Extravaganza; Simon Borutzki, Blockflöte, Lea Rahel Bader, Violoncello, Magnus Andersson, Laute & Barockgitarre, Daniel Trumbull, Cembalo & Orgel; 1 CD Klanglogo KL1528; Aufnahme 08/2018, Veröffentlichung 11/2019 (77‘00) – Rezension von Jonathan Fabrizius

Wenn ein Felix Mendelssohn Bartholdy Lieder ohne Worte schreiben konnte und diese sich auch noch bald 200 Jahre nach ihrem Entstehen großer Beliebtheit erfreuen, scheint dem Verzicht auf die menschliche Stimme ein gewisser Zauber innezuwohnen. Dieser Gedanke könnte auch dem Blockflötisten Simon Borutzki gekommen sein, denn für die CD Extravaganza lässt er sein Instrument gleichsam als Vokalist auftreten. Und der Kunstgriff erweist sich als wunderbare Idee: Borutzkis Flöten singen!

« Die Blockflöte kann strahlen wie eine Trompete, zwitschern wie ein Vogel, singen wie eine Primadonna und rühren wie ein Gebet“, sagt der Künstler über die Qualitäten seines Instruments. Dabei hat er für diese Aufnahme etwaige Vokalstimmen nicht etwa durch die Flöte ersetzt, sondern spielt gemeinsam mit Lea Rahel Bader am Violoncello, Magnus Andersson an der Laute &resp. der Barockgitarre, Daniel Trumbull am Cembalo und an der Orgel Werke von Tomaso Albinoni, Pietro Castrucci, Johann Adolf Hasse, Domenico Scarlatti oder Antonio Vivaldi – mal als Originalkomposition, mal für die Flöte bearbeitet. Darunter befinden sich mit Leonardo Vincis c-Moll-Sonate und Giuseppe Sammartinis d-Moll-Sinfonia für Flöte und Bass übrigens auch zwei Ersteinspielungen.

Dabei lassen die Musiker vor dem geistigen Auge des Zuhörers durchaus lebendige Bilder entstehen, die die ‘Opernszenen im Westentaschenformat’, wie sie im Booklet bezeichnet werden, klangfarbenreich inszenieren. Und immer verleiht Borutzki seinem Spiel menschliche Regungen von heiligem Zorn über energiegeladene Erregung bis zu lächelnder Gemütsruhe. Die Flöte ist hier laut Künstler die Primadonna – mit allen Vor- und Nachteilen, denn so schön sie zweifelsohne singt: Punktuell hätte man den Flötenton ein wenig zurücknehmen können, um eine bessere Balance zwischen der Flöte und den anderen Instrumenten zu bekommen.

Auf der anderen Seite möchte diese Primadonna ihre Qualitäten ja auch zeigen. Und die hat sie unbestritten: Simon Borutzki beweist buchstäblich einen langen Atem, mit dem er Melodiebögen überzeugend aussingt, in wilden Kadenzen leichtfüßig hin- und herspringt oder sich behände in rasende Läufe stürzt. Wer den Blockflötisten kennt, weiß, dass er auch guter Sänger ist. Und beide Talente hat er für Extravaganza trefflich zusammengeführt. Der CD-Titel ist übrigens ein Neologismus aus Vivaldis La Stravaganza und der selbst gestellten Aufgabe, etwas Neues und Besonderes zu schaffen. Und das ist Borutzki und seinen Musikern bestens gelungen.

« The recorder can shine like a trumpet, chirp like a bird, sing like a prima donna and move like a prayer », the artist says about the qualities of his instrument. For this recording he has not simply replaced any vocal parts by the flute, but plays together with Lea Rahel Bader on the cello, Magnus Andersson on the lute resp. the baroque guitar, Daniel Trumbull on the harpsichord and organ works by Tomaso Albinoni, Pietro Castrucci, Johann Adolf Hasse, Domenico Scarlatti or Antonio Vivaldi – sometimes original, sometimes arranged compositions. Among them are Leonardo Vinci’s C minor Sonata and Giuseppe Sammartini’s D minor Sinfonia for flute and bass, two first recordings.
The musicians create vivid images, staging the ‘opera scenes in vest pocket format’, as says the booklet text, in a richly colorful way. And Borutzki always adds human emotions to his playing. According to the artist, the flute is the prima donna here – with all the advantages and disadvantages, because as beautiful as ‘she’ sings it would have been advantageous to get a better balance between the flute and the other players. On the other hand, this prima donna also wants to show her qualities. And, no question, she does have them!

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