Der König

Die Musik hat doch Power. Sie kann einen erregten Menschen sofort in ihren Bann ziehen und die Nervosität abbauen. Das erlebte ich wieder einmal im Geburtstagskonzert der ‘Solistes Européens, Luxembourg’, in das ich in einem Zustand höchster Erregung gekommen war, genervt durch jede Menge unmusikalischer Elemente, die den Abend in Gefahr brachten.

Da war zu erst einmal der Umstand, dass ich wieder einmal 12 Minuten brauchte, um überhaupt in das Parkhaus der Luxemburger Philharmonie zu gelangen, das von Verplanungsexperten so horrend schlecht gebaut wurde, dass es der Anforderung, in kurzer Zeit über 500 Autos von Konzertgängern aufzunehmen, einfach nicht gerecht werden kann. Das die Ausfahrt später noch länger dauerte, ließ das schöne Konzerterlebnis übrigens schnell wieder abflauen.

Aus dem Parkhaus gelangte ich in höchst nervösem Zustand in den Flaschenhals der Philharmonie, die Portzamparc zwar schön gemalt aber sehr unpraktisch gebaut hat, weil der engste Raum gerade dort ist, wo sich an der Abendkasse Menschentrauben bilden und eine schlechte Beschilderung für zusätzliches Chaos sorgt, besonders wenn Philharmonie-ungewohnte High Snobiety sich dort bewegt wie eine Herde Lämmer, die sich vor dem Wolf fürchtet. Ein Blick ins Programmheft verschlug mir den Atem, weil ich, der ich Anti-Poliitker geworden bin, mich furchtbar aufregen kann, wenn Null-Ahnungs-Menschen mit ihrem Konterfei zu Texten abgebildet werden, die sie nicht geschrieben und zu denen sie keine Beziehung haben.

Als ich dann endlich auf meinem mit ‘Parterre droite’ (Parkett rechts) falsch bezeichneten Ticket im Parkett Mitte gelandet war, auf einem völlig unanatomischen Stuhl der Philharmonie Platz genommen und wie üblich ein schlechtes Sitzempfinden hatte, war ich in Rage, fühlte mich in dem ehemals vertrauten Haus fremd und unwohl. Den Aufmarsch von Großherzog, Premierminister samt unserer nationalen Kultur-Brünnhilde ließ ich über mich ergehen. Die Musik sollte ja danach beginnen, und sie begann und sie beruhigte mich. Es wurde schönes und spannendes Konzert. Mit Genugtuung stellte ich fest, dass der König sich auf der Bühne befand und der Großherzog nur im Saal saß. Und dieser Christoph König brachte es mit dem ihm eigenen Talent des Klangformers sogar fertig, aus der Europahymne – die ein Grossteil des Publikums nicht als solche erkannte und stoffelig sitzen blieb – sowie aus dem großherzlichen Marsch ‘Wilhelmus’ neue Farben herauszubringen. König und seine Königin Musik, ihretwillen war es wert, all diese Strapazen auf sich zu nehmen.

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