Joseph Haydn: Symphonien Nr. 92, 93 & 97-99; London Symphony Orchestra, Sir Colin Davis; 2 SACDs LSO Live 0702; 5/10, 6/11, 10/11 & 12/11 (76’49 & 56’05) – Rezension von Alain Steffen

« Probier’s mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit“, singt Balu im ‘Dschungelbuch’. Dieses Motto scheint sich auch Sir Colin Davis zu Herzen genommen zu haben, als er diese fünf live eingespielten Haydn-Symphonien vorbereitete. Den explosiven Interpretationen eines Fischer oder Fey diametral gegenübergesetzt, beeindruckt Davis interpretatorisches Konzept durch eher getragene Tempi und eine ja fast meditative Ruhe.

Auch das geräumige Klangbild dieser SACD-Aufnahme trägt zu diesem Haydn der Gemächlichkeit bei. Alles klingt schön und rund, jedes Instrument resp. jede Instrumentengruppe erhält ihren Raum, so, dass alle Musiker entspannt miteinander musizieren können. Das alles ist nicht besonders aufregend, aber dieser Haydn gefällt. Vielleicht durch seine Schlichtheit und seine musikalische Beständigkeit. Colin Davis Konzept ist übersichtlich, Überraschungen gibt es keine, der Hörer weiß, was kommt. Man kann sich zurücklehnen und das wundervolle Spiel des ‘London Symphony Orchestra’ genießen, sich erfreuen an der Schönheit dieser Musik.

Und trotzdem stellt man sich am Schluss die Frage, ob Haydn diese Gemütlichkeit in seinen späten Symphonien wirklich gewollt hat? Und wenn man dann hört, was Fischer und Fey mit diesem späten, reifen Haydn machen, muss man zumindest ein Fragezeichen hinter die Interpretationen von Sir Colin Davis setzen.

Under Sir Colin Davis’s baton these five Haydn Symphonies get a lot of coziness, and though the relaxed orchestral playing isn’t unattractive at all, the question is whether the composer would have accepted such a soft gentleness.

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