Das erste Konzert der neuen Saison des Orchestre Philharmonique du Luxembourg und seines Chefs Gustavo Gimeno setzte bereits markante Akzente für die Zukunft. Im Pandemie-gerecht besetzten Saal wurden nicht nur sie, sondern auch die Solistin Diana Damrau allen Erwartungen gerecht, meint Uwe Krusch.
Wie bereits mehrfach bei den letzten Auftritten wurde der Abend von einem Streicherwerk der neuen Wiener Schule eröffnet. Zu hören war diese Mal ‘Langsamer Satz’ von Anton Webern. Dieses frühe Stück, noch vor der offiziellen Zählung von Webern selber 1905 erschaffen, bewegt sich stilistisch auf der Grenze von Brahms zu neuer Moderne, wobei aus heutiger Sicht eher die Nähe zu Brahms empfunden wird. In beinahe normaler Sitzordnung auf dem Podium, lediglich mit zwei eng zusammen stehenden Pulten statt einem für je zwei Streicher, konnte das OPL im Dirigat von Gimeno eine dichte Struktur erreichen. Dieser Satz, ursprünglich für Quartett geschrieben, wurde in der von Gerard Schwarz geschaffenen Streichorchesterfassung geboten, die auch den Stimmführern reichlich Gelegenheit bot, solistisch hervorzutreten. Solche Soli zogen sich durch das Programm, wobei alle, Philippe Koch als Konzertmeister des Abends mit dem größten Anteil, diese souverän meisterten.
Mit sechs programmierten Orchesterliedern und als Zugabe ‘Morgen’, ebenfalls von Richard Strauss, ließ Diana Damrau ihre Stimme erstrahlen. Es ist einer ihrer bevorzugten Komponisten und sie weiß seine Musik ausdrucksstark darzubieten. Ihr Sopran klingt warm und bleibt immer flexibel. Sie verfügt über eine ausgefeilte Atemtechnik, so dass sie Linien ausgeglichen gestalten und Register bruchlos miteinander verbinden kann. Mit kraftvoller Ausstrahlung und der Kontrolle ihrer Stimme gelingt es ihr obendrein noch, äußerst textverständlich und textbezogen zu singen. So kann sie den gesungenen Worten den richtigen Ausdruck geben. Mit sparsamer Gestik und feiner Mimik belebt sie ihre Darbietung, ohne durch Mätzchen abzulenken. Mit diesem schönen und gepflegten Gesang von großem Raffinement begeisterte sie das Publikum, so dass die vorbereitete Zugabe schnell fällig wurde.
Das Orchester begleitete mit farbenreichem Stil, das viele Facetten der Kompositionen aufdecken konnte. Dabei ließ es der Solistin den erforderlichen Freiraum, um sich unangestrengt entfalten zu können.
Zum Abschluss hatte Gustavo Gimeno die erste Ballettmusik, die Stravinsky für Diaghilev erschuf, aufs Programm gesetzt. Die Musik zum Feuervogel entfalteten sie in ihrer vollen Pracht, also die gesamte Komposition und nicht nur als Suite. Auf dem sehr dicht besetzten Podium, u. a. mit drei Harfen, vielen besonderen Bläsern und großem Schlagwerk, gelang es ebenso alle Kräfte zu entfalten, wie auch zarte und kammermusikalische Passagen genussvoll auskosten. Da dabei viele solistische Partien in allen Teilen des Orchesters zu absolvieren sind, kann man kaum alle großartigen Leistungen alle hervorheben. Doch eben auch der mehr als gelungene Zusammenhalt im Orchester bot einen guten Ausblick in die Zukunft. Das Ergebnis kann demnächst auch eingespielt nachverfolgt werden.
An diesem Abend durften auch das erste Mal die neuen Mitglieder der Luxembourg Philharmonic Orchestra Academy mitspielen. Sie erhalten für zwei Jahre eine professionelle Praxisausbildung und Förderung, Seite an Seite mit den arrivierten Orchestermusikern. Eine sehr erfreuliche Hilfe für angehende Profis in einem durch Corona noch schwierigeren Umfeld.