Roger Norrington - The Complete Erato Recordings; Werkliste am Ende des Beitrags; Daniel Hope, Sebastian Knauer, Melvyn Tan, Nancy Argenta, Catherine Robbin, John Mark Ainsley, Alastair Miles, Yvonne Kenny, Sarah Walker, Patrick Power, Petteri Salomaa, Jane Eaglen, Olaf Bär, Lynne Dawson, Lorraine Hunt, Catherine Pierard, Susan Bickley, Mark Padmore, Andreas Schmidt, Gerald Finley, Anthony Rolfe Johnson, Dawn Upshaw, Cornelius Hauptmann, Guy de Mey, Deborah Voigt, Marilyn Horne, Thomas Hampson, Samuel Ramey, Schütz Choir of London, Schütz Consort, The London Classical Players, Camerata Salzburg, Orchestra of the Age of Enlightenment, Orchestra of St. Luke's, Roger Norrington; 45 CDs Erato 0190296245275; Aufnahmen 1986-2004, Veröffentlichung 11.2022 - Rezension von Remy Franck

Erato veröffentlicht eine Box mit 45 CDs, die Roger Norrington zwischen 1986 und 2004 für Virgin Classics und EMI aufgenommen hat, die meisten mit den London Classical Players.

Dazu gehören alle Beethoven-Symphonien, die sich durch klare Artikulation, exakte Phrasierung, große Dynamik, gewaltige Crescendi und Tempi auszeichnet, die sich aus der Analyse des Dirigenten ergeben. Es sind spannungsgeladene Interpretationen mit viel Dramatik und innerer Kraft, zugleich aber auch viel Witz, Geist und Humor, wobei die einfache und natürliche Gewichtung zwischen den einzelnen Instrumentengruppen eine wesentliche Rolle spielt. Auch Norringtons Gespür für das Ungehörte und Unerhörte dieser Musik ist außergewöhnlich, und sein Können, es herauszuschälen und zu verdeutlichen, nicht minder. Gleiches gilt für die Einspielung der Beethoven-Konzerte und die beiden Schumann-Symphonien. Klanglich erfrischend ist auch die Aufnahme des Smetana-Zyklus Mein Vaterland.

Weniger überzeugende Einspielungen gibt es ebenfalls in der Box, darunter die Symphonie Fantastique von Hector Berlioz, oder die etwas verhetzten Mendelssohn-Symphonien.

Hier sind noch einige Rezensionen, die Pizzicato bei der Erstveröffentlichung der Aufnahmen publizierte. Beim Lesen sollten Sie bedenken, dass dies keine aktuellen Texte sind.

Norrington mit Haydn-Symphonien
Joseph Haydn: Symphonien Nr. 103 (Paukenwirbel) und 104 (Londoner); London Classical Players, Roger Norrington; 11.1992 (55’05’)
Norrington leistet mit den London Classical Players gefällige Arbeit in den zwei letzten Haydn-Symphonien, wenngleich dieses Mal das Charakteristikum der alten Instrumente etwas in den Hintergrund tritt. Die Tempi sind durchwegs recht schnell (besonders in den beiden Andantes), ergeben aber nicht das flexible, federnde Musizieren, wie es bei (guten) traditionellen Orchestern festzustellen ist. Das nimmt den Symphonien insgesamt etwas an gut durchlüfteter Leichtigkeit, an die uns Karajan oder Jochum gewöhnt hatten. Nichtsdestoweniger sind die ersten Versuche Norringtons mit Haydn nicht uninteressant.

Norrington vollendet Londoner Haydn-Zyklus
Joseph Haydn: Symphonien Nr. 99 u. 100 + Overtura Covent Garden + Symphonien Nr. 101 u. 102; The London Classical Players, Roger Norrington; 4-7.1993 (54’19 + 53’29)
Nachdem Anfang dieses Jahres bereits zwei von Haydns Londoner Symphonien unter Norringtons Leitung veröffentlicht wurden, liegen jetzt auf zwei CDs die vier anderen Werke dieser Gruppe vor. Die Londoner Classical Players spielen beide Symphonien mit Dramatik, viel Volumen und großer Kraft. Besonders die schnellen Sätze werden dadurch prägnant und expressiv. Die mittleren Sätze hingegen verlieren an Charme und Humor, jenen charakteristischen Haydn-Zügen, denen ein Eugen Jochum so souverän Ausdruck verleihen konnte.

Mozart, frisch gestrichen
Wolfgang A. Mozart: Symphonien Nr. 38 (Prager) und 40 (2. Fassung); The London Classical Players, Roger Norrington; 01.1991 (69’39)
Norringtons Mozart lebt nicht von Melodien, nicht von lyrischen Schmelz, nicht von Kantabilität. Auch geistige Vertiefung ist für ihn kein Weg zu dem Komponisten. Er arbeitet in den beiden Andantes und im Menuett der Vierzigsten vor allem Tanzrhythmen heraus. Die schnellen Sätze werden rustikal, mit reduzierter Melodik und pulsierendem Drive aufbereitet. Von all dem, was Mozart bei Klemperer, Furtwängler, Böhm oder Karajan auszeichnete, bleibt bei Norrington so gut wie gar nichts übrig. Er räumt dezidiert mit subjektiven Deutungen auf und konzentriert sich – wohl genauso subjektiv – auf die Noten. Und höre da: Norringtons entschlackter, frisch gestrichener und letztlich wohl etwas grobkörniger Mozart dringt wohltuend ein in verwöhnte Ohren, nicht als der Weisheit letzter Schluss, aber als bemerkenswerte Alternative.

Brahms zum Lieben
Johannes Brahms: Symphonien Nr. 3 & 4; The London Classical Players, Roger Norrington; 1995 (72’44)
Ich liebe Brahms, keine Frage, und ich liebe diese Interpretationen. Sie sind getragen von einem starken Drive – Norrington hat immer das Finale im Blick – aber sie lassen uns auch Zeit, zu verweilen, zu hören, den trotz hell leuchtender, manchmal fast greller Farben warmblütigen Klang aufzusaugen und uns daran satt zu hören. Norrington zeigt uns einen sehr gutmütigen, jovialen Brahms und streicht so die soziale Komponente der Brahms-Musik hervor, die sonst gerne verlorengeht. Die London Classical Players spielen, wie immer, ausgezeichnet, und die Tonaufnahme ist bestens gelungen. Eine empfehlenswerte Aufnahme von zwei Brahms-Symphonien auf alten Instrumenten.

Brahms mit neuer Aussagekraft
Johannes Brahms: Tragische Ouvertüre + 2. Symphonie; The London Classical Players, Roger Norrington; 09.1992 (55’11)
Norringtons neue Brahms-CD wird mit einer dunkel gefärbten, dämonisch-dramatischen Interpretation der Tragischen Ouvertüre eingeleitet, und der Charakter dieses Werkes färbt auf die Symphonie ab. So friedvoll und idyllisch wie die zweite Symphonie von Brahms auch sonst klingen mag, Norrington entdeckt in ihr so manche Probleme. Auf den kantig gespielten ersten Satz folgt ein von resignativer Trauer geprägtes Adagio non troppo. Und statt im dritten Satz das Presto dem menuettartigen ersten Thema anzupassen, wählt Norrington für diesen Teil ein sehr schnelles Tempo – eben halt Presto – und kommt so zum Ergebnis, das das Allegretto alles andere als grazioso, sondern vielmehr konfliktreich ist. Selbst im Finale forscht der Dirigent hintergründig nach Problemen und gibt dem Satz mit jähen Akzenten und eigenwilligen Rhythmen einen schroffen, fast kämpferischen Charakter. So zeigt sich diese D-Dur-Symphonie plötzlich von einer ganz einer anderen, einer unbekannten aber doch faszinierenden Seite. Es ist schon aufregend, wie Norrington Spannungen auf- und abbaut, wie er immer wieder mit unorthodoxen Mitteln die Aufmerksamkeit auf Dinge lenkt, die andere Dirigenten als Details in längst vertrauten Passagen außer Acht lassen.
Durch Norringtons strenge und kompromisslose Deutung der Zweiten bekommt die Symphonie eine neue (und schlüssige) Aussagekraft.

Norringtons schwungvolles Brahms-Requiem
Johannes Brahms: Begräbnisgesang op. 13 + Ein Deutsches Requiem; Lyne Dawson, Olaf Bär, The Schütz Choir London, The London Classical Players, Roger Norrington; 03.1992 (67’59)
Brahms selbst hielt Tempoveränderungen in Interpretationen für selbstverständlich. Nur sollten sie ‘con discrezione’ gemacht werden. Ob die Dehnung des ersten Satzes des Deutschen Requiems von den vorgesehenen acht auf 11 oder 12 Minuten noch in den Bereich der Diskretion fällt, kann uns der Komponist heute nicht mehr sagen. Dennoch: die gewöhnlich praktizierten eher langsamen Tempi haben großartige Interpretationen zugelassen, und das ist eigentlich schon die Antwort auf unsere Frage. Roger Norrington hält sich weitgehend an die von Brahms genehmigte und später zurückgenommene Metronomisierung. Die daraus resultierenden Tempi sind wesentlich schneller als alles, was man gemeinhin zu hören bekommt. So dauert Norringtons Requiem rund 62 Minuten, jenes von Abbado zehneinhalb Minuten länger. Dadurch erhält seine Interpretation ungemein viel Schwung und Vitalität, eigentlich jene ‘ausgreifende Elastizität’, die die englische Pianistin Fanny Davies beschrieb, nachdem sie Brahms selbst dirigieren gehört hatte. Das Werk wird dadurch zweifellos diesseitsbezogener, aber auch menschlicher. Diese Rückkehr aus der Vergeistigung stellt die fundamentalen Fragen freilich dramatischer und liefert konkretere Antworten. Insofern hat das Requiem einen nicht versöhnlichen, sondern direkt beruhigenden Charakter, wie ihn sich der nicht kirchengläubige Protestant Brahms wahrscheinlich vielleicht wünschte. Immerhin wollte er mit dem Deutschen Requiem dem traditionellen katholischen, lateinischen Dies Irae-Requiem etwas anderes, etwas Neues gegenüberstellen. Die Interpretation oder besser gesagt, die Revision, ist in allen Teilen schlüssig, und Norringtons Dirigat gehört daher als ‘besonders wertvoll’ in den Spitzenbereich eingestuft. Dies nicht zuletzt auch wegen der exzellenten Leistung des Schütz Choir, der Classical Players und der in allen Hinsichten hervorragenden Solisten. Die EMI-Techniker haben einen für eine transparente Klangfülle gesorgt, die keine Wünsche offen lässt.

Die Weber-Symphonien
Carl Maria von Weber: Symphonien Nr. 1 und 2 + Konzertstück op. 79; Melvyn Tan, Fortepiano, The London Classical Players, Roger Norrington; 1994 (60’30’)
Von den Weber-Symphonien gab es bislang nur eine brauchbare Einspielung, jene mit der Academy of St. Martin in the Fields unter der Leitung Neville Marriners. Roger Norrington sorgt jetzt für Konkurrenz, obgleich beide Aufnahmen schon fast nicht mehr zu vergleichen sind. Norringtons Lektüre passt sich so sehr den alten Instrumenten an, auf denen seine Classical Players spielen, dass man einen völlig neuen Eindruck von den zwei Werken bekommt (genau wie vom Konzertstück, auf dem Melvyn Tan das Fortepiano spielt). Norrington räumt den Bläsern eine noch dominierende Rolle ein, was die Aufnahmeregie zu einem für Aufnahmen mit alten Instrumenten ungewöhnlichen Breitwand-Klang veranlasste, in der die Streicher weit außen, die Bläser den gesamten Mittenbereich einnehmen, die Blechinstrumente dabei aus einer gewissen räumlichen Tiefe kommen. So entstand ein außerordentlich plastisches Klangbild, das einen hochinteressanten Höreindruck vermittelt. Webers Symphonien gewinnen dadurch (und durch das vitale, sehr dynamische Spiel des Orchesters) nicht nur an Wirkung, sondern auch an Charakter und Individualität. In diesem Sinne ist Norringtons Dirigat eine regelrechte Wiedergutmachung an Weber!

Norrington mit superbem Wagner
Wagner: Ouvertüren und Vorspiele (Rienzi, Tristan, Meistersinger, Siegfried Idyll, Parsifal, Lohengrin) + Tristan und Isolde: Liebestod + Siegfried Idyll; The London Classical Players, Jane Eaglen, Roger Norrington; 1994 (63’43)
Was für ein Schwung! Was für eine Opulenz! Was für eine Kraft! Roger Norrington serviert uns einen Wagner mit reichen und leidenschaftlichen Klängen. Neben den schnellen Tempi und den ungewöhnlichen Phrasierungen setzt er eine ungewöhnliche Inbrunst und ein ungewöhnliches Feuer ein. Kurzum: Er will nicht nur innovativ sein, er hat wirklich etwas zu sagen und geht dabei nicht zimperlich vor. Großartig!

Norrington dirigiert Bruckner
Anton Bruckner: Symphonie Nr. 3; The London Classical Players, Roger Norrington; 1995 (57’25)
Roger Norrington benutzt für seine Bruckner-Interpretation auf alten Instrumenten die Originalfassung der 1873 entstandenen 3. Symphonie. Er entschlackt das Werk auf beeindruckende Art und Weise und dirigiert mit größter Vitalität. So kommt es zu einer beschwingten und mitunter lustigen Interpretation. Das Scherzo tanzt wie wir es noch nie hörten, das Finale eilt frohgemut dahin, der erste Satz strebt mit einem phänomenalen Drive nach vorn, dem Adagio entgegen, das sehr stimmungsvoll gespielt wird. Eine hörenswerte CD!

Norringtons Don Giovanni
Wolfgang Amadeus Mozart: Don Giovanni Andreas Schmidt, Alastair Miles, Amanda Halgrimson, Lynne Dawson, John Mark Ainsley, Gregory Yurisich, Nancy Argenta, Gerald Finley, The London Classical Players, Roger Norrington; 07.1992 (195’09’)
Das hat es in der Schallplattengeschichte noch nicht gegeben: auf 3 CDs präsentiert EMI hier zwei unterschiedliche und jeweils komplette Versionen von Mozarts Don Giovanni, nämlich die Prager Urfassung und die revidierte Wiener Fassung. Da die gemeinsamen Teile und die Stellen, an denen die Partituren voneinander abweichen auf verschiedenen Tracks der CDs untergebracht sind, kann der Opernfreund durch Programmierung des CD-Players entscheiden, welche der beiden Fassungen er sich anhören will.
Doch das Hauptmerkmal der Aufnahme bleibt die Interpretation, die (selbstverständlich in beiden Fassungen) stark von allem abweicht, was man sich gemeinhin unter einem Don Giovanni vorstellt.
Norrington verwendet ein relativ kleines Orchester und vor allem relativ zügige Tempi. Er wirft alles über Bord, was es an romantischer Aufführungspraxis in dieser Oper gab, er stellt die Don Giovanni-Welt auf den Kopf, dramatisiert die Oper bis ins Extreme und lässt jede Monumentalität weit hinter sich.
Im Vergleich mit anderen Interpretationen ist in der Rhythmik, im Farbenspiel, in der Akzentuierung, in der Phrasierung alles anders als man es gewöhnlich hört. Die London Classical Players spielen wie stets tadellos.
Die Aufführung bringt aber auch Stimmen zu Gehör, die ganz bemerkenswert sind. So ist Andreas Schmidt der sexbesessene Don Giovanni par excellence, der zielstrebig, ohne Moral und ohne Rücksicht auf Verluste auf Mädchenjagd geht. Der Leporello von Gregory Yurisich hat moralische Bedenken höchstens, wenn er sich selbst dadurch das Leben einfach machen kann: ansonsten ist er ein gar derber Geselle, ein Buffo allererster Güte.
Am vorteilhaftesten wirkt sich Norringtons Dirigat wohl auf die Rollen der Donna Anna und des Don Ottavio aus. Sie bleiben wohl immer noch Seria-Charaktere, aber sie werden deutlich verjüngt und gewinnen an Spontaneität und an Ehrlichkeit. Amanda Halgrimson und John Mark Ainsley singen die beiden Partien ganz vortrefflich. Ebenso vorzüglich sind Lynne Dawson als Donna Elvira, Nancy Argenta als Zerlina und Gerald Finley als Masetto.
Roger Norringtons Don Giovanni ist somit einer der berühmten Meilensteine in der Interpretationsgeschichte der Oper. Die Aufnahme spricht für den Pluralismus möglicher Dirigierauffassungen und ist für die Komposition sicherlich in hohem Maße nützlich. Deren Größe zeigt sich ja gerade, weil sie sich in verschiedenen Ausführungen kohärent und schlüssig realisieren lässt. Ich will nicht sagen, ich könnte sie einer der bisherigen Spitzeneinspielungen eindeutig vorziehen, aber sie reiht sich ebenbürtig in den oberen Rang ein. Der Don Giovanni ist durch Norrington noch interessanter geworden.

Entromantisierte Zauberflöte
Wolfgang A. Mozart: Die Zauberflöte; A.R. Johnson, Andreas Schmidt, Beverly Hoch, Dawn Upshaw, Cornelius Hauptmann, Catherine Pierard, Schütz Choir of London, The London Classical Players, Roger Norrington; 12.1990 (138’41’)
Die Zauberflöte muss als rasch ablaufendes Schauspiel konzipiert und aufgeführt worden sein. Das hat Roger Norrington anhand von Mozart-Briefen herausgefunden, die der Komponist um 22.30 Uhr schrieb, nachdem er zwei Kilometer weit zu Fuß vom Theater nach Hause gekommen war, nach einer Vorstellung, die um 19 Uhr begonnen hatte. Dementsprechend zügig dirigiert Norrington auch die Neueinspielung der Oper, die EMI veröffentlicht. So erklingt die vielstrapazierte Partitur entschlackt, entromantisiert, ohne Pomp und Pathos. Die Zauberflöte wird zurückgeschraubt vom Moralstück zum dramatischen Singspiel. Norrington gelang so die wohl beschwingteste Zauberflöte, die je für die Schallplatte eingespielt wurde. Norrington spielt die Komik des Stoffes voll aus, würzt mit echtem Donnergrollen aus Südengland und aus den Alpen und mit echtem Löwengebrüll aus dem Londoner Zoo. Er schafft Platz für Personen mit viel Energie und mit menschlichen Gefühlen. Das ist m. E. – abgesehen von der reizvollen Spieltechnik seiner Musiker – Norringtons größtes Verdienst: er hat aus Schikaneders handelnden Personen wieder Menschen gemacht mir urmenschlichen Gefühlen. Die Stimmen passen generell sehr gut zu den Rollen: Antony Rolfe Johnson als einfühlsamer Tamino, Andreas Schmidt als unbeschwerter Papageno, Beverly Hoch als giftspeiende Königin, Dawn Upshaw als leidende Pamina und der junge deutsche Bass Cornelius Hauptmann als abgespeckter Sarastro, kein Hohepriester, sondern einfach ein Mensch mit Prinzipien. Norringtons Zauberflöte ist somit eine willkommene Erfrischung im üblichen Zauberflöten-Konzert, sicher nicht die allein seligmachende Interpretation, kein Dogma für künftige Versionen, aber ein überaus wertvoller Bestandteil einer an Höhepunkten reichen Werkgeschichte und eine Einspielung, die sich jeder Liebhaber von Mozart-Opern leisten sollte.

Eine Dokumentation
The Rossini Bicentennial Birthday Gala; Marilyn Horne, Frederica von Stade, Chris Merritt, Thomas Hampson, Samuel Ramey u.a., Orchestra of St. Luke’s, Concert Chorale of New York, Roger Norrington; 2/3.1992 (78’31’)
Diese CD ist wohl eher eine Dokumentation im archivtechnischen Sinn als ein Dokument (dem Wert nach). Gewiss, es gab bei der New Yorker Rossini-Feier vor zweieinhalb Jahren etliche Höhepunkte, und das Publikum hat sich (hörbar) gut amüsiert, aber ob das eine CD-Fabrikation rechtfertigt? Das Programm, in dem bunt verpackt Auszüge aus dem Stabat Mater und der Petite Messe Solennelle zwischen Opernarien- und szenen plaziert wurden, ist ein Kuriosum.

Erato releases a box set of 45 CDs recorded by Roger Norrington between 1986 and 2004 for Virgin Classics and EMI, most with the London Classical Players.

These include all the Beethoven symphonies, characterized by clear articulation, exact phrasing, great dynamics, tremendous crescendos, and tempi that result from the conductor’s analysis. These are exiting interpretations with plenty of drama and inner power, but at the same time plenty of wit, spirit, and humor, and the simple and natural weighting between the various instrumental groups plays an essential role. Norrington’s sense of the unheard and unheard of in this music is also extraordinary, and his skill in drawing it out and making it clear no less so. The same is true of the recording of the Beethoven concertos and the two Schumann symphonies. Truly refreshing is also the recording of the Smetana cycle Ma vlast, also known as My Fatherland.

Less convincing recordings are also in the box, including the Symphonie Fantastique by Hector Berlioz, the somewhat rushed Mendelssohn symphonies.

Here are some more reviews that Pizzicato published when the recordings were first released. When reading, keep in mind that these are texts which are over 20 years old.

Norrington with Haydn symphonies
Joseph Haydn: Symphonies No. 103 (Timpani Roll) and 104 (London); The London Classical Players, Roger Norrington; 11.1992 (55’05’).
Norrington does pleasing work with the London Classical Players in the last two Haydn symphonies, though this time the characteristics of the old instruments take something of a back seat. The tempos are quite fast throughout (especially in the two Andantes), but do not result in the flexible music-making that can be found with (good) traditional orchestras. Overall, this deprives the symphonies of some of the well-ventilated lightness to which Karajan or Jochum had accustomed us. Nevertheless, Norrington’s first attempts with Haydn are not uninteresting.

Norrington completes London Haydn cycle
Joseph Haydn: Symphonies No. 99 & 100 + Overtura Covent Garden + Symphonies No. 101 & 102; The London Classical Players, Roger Norrington; 4-7.1993 (54’19 + 53’29)
Following the release of two of Haydn’s London symphonies conducted by Norrington, the other four works in this group are now available on two CDs. The London Classical Players play both symphonies with drama, much volume and great power. Especially the fast movements become concise and expressive. The middle movements, on the other hand, lose charm and humor, those characteristic Haydn traits that a Eugen Jochum could express so confidently.

Mozart, freshly painted
Wolfgang A. Mozart: Symphonies No. 38 (Prague) and 40 (2nd version); The London Classical Players, Roger Norrington; 01.1991 (69’39)
Norrington’s Mozart thrives not on melody, not on lyrical mellifluousness, not on cantabile. Nor is spiritual immersion a path to the composer for him. He works out mainly dance rhythms in the two Andantes and the minuet of the Fortieth. The fast movements are prepared in a rustic manner, with reduced melodicism and pulsating drive. Of all that Mozart distinguished with Klemperer, Furtwängler, Böhm or Karajan, almost nothing remains with Norrington. He decidedly does away with subjective interpretations and concentrates – probably just as subjectively – on the notes. And listen: Norrington’s purified, freshly painted and in the end probably somewhat coarse-grained Mozart pleasantly penetrates spoiled ears, not as the last word in wisdom, but as a remarkable alternative.

Brahms to love
Johannes Brahms: Symphonies Nos. 3 & 4; The London Classical Players, Roger Norrington; 1995 (72’44)
I love Brahms, no question about it, and I love these interpretations. They are carried along by a strong drive – Norrington always has the finale in mind – but they also give us time to linger, to listen, to soak up the warm-blooded sound despite bright, sometimes almost garish colors, and to hear our fill of it. Norrington shows us a very good-natured, jovial Brahms, emphasizing the social component of Brahms music that otherwise tends to get lost. The London Classical Players play excellently, as always, and the sound recording is superb. A highly recommended recording of two Brahms symphonies on period instruments.

Brahms with new expressiveness
Johannes Brahms: Tragic Overture + 2nd Symphony; The London Classical Players, Roger Norrington; 09.1992 (55’11)
Norrington’s new Brahms CD opens with a darkly hued, demonically dramatic interpretation of the Tragic Overture, and the character of that work rubs off on the symphony. As peaceful and idyllic as Brahms’ second symphony may otherwise sound, Norrington discovers many a problem in it. The angularly played first movement is followed by an Adagio non troppo marked by resigned sadness. And instead of adapting the Presto to the minuet-like first theme in the third movement, Norrington chooses a very fast tempo for this part – just Presto – and thus arrives at the result that the Allegretto is anything but grazioso, but rather full of conflict. Even in the finale, the conductor enigmatically explores problems and gives the movement a rugged, almost combative character with abrupt accents and idiosyncratic rhythms. Thus, this D major symphony suddenly shows itself from a completely different, an unknown but still fascinating side. It is quite exciting how Norrington builds and releases tension, how he repeatedly uses unorthodox means to draw attention to things that other conductors disregard as details in passages that have long been familiar. Norrington’s rigorous and uncompromising interpretation of the Second gives the symphony a new (and coherent) expressiveness.

Norrington’s swinging Brahms Requiem
Johannes Brahms: Begräbnisgesang op. 13 + Ein Deutsches Requiem; Lyne Dawson, Olaf Bär, The Schütz Choir London, The London Classical Players, Roger Norrington; 03.1992 (67’59)
Brahms himself took tempo changes in interpretations for granted. Only they should be made ‘con discrezione’. Whether the stretching of the first movement of the German Requiem from the intended eight to 11 or 12 minutes still falls within the realm of discretion, the composer cannot tell us today. Nevertheless, the rather slow tempi usually practiced have permitted great interpretations, and that is actually already the answer to our question. Roger Norrington largely adheres to the metronome approved by Brahms and later withdrawn. The resulting tempi are considerably faster than anything commonly heard. Norrington’s Requiem, for example, lasts about 62 minutes, while Abbado’s lasts about ten and a half minutes longer. This gives his interpretation immense momentum and vitality, in fact that ‘expansive elasticity’ that the English pianist Fanny Davies described after hearing Brahms conduct himself. It undoubtedly makes the work more worldly, but also more human. This return from spiritualization admittedly poses the fundamental questions more dramatically and provides more concrete answers. In this respect, the Requiem has a character that is not conciliatory but directly reassuring, as Brahms, who was not a church-believing Protestant, probably wished. After all, with the German Requiem he wanted to contrast the traditional Catholic, Latin Dies Irae Requiem with something different, something new. The interpretation, or rather the revision, is conclusive in all parts, and Norrington’s conducting therefore belongs in the top range as « especially valuable. » This is not least because of the excellent performance of the Schütz Choir, the Classical Players and the soloists who are outstanding in all respects. The EMI technicians have ensured a transparent sonority that leaves nothing to be desired.

The Weber Symphonies
Carl Maria von Weber: Symphonies Nos. 1 and 2 + Concert Piece op. 79; Melvyn Tan, The London Classical Players, Roger Norrington; 1994 (60’30’)
There has been only one good recording of the Weber symphonies, that with the Academy of St. Martin in the Fields conducted by Neville Marriner. Roger Norrington now provides competition, although the two recordings are already almost incomparable. Norrington’s reading adapts so well to the old instruments on which his Classical Players play that one gets an entirely new impression of the two works (as of the concert piece on which Melvyn Tan plays the fortepiano). Norrington gives the winds an even more dominant role, which led the recording direction to a wide sound unusual for recordings with old instruments, in which the strings are far out, the winds occupy the entire midrange, while the brass instruments come from a certain spatial depth. The result is an extraordinarily three-dimensional sound that conveys a highly interesting listening impression. Weber’s symphonies thus gain (and through the vital, very dynamic playing of the orchestra) not only in effect, but also in character and individuality. In this sense Norrington’s conducting is a downright reparation to Weber!

Norrington’s superb Wagner
Wagner: Overtures and Preludes (Rienzi, Tristan, Meistersinger, Siegfried Idyll, Parsifal, Lohengrin) + Tristan und Isolde: Liebestod + Siegfried Idyll; The London Classical Players, Jane Eaglen, Roger Norrington; 1994 (63’43)
What élan! What opulence! What power! Roger Norrington serves us a Wagner with rich and passionate sounds. In addition to the fast tempi and unusual phrasings, he employs an unusual fervor and fire. In short, he doesn’t just want to be innovative, he really has something to say and doesn’t take a squeamish approach. Great!

Norrington conducts Bruckner
Anton Bruckner: Symphony No. 3; The London Classical Players, Roger Norrington; 1995 (57’25)
Roger Norrington uses the original version of the 3rd Symphony, written in 1873, for his Bruckner interpretation on old instruments. He purifies the work in an impressive way and conducts with the greatest vitality. The result is an upbeat and occasionally funny interpretation. The Scherzo dances as we have never heard it before, the finale rushes along joyfully, the first movement strives forward with a phenomenal drive towards the Adagio, which is played very atmospherically.
A CD well worth hearing!

Norrington’s Don Giovanni
Wolfgang Amadeus Mozart: Don Giovanni Andreas Schmidt, Alastair Miles, Amanda Halgrimson, Lynne Dawson, John Mark Ainsley, Gregory Yurisich, Nancy Argenta, Gerald Finley, The London Classical Players, Roger Norrington; 07.1992 (195’09’)
This has never happened before in recording history: on 3 CDs EMI presents here two different and each complete versions of Mozart’s Don Giovanni, namely the Prague original version and the revised Vienna version. Since the common parts and the places where the scores differ are placed on different tracks of the CDs, the opera lover can decide which of the two versions he wants to listen to by programming the CD player.
But the main feature of the recording remains the interpretation, which (in both versions, of course) is very different from anything commonly thought of as Don Giovanni.
Norrington uses a relatively small orchestra and, above all, relatively brisk tempi. He throws everything overboard that existed in romantic performance practice in this opera, turning the Don Giovanni world upside down, dramatizing the opera to the extreme and leaving any monumentality far behind.
Compared to other interpretations, everything is different from what one usually hears in terms of rhythms, colors, accentuation, and phrasing. As always, the London Classical Players play impeccably.
The performance also features voices that are quite remarkable. Andreas Schmidt, for example, is the sex-obsessed Don Giovanni par excellence, single-mindedly hunting down girls without morals or regard for loss. Gregory Yurisich’s Leporello has moral qualms at most when he can make life easy for himself: otherwise he is a crude fellow, a buffo of the very first order.
Norrington’s conducting is probably most beneficial for the roles of Donna Anna and Don Ottavio. They still remain, arguably, seria characters, but they are significantly rejuvenated and gain in spontaneity and in honesty. Amanda Halgrimson and John Mark Ainsley sing the two roles quite admirably. Equally excellent are Lynne Dawson as Donna Elvira, Nancy Argenta as Zerlina, and Gerald Finley as Masetto.
Roger Norrington’s Don Giovanni is thus one of the famous milestones in the opera’s interpretive history. The recording speaks to the pluralism of possible conducting views and is certainly highly useful for the composition. Its greatness is shown, after all, precisely because it can be realized coherently and conclusively in different versions. I won’t say I could clearly prefer it to any of the previous top recordings, but it ranks equally in the upper echelon. The Don Giovanni has become even more interesting with Norrington.

De-Romanticized Magic Flute
Wolfgang A. Mozart: The Magic Flute; A.R. Johnson, Andreas Schmidt, Beverly Hoch, Dawn Upshaw, Cornelius Hauptmann, Catherine Pierard, Schütz Choir of London, The London Classical Players, Roger Norrington; 12.1990 (138’41’)
The Magic Flute must have been conceived and performed as a fast-moving drama. Roger Norrington has found this out from Mozart’s letters, which the composer wrote at 10:30 p.m. after walking two kilometers home from the theater following a performance that had begun at 7 p.m.. Norrington conducts the new recording of the opera, released by EMI, accordingly briskly. Thus the much-used score sounds pared down, de-romanticized, without pomp and pathos. The Magic Flute is scaled back from a morality play to a dramatic Singspiel. Norrington thus succeeded in creating what is probably the most exhilarating Magic Flute ever recorded for disc. Norrington plays out the comedy of the material to the full, spicing it up with real thunder from the south of England and from the Alps, and with real lion roars from the London Zoo. He makes room for characters with a lot of energy and with human feelings. This is in my opinion – apart from the delightful playing technique of his musicians – Norrington’s greatest merit: he has made people out of Schikaneder’s characters again with primal human feelings.  The voices generally fit the roles very well: Antony Rolfe Johnson as the sensitive Tamino, Andreas Schmidt as the light-hearted Papageno, Beverly Hoch as the venom-spewing Queen, Dawn Upshaw as the suffering Pamina, and the young German bass Cornelius Hauptmann as the slimmed-down Sarastro, not a high priest but simply a man of principle. Norrington’s Magic Flute is thus a welcome refreshment in the usual Magic Flute concert, certainly not the sole beatific interpretation, not a dogma for future versions, but an exceedingly valuable part of a work history rich in highlights and a recording that every lover of Mozart operas should afford.

A documentary
The Rossini Bicentennial Birthday Gala; Marilyn Horne, Frederica von Stade, Chris Merritt, Thomas Hampson, Samuel Ramey et al, Orchestra of St. Luke’s, Concert Chorale of New York, Roger Norrington; 02/03.1992 (78’31’)
This CD is probably more a documentary in the archival sense than a document (by value). Certainly, there were quite a few highlights at the New York Rossini celebration two and a half years ago, and the audience (audibly) had a good time, but whether that justifies a CD production? The program, in which colorfully packed excerpts from the Stabat Mater and the Petite Messe Solennelle were placed between opera arias and scenes, is a curiosity.

Wolfgang Amadeus Mozart: Symphonien Nr. 38-41+ Klavierkonzerte Nr. 16, 20, 23-25+ Violinsonate KV 379+ Konzert D-Dur KV Anh. 56 für Klavier, Violine, Orchester+ Requiem KV 626 (komplettiert von Duncan Druce)+ Maurerische Trauermusik KV 477+ Ave verum KV 618+ Don Giovanni KV 527 (Gesamtaufnahme)+ Die Zauberflöte KV 620 (Gesamtaufnahme)
Ludwig van Beethoven: Symphonien Nr. 1-9+ Klavierkonzerte Nr. 1-5+ Die Geschöpfe des Prometheus-Ouvertüre op. 43+ Coriolan-Ouvertüre op. 62+ Egmont-Ouvertüre op. 84+ Chorfantasie op. 80
Joseph Haydn: Symphonien Nr. 99-104 « Londoner »+ L’Anima del filosofo-Ouvertüre H1a: 3
Johannes Brahms: Symphonien Nr. 1-4 + Haydn-Variationen op. 56a + Tragische Ouvertüre op. 81 + Begräbnisgesang op. 13 + Ein Deutsches Requiem op. 45
Franz Schubert: Symphonien Nr. 4-6, 8, 9
Felix Mendelssohn: Symphonien Nr. 3 & 4
Robert Schumann: Symphonien Nr. 3 & 4
Anton Bruckner: Symphonie Nr. 3 WAB 103 (Version 1873)
Georg Friedrich Händel: Wassermusik-Suiten Nr. 1 & 2 HWV 348 & 349 + Feuerwerksmusik HWV 351 + Sinfonias & Arien aus Serse HWV 40, Giulio Cesare in Egitto HWV 17, Tamerlano HWV 18, Ariodante HWV 33, Rodelinda HWV 19, Rinaldo HWV 7
Henry Purcell: The Fairy Queen Z. 629 (Gesamtaufnahme)
Carl Maria von Weber: Symphonien Nr. 1 & 2+ Konzertstück f-moll op. 79 für Klavier & Orchester
Hector Berlioz: Symphonie fantastique op. 14
Gioacchino Rossini: La Scala di seta-Ouvertüre + Il Signor Bruschino-Ouvertüre + L’Italiana in Algeri-Ouvertüre + Il Barbiere di Siviglia-Ouvertüre + La Gazza ladra-Ouvertüre + Semiramide-Ouvertüre + Guillaume Tell-Ouvertüre
Richard Wagner: Rienzi-Ouvertüre + Liebestod & Vorspiel aus Tristan und Isolde + Die Meistersinger von Nürnberg-Vorspiel + Siegfried-Idyll + Parsifal-Vorspiel + Lohengrin-Vorspiel zum 3. Akt
Bedrich Smetana: Mein Vaterland
Frantisek Skroup: Nationalhymne der tschechischen Republik
Early Romantic Overtures – Carl Maria von Weber: Oberon-Ouvertüre + Felix Mendelssohn: Die Hebriden-Ouvertüre op. 26 + Hector Berlioz: Les Francs Juges-Ouvertüre op. 3 + Robert Schumann: Genoveva-Ouvertüre op. 81 + Franz Schubert: Die Zauberharfe-Ouvertüre D. 644 + Richard Wagner: Der fliegende Holländer-Ouvertüre
The Rossini Bicentennial Birthday Gala – Gioacchino Rossini: Orchesterstücke, Arien & Szenen aus La Gazza Ladra, La Donna del Lago, Stabat Mater, La Cenerentola, Zelmira, Bianca & Falliero, Guillaume Tell, Petite Messe Solennelle, L’Italiana in Algeri, Le Siège de Corinthe, Il Viaggio a Reims

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