Eine zweite Sammlung von Aufnahmen von Werken von Nicolaus Richter de Vroe legt das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks zeitgleich zur ersten vor. Der zunächst in Dresden ausgebildete Komponist, der auch als Geiger im Orchester aktiv ist, ist hier mit drei Stücken vertreten.
Dabei nimmt TETRAДb IV für vier Solisten und Orchester den größten zeitlichen Raum ein. Mit den so unterschiedlichen Solisten Posaune, Schlagzeug, Stimme und Violine begründet es einen eigenen Weg und folgt nicht dem Concerto grosso Typus. Denn die Solisten treten zumeist einzeln in Erscheinung und zielen damit nicht auf ein Wetteifern ab. Von einem Gedicht des russischen experimentellen Dichters Daniil Charms ausgehend, das auf die Hinwendung an eine imaginäre Welt anstelle der Realität gerichtet ist, führt zu einemexperimentellen Geschehen, das ein Oszillieren erkennen lässt.
Wie die beiden anderen Werke ist auch das hier älteste, Shibuya Movements, in einem Mitschnitt der Uraufführung zu erleben. Schon der Titel und noch mehr die Musik weist auf Richter de Vroes intensive Auseinandersetzung mit weltweiten Musikkulturen wie auch Erfahrungen der mit offenen Sinnen wahrgenommenen Fremdheit, einerseits bei kurzen Reisen mit dem Orchester wie auch seine persönliche bei der Übersiedlung aus der früheren DDR nach Westdeutschland auf. Gleichzeitig ist das Werk erst sein zweites erst für Orchester. So beleuchtet dieses Stück die unterschiedlichen inneren Wahrnehmungen, durch die sich künstlerisch verfeinerte Eindrücke durchaus auch konträr entfalten.
Das kurze Werk Euforia kann als ein Geburtstagsgeschenk zum 60-jährigen Bestehen des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks gelten. Mit dem Titel verbindet sich die nach wie vor offene Hoffnung auf einen eigenen Konzertsaal in München.
Für alle Werke wird die eingehende Lektüre der umfassenden Erläuterungen im Text zur Aufnahme empfohlen, da hier nur Splitter aufgenommen können.
Die vier Solisten prägen das erste Werk, TETRAДb IV, maßgeblich, wie sie doch auch nicht ohne das Ensemble sein könnten. Mike Svoboda, Posaune, Isao Nakamura Schlagzeug, Isabeella Beumer, Stimme sowie Irvine Arditti, Violine, gestalten ihren jeweiligen Part mit ausgeprägter Überzeugungskraft und sicherem Instinkt für ihre Aufgabe.
Das Orchester hat, wie schon bei der parallel veröffentlichten Einspielung der Werke von Nicolaus Richter de Vroe auch in der Situation der Uraufführungen die Gestaltungshoheit, wird durch die moderne Sprache nicht irritiert und agiert stupend überzeugend. Peter Rundel, Cristóbal Halffter und Mariss Jansons sind versierte Dirigenten für aktuelle Kompositionen, so dass sie die Gestaltung der Strukturen der Stücke mit sicherer Hand verwirklicht haben und das Orchester zu Höhenflügen anregen.
The Bavarian Radio Symphony Orchestra is releasing a second collection of recordings of works by Nicolaus Richter de Vroe at the same time as the first. The composer, who was trained in Dresden and is also active as a violinist in the orchestra, is represented here with three pieces.
TETRAДb IV for four soloists and orchestra takes up the most time. With such diverse soloists as trombone, percussion, voice, and violin, it strikes out on its own path and does not follow the concerto grosso type. This is because the soloists mostly appear individually and thus do not aim to compete with each other. Based on a poem by the Russian experimental poet Daniil Charms, which focuses on turning to an imaginary world instead of reality, it leads to an experimental event that reveals an oscillation.
Like the other two works, the oldest one here, Shibuya Movements, can be experienced in a recording of its world premiere. The title alone, and even more so the music, points to Richter de Vroe’s intensive engagement with global music cultures as well as his experiences of foreignness perceived with open senses, on the one hand during short trips with the orchestra and on the other hand during his personal move from the former GDR to West Germany. At the same time, the work is only his second for orchestra alone. Thus, this piece illuminates the different inner perceptions through which artistically refined impressions can also unfold in contradictory ways.
The short work Euforia can be seen as a birthday present for the 60th anniversary of the Bavarian Radio Symphony Orchestra. The title is linked to the still open hope of having their own concert hall in Munich.
For all works, we recommend reading the comprehensive explanations in the text carefully before listening, as only excerpts can be included here.
The four soloists have a decisive influence on the first work, TETRAДb IV, yet they could not do without the ensemble. Mike Svoboda, trombone, Isao Nakamura, percussion, Isabeella Beumer, voice, and Irvine Arditti, violin, perform their respective parts with remarkable conviction and a sure instinct for their task.
As in the parallel recording of works by Nicolaus Richter de Vroe, the orchestra has creative control in the situation of the world premieres, is not irritated by the modern language, and performs with stupendous conviction. Peter Rundel, Cristóbal Halffter, and Mariss Jansons are accomplished conductors of contemporary compositions, enabling them to realize the structures of the pieces with a sure hand and inspire the orchestra to soar.


















