Sean Shepherd: Magiya; Sebastian Currier: Microsymph; Christopher Rouse: Supplica; Kenji Bunch: Aspects of an Elephant; Samuel Barber: Souvenirs; Oregon Symphony Orchestra, Carlos Kalmar; 1 SACD Pentatone Classics PTC 5186727; Aufnahmen 2016/2017, Veröffentlichung 09/2018 (75'26) – Rezension von Remy Franck

Dass zeitgenössische amerikanische Musik in Europa als nicht avantgardistisch genug gerne unterdrückt wird, ist gewusst. Umso nachdrücklicher will ich diese CD empfehlen.

‘Aspects of America’ ist eine Sammlung amerikanischer Orchesterstücke des 20. und 21. Jahrhunderts. Das Programm startet mit ‘Magiya’ von Sean Shepherd (*1979) Es wurde für das ‘National Youth Orchestra of the United States of America’ und Valery Gergiev geschrieben und hat einen russischen Charakter, der dem Komponisten durch die russischen Märchen inspiriert wurde. Die Musik ist farbig und narrativ und wird hier in einer sehr spannenden Aufführung dargeboten.

Dann kommt die ‘Microsymph’ von Sebastian Currier (*1959). Der Komponist bezeichnet sie als eine große fünfsätzige Symphonie, die in nur gut zehn Minuten ‘zusammengequetscht’ wurde. Das Ergebnis ist ein schnell wechselndes Kaleidoskop aus fünf hochkomprimierten Sätzen mit sich ständig verändernden Klängen, Farben und Ideen. Der erste Satz ist quirlig, der zweite ein kleiner Walzer, der dritte ein lyrisches Adagio. Dann kommt ein Nanoscherzo und abschließend ein parodistisches Kaleidoskop. Ein ganz apartes Werk!

Das dritte Werk ist ‘Supplica’. Der Titel bedeutet ‘Flehen’ auf Italienisch. Der Komponist Christopher Rouse sieht dieses fast viertelstündige Lamento mit abschließendem Hoffnungsschimmer und innerer Ruhe als ein ‘Companion Piece’ seiner vierten Symphonie an. In beiden Werken gebe es Inhalte, die er nicht preisgeben will, die aber wegen des Tons von ‘Supplica’ als sehr emotional angesehen werden müssen. Es ist eine schöne, wenn auch nicht besonders innovative Musik, die hier wunderbar schwebend gespielt wird.

Mit fast 22 Minuten ist ‘Aspects of an Elephant’ das längste Stück der SACD. Der 1975 geborene und in Portland lebende Komponist Kenji Bunch ließ sich dafür von der zeitlosen Parabel von sechs Männern inspirieren, die versuchen, die Züge eines Elefanten in einem dunkeln Raum zu erkennen. Sie schlussfolgern, dass nur die Summe ihrer Wahrnehmungen die ganze Wahrheit umfasst. So wird aus den jeweils von einem reduzierten Instrumentalensemble beschriebenen Empfindungen – Schnecke, Seidener Anzug, Baum, Thron … – schließlich der Elefant.

Seine Komposition sieht der Komponist auch als Metapher für die Situation Amerikas in unseren Tagen, « with the polarized political climate these days and how everyone’s talking in the dark without consideration of another perspective ».

Klanglich hoch interessant ist, wie Bunch am Ende die einzelnen musikalischen Eindrücke mischt und das ganze Orchester majestätisch damit zum Klingen bringt. Es ist dies ein wirklich originelles und gut gemachtes Werk, das eine breite Zuhörerschaft verdient.

Abschließend ist Samuel Barbers ‘Souvenirs’ zu hören, das Walzer, ‘Schottischen Tanz’, ‘Pas de deux’, ‘Two Step’, ‘Hesitating Tango’ und Galopp in einer ulkigen bis schrägen Tanzsuite vereint.

Gute Musik, gut gespielt und gut aufgenommen: empfehlenswert!

This is an exciting program of mostly contemporary American music, mostly inventive and leaving lasting impressions. The performances are first rate und the recorded sound is excellent too. Highly recommendable!

 

  • Pizzicato

  • Archives