Mikhail Glinka: Ruslan und Ludmilla; Albina Shagimuratova (Ludmilla), Mikhail Petrenko (Ruslan), Yury Minenko (Ratmir), Almas Svilpa (Farlaf), Alexandrina Pendatchanka (Gorislava), Charles Workman (Finn/Bayan), Elena Zaremba (Naina), Vladimir Ognovenko (Svetozar), Ballett, Orchester und Chor des Bolschoi Theaters, Vladimir Jurowski; Dmitri Tcherniakov (Inszenierung und Bühnenbild); 2 DVDs BelAir Classiques BAC120; Stereo & Surround; Bild 16:9;; Aufnahme 2011, Veröffentlichung 09/2016 (197' + 35' Interview) – Rezension von Remy Franck

Tcherniakov wäre nicht Tcherniakov, wenn es ihm nicht widerstünde, eine Oper zeit- und stilgetreu zu inszenieren. Jetzt hat er mit seinen abstrusen Einfällen Glinkas ‘Ruslan und Ludmilla’ verdorben. Es beginnt noch alles ganz stilgetreu mit einer typischen Hochzeit in der russischen Aristokratie, aber schon als plötzlich ein Kameramann über die Bühne geistert und seine Bilder auf der Rückwand des Hochzeitsaales projiziert werden, schwant dem Zuschauer Böses.

Zu Recht, denn was folgt, ist zeitlich in anderen und immer wieder verschiedenen Epochen angesiedelt, so dass sich dem Zuschauer ein höchst inkohärentes Bild bietet, das die Handlung durch die Zeitmaschine jagt, ohne Zusammenhänge zu kreieren.

Angeblich ging es dem Regisseur darum, die Modernität des Sujets und die Tiefe der Gefühle der handelnden Personen zu zeigen. Als ob Liebe etwas spezifisch Modernes wäre! Das wiederlegt Tcherniakov sogar selber mit seinen Zeitsprüngen, in denen offenbar wird, dass die Liebe zeitlos ist. Und in der im Grunde doch märchenhaften Handlung gelingt es ihm nicht, sich auf die Tiefe der Gefühle zu konzentrieren, denn das verwehrt ihm Glinka mit seinen Chören, die intime Szenen quasi unmöglich machen.

Musikalisch ist das Ganze hochkarätig: durchwegs gute Stimmen, ein sorgfältig gestaltender Dirigent und ein gutes Chor- und Orchesterensemble bieten beste Bolschoi-Qualität. Irgendwann im Lauf der 197 Minuten dauernden Aufführung habe ich das Bild weggeschaltet und mir die Oper ohne Tcherniakovs visuellen Unrat angehört.

Musically this Bolshoi production of Mikhail Glinka’s opera Ruslan and Ludmilla has a lot to offer, yet Tcherniakov’s confusing and incoherent staging is not all serving his basic idea of showing the « modernity of the subject » and « the deep feelings of the characters. »

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