Dmytro Choni
(c) Andreas Domjanic

Ganz zu Recht gab es großen Applaus für das Sinfonieorchester Liechtenstein, den Dirigenten Dawid Runtz und den Pianisten Dmytro Choni beim rezenten Abonnementkonzert in Schaan. Guy Engels berichtet.

Die jugendliche Frische gepaart mit großen Namen der Romantik und Spätromantik ließ den Konzertabend zu einem echten musikalischen Erlebnis werden. Keine Starallüren, keine Affektiertheit, sondern einfach nur Liebe und Hingabe zur Musik gaben den drei Werken auf dem Programm (Konzertouvertüre von Karol Szymanowski, das Klavierkonzert von Josef Gabriel Rheinberger sowie Gustav Mahlers Erste Symphonie) klare Konturen und künstlerische Tiefe.

Der geradezu stürmische Beginn von Szymanowskis Konzertouvertüre hegte Erwartungen, die im weiteren Verlauf des Abends nicht enttäuscht wurden.

Dawid Runtz animierte das Sinfonieorchester Liechtenstein zu einer schwungvollen, vitalen und stimmungsvollen Interpretation, angereichert mit einer breiten Palette an wundervollen Klangfarben.

Dass die kommunikative Art des jungen polnischen Dirigenten nicht nur im Zusammenspiel mit dem Orchester blendend funktionierte, zeigte sich im anschließenden Klavierkonzert von Josef Gabriel Rheinberger mit Dmytro Choni als Solist.

Rheinberger, der gebürtige Liechtensteiner, ist vor allem wegen seiner Sakralmusik bekannt. Sein symphonisches Oeuvre wird selten aufgeführt, und sowohl für Dawid Runtz als auch für Dmytro Choni war es die erste Begegnung mit Rheinbergs Klavierkonzert. Beide Musiker haben die hochromantische Musik des Vaduzers stante pede verinnerlicht und so erlebten wir eine ebenso hoch emotionale wie feinfühlige Lektüre dieses schönen Werkes.

Dmytro Choni ist kein Mann des Spektakels, kein virtuoser Schausteller obwohl gerade Rheinberger den Solisten technisch immer wieder herausfordert. Der junge ukrainische Pianist – Stipendiat der Musikakademie Liechtenstein – suchte immer wieder den Dialog mit dem Orchester. Derart entspann sich über die drei Sätze ein intensives Gespräch, das den Zuhörer nie außen vorließ. Rheinberger überschreibt den langsamen Satz mit Adagio patetico. Nichts an dieser Interpretation war jedoch pathetisch, schwerfällig – eher intensiv, innig und stellenweise nachdenklich. Die Musik floss aus sich heraus, und sämtliche Interpreten waren an diesem Abend die besten Anwälte von Rheinbergers Klavierkonzert.

Viel Herzblut investierte Dmytro Choni auch in seine Zugabe – L’isle joyeuse von Claude Debussy.

Dmytro Choni
(c) Andreas Domjanic

Das lässt sich auch über Dawid Runtz und das Sinfonieorchester Liechtenstein bei Mahlers erster Symphonie sagen. Trotz der vielen Vorgaben, die der Komponist in seiner Partitur macht, ließ sich der Dirigent in kein Korsett stecken. Dawid Runtz’ roter Faden blieb stets der Beginn der Symphonie: wie ein Naturlaut. Selten haben wir diese Titan-Symphonie so wenig titanesk, dafür umso erfrischender erlebt. Melancholische Heiterkeit erklang in jeder Phrase, mehr denn die existenziellen Fragen, die sich etwa in den Symphonien Nr. 2 und 3 stellen.

Der 31-jährige Dirigent ging den Dingen dennoch auf den Grund, blieb nie oberflächlich. Er lotete die Symphonie wunderbar kammermusikalisch aus, deckte die Vielschichtigkeit der Partitur auf, ohne dass die Musik je an Innenspannung verlor.

So boten die Mitglieder des Sinfonieorchesters Liechtenstein und ihr Gastdirigent nicht nur musikalisch einen außergewöhnlichen Abend sondern auch humanitär – durch eine vom Orchester initiierte Spendenaktion zugunsten kriegsversehrter ukrainischer Musiker.

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