Modest Mussorgsky: Bilder einer Ausstellung (Orch. Sergei Gorchakov), Eine Nacht auf dem Kahlen Berge, Khovanshchina-Suite (Orch. Nikolai Rimsky-Korsakov), Der Jahrmarkt von Sorotchinsy (Ouvertüre, Gopak, orch. von Anatoly Liadov); Royal Philharmonic Orchestra, Grzegorz Nowak; 1 CD RPO SP039; 2009-2012 (68'58) – Rezension von Remy Franck

Das Schöne an wirklich guten Bildern – Gemälden – ist ja, dass, wenn man sie oft betrachtet, immer Neues darin zu entdecken ist, Farben und Zusammensetzungen immer neu interpretiert werden können. Das gilt auch für Mussorgskys Hartmann-Bilder, dem wohl am meisten arrangierten Werk der Klassik. Vom originalen Klavierzyklus ‘Bilder einer Ausstellung’ gibt es mehr als zwei Dutzend Orchesterbearbeitungen und rund drei Dutzend Bearbeitungen für kleinere Ensembles.

Neben der bei weitem am meisten gespielten Orchestrierung von Maurice Ravel ist jene von Sergei Petrovich Gorchakov (1905-1976) am bekanntesten geworden. Sie entstand 1954 und fand einen namhaften Fürsprecher in der Person von Kurt Masur und danach in dessen Sohn Ken David Masur. Vater Masur hat das Werk mit dem Gewandhausorchester Leipzig und dem ‘London Philharmonic’ eingespielt.

Sergei Gorchakovs Orchestrierung ist bei weitem nicht so raffiniert wie jene von Ravel, aber sie ist ganz sicher in dem Sinne authentischer, als man sich durchaus vorstellen könnte, dass Mussorgsky das Werk selber eher so orchestriert hätte. Differenzen zu Ravel gibt es, was den Bydlo anbelangt, der bei Gorchakov, wie in der Klavierfassung, nicht von weit her kommt (wie bei Ravel), sondern sofort das Bild füllt. Gorchakov benutzt auch die Promenade vor dem Markt von Limoges, die Ravel weggelassen hat. Vor allem aber ist der Klang massiver, stimmungsvoller, leidenschaftlicher, in einem Wort, russischer als die Version des kleinen, eleganten Franzosen, der vieles aus der Klavierfassung ‘abgerundet’ hat. Gorchakov, der in Moskau Orchestration unterrichtete, ist also treuer dem Original gegenüber, und, dass er sein Handwerk versteht, wird niemand leugnen.

Der heute 64-jährige Pole Grzegorz Nowak, ‘Permanent Associate Conductor’ des Londoner ‘Royal Philharmonic Orchestra’, liefert von der Gorchakov-Fassung eine spannungsvolle und sehr farbige, den Stimmungen sehr gut Rechnung tragende Interpretation. Auch in den anderen Stücken des Programms zeigt sich Nowak als souveräner und inspirierter Dirigent, der das Orchester gut im Griff hat. Die Aufnahmen sind von guter Qualität, das Orchester klingt präsent und gut ausbalanciert.

Grzegorz Nowak conducts a highly convincing performance of Mussorgsky’s Pictures at an Exhibition in the orchestral version made by Sergei Gorchakov, which, definitely, has a lot more Russian soul than the more refined and ‘French’ version by Ravel.

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