

Der Komponist Thorsten Encke stellt sich bei beiden kleinen Stücken, die die Brücken zwischen den Suiten von Bach bieten, Schwarzeis vor, also schnell blasenfrei gefrorenes Eis, dass die Farbe des Untergrunds, also etwa einer Straße oder eines Seeuntergrunds zeigt und deswegen dunkel wirkt. Er verbindet damit auch die Gefahr des Einbrechens, weil er das Eis als dünn und fragil sieht. Die Kompositionen vereinen eine zuvor auf Band eingespielte Musik des ausführenden Musikers, zu der die im Konzertsaal gespielten Teile kommen. Dabei soll die vor Ort gespielte Partie auf die eingespielte reagieren.

Auf dünnen Eis bewegt sich auch jeder Cellist bei den Suiten für Cello von Bach, da er neben den technischen Fragen auch die musikalischen für sich klären muss. Tanja Tetzlaff sucht den persönlichen Weg, frei von historischen Vorbildern und betrachtet die Suiten unverkrampft insbesondere unter dem Aspekt der Tanzsätze. Dabei zeigt sie nicht die Gruppe perfekt eingeübter Turniertänzer, sondern den dörflichen Tanzboden, auf dem viel Leben geboten wird. Da geht es auch mal nachdenklich oder sogar betrübt zu, aber insgesamt wird das Tanzbein geschwungen ordentlich geschwungen und positive Energie ausgestrahlt. Dass auch mal ein Schritt an einer Holzbohle kurz hängenbleibt, macht das ganze menschlich.

Die von Encke eingeschobenen Risse und Schatten klingen vom Wortlaut her bedrohlicher als in der Musik. Vielmehr lehnen sie sich zwanglos bei Bach an, obwohl sie eine völlig andere Welt spiegeln, aber eben auch eine Welt, die wegen ihrer Natürlichkeit auch sehr nah ist. So verschafft uns die Solistin mit ihrem wohlklingenden Instrument aus dem Hause Guadagnini einen sprühenden Hörgenuss mit Bach und Encke, ohne auszurutschen oder einzubrechen.

The composer Thorsten Encke presents two small pieces, which offer the bridges between the suites of Bach. He also associates them with the danger of breaking into the ice, because he sees the ice as thin and fragile. The compositions unite the music of the performing musician, previously recorded on tape, to the parts played in the concert. The part played on location is supposed to react to the recorded music.In Bach’s Suites for Cello too every cellist moves on thin ice, as he has to clarify not only the technical questions but also the musical ones for himself. Tanja Tetzlaff seeks her personal path and looks at it in a relaxed way, especially in the dance movements. The cracks and shadows inserted by Encke sound more threatening in words than in music. Rather, they lean casually on Bach, although they reflect a completely different world. But it is also a world that is very close because of its naturalness. With her melodious Guadagnini instrument, Tanja Tetzlaff provides us with much listening pleasure with Bach and Encke, without slipping on or breaking into the ice.

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