Dmitri Shostakovich: Symphonie Nr. 5; NDR Elbphilharmonie Orchester, Krzysztof Urbanski; 1 CD Alpha 427; Aufnahme 12/017, Veröffentlichung 20/08/2018 (46'16) – Rezension von Remy Franck

Furchterregend spannend, bedrohlich und beklemmend beginnt Shostakovichs Fünfte in dieser Interpretation von Krzysztof Urbanski. Sie klingt wie das langsame Erwachen aus einem Alptraum. Der Dirigent bringt das Werk laut eigener Aussage in Verbindung mit dem Sowjeterror der Dreißigerjahre. Es betrachtet die Fünfte als ein Werk, in dem der Komponist versucht, vor dem Terror davonzulaufen, den Vorgaben des Stalin-Regimes zu entsprechen und am Ende zu jubeln. Doch der Jubel ist erzwungen, sagt Urbanski, der Jubel klingt falsch. Dafür macht er umso mehr Hinweise auf Angst und Unterdrückung aus in dieser Musik, die er sehr tiefgründig auslotet. Zum Teil klingt das sehr persönlich. Er lässt nichts unversucht, um Dunkles dunkelst zu formulieren, um Schnelligkeit zum Getriebensein, um Ironie schmerzlich werden zu lassen. Er lässt die Orchesterschläge zu brutalen Todeshämmern werden, lässt den Alptraum immer wieder aufkochen, um Bilder zu suggerieren, die daran erinnern, wie Shostakovich angezogen im Bett lag und in die Nacht horchte, wenn die Schergen des Regimes aufmarschierten: Ist es für dich, ist es nicht für dich?

Das Allegretto tendiert in seiner Leichtigkeit bis ins extrem Groteske. Umso schmerzlicher wird dann das reflektive Largo, ein richtiges Lamento, bis ins fast Unerträgliche gesteigert.

Urbansky: Du sollst jubeln…
(c) NDR

Den finalen vierten Satz dirigiert Urbanski sehr differenziert, um zu zeigen, wie sehr der Jubel erzwungen ist, so als knüppele jemand auf den Komponisten ein, sagt der Dirigent, und rufe dabei: « Du sollst jubeln, du sollst jubeln ».

Kaum vorstellbar ist, dass die Symphonie, als sie mit Erfolg uraufgeführt wurde, ein so brutales Bild der damaligen Sowjetunion zeichnete. Dass man sie viel oberflächlicher dirigieren kann, zeigen ja auch heute viele Dirigenten. Der Pole Urbanski, der als Kind noch im totalitären Polen lebte, hat genau verstanden, was Shostakovich mit seiner Fünften sagen wollte.

Diese phänomenale Interpretation profitiert von einem extrem gut disponierten, klaren und transparenten Klangbild, sehr räumlich sowohl in Breite wie auch in der Tiefe.  Großes Lob also auch für das Aufnahmeteam.

Krzysztof Urbansky’s performance of Shostakovich’s Fifth Symphony is outstanding. It is an exceptionally intense, acidly dramatic and boldly expressive account, magnificently played by the NDR Elbphilharmonie Orchestra and very well recorded too.

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