Johannes Brahms: Symphonien Nr. 3 & 4; Philharmoniker Hamburg, Simone Young; 1 SACD Oehms Classics OC 677; Live 10/09 (74'27)

Ich bin begeistert! Das sind ganz tolle, mitreißende Brahms-Einspielungen, charaktervoll und persönlich, weitab vom Mainstream. Ich freue mich umso mehr, als mir die Erste Brahms mit Simone Young nicht gefallen hatte und erst die Zweite mir Genugtuung gab.

Auf dieser letzten SACD ihrer Gesamtaufnahme nimmt uns die australische Dirigentin gleich im ersten Satz der Dritten Symphonie bei der Hand und zieht uns kraftvoll hinein in den Brahmsschen Musikfluss. Das ist ein Allegro con brio, das agogisch sehr wirkungsvoll dirigiert wird, mit interessanten Akzentuierungen, manchmal erstaunlichem Betonen von Sekundärlinien und dabei nirgends recherchiert wirkt. Spontan und durchdrungen von einer bedeutsamen Atmung wird dieser erste Satz zu vollem Blühen gebracht.

Ein guter und detailreicher zweiter Satz führt zu einem besonders erlesen Poco Allegretto, das Simone Young von ihrem Orchester wunderbar lyrisch aussingen lässt. Dabei kommt es zu einem wirklich bewegenden Musizieren. Und so wie sie im 3. Satz die Tempi effizient reduziert, so erreicht sie mit zügigem Dirigieren im Finale wiederum mitreißenden Schwung.

Dies könnte im Laufe der Zeit einer meiner Lieblings-Dritten werden!

Rubato, eine wunderbare Dynamik, Farben, Licht und Schatten bestimmen auch die Gestaltung der Vierten Symphonie, die mit einem kraftvoll strömenden Allegro non troppo beginnt, in dem einige zart formulierte Passagen in den Bauch gehen. Das Andante wird liebevoll geformt, mit viel Zärtlichkeit, nicht ohne Melancholie, und auch hier werden echte und tiefe Gefühle verströmt. Im darauf folgenden, schnellen, aber nie auch nur entfernt atemlosen dritten Satz erlangt das ‘Giocoso’ seine volle Bedeutung. Den letzten Satz differenziert die Dirigentin in idealer Weise, um die Steigerung zur Coda hin absolut wirkungsvoll zu einem prägenden Erlebnis werden zu lassen.

Dans ces deux symphonies, Simone Young est une grande Brahmsienne et elle signe des interprétations pleines de caractère et, finalement, très personnelles. Tout y est pour engager l’auditeur dans une écoute lui permettant de redécouvrir les deux symphonies par le biais d’une foisonnante vie intérieure.

Using a vast palette of dynamic, agogic and coloration means, Simone Young conducts two highly personal and striking performances. This is truly great Brahms playing, spontaneous, intense and colorful.

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