Gustavo Dudamel
Photo: Mathew Imagaing

Gestern spielte das ‘Mahler Chamber Orchestra’ unter der Leitung von Gustavo Dudamel im großen Saal der Philharmonie die 3. Symphonie von Franz Schubert sowie die 4. Symphonie von Johannes Brahms. Alain Steffen berichtet.

Für mich sind beides zwei herausragende Werke des 19. Jahrhunderts, obwohl sie grundverschieden sind. Die 3. Symphonie von Franz Schubert ist ein Jugendwerk und wird als solches oft verkannt. In Wahrheit – und davon konnte sich das Publikum  überzeugen – ist diese Dritte eine wahre Perle. Diese D-Dur Symphonie begeistert durch ihre Leichtigkeit, ihre Schönheit und vor allem, durch ihren heiteren Optimismus, der weit mehr an Rossini als an Haydn oder Mozart erinnert. Der gefürchtete Musikkritiker Eduard Hanslick schrieb nach der Aufführung dieser Symphonie, es sei « ein Werk der Jugend […] und ihres vergnügt lärmenden Thatendranges, der sich regt und bewegt, ohne sich noch um Ziel und Erfolg Großes zu kümmern“.  Gustavo Dudamel ließ die D-Dur Symphonie in relativ großer Besetzung spielen, was dem Werk insbesondere in den Ecksätzen teilweise eine gewisse Schwere verlieh. Trotzdem war  es eine herausragende Interpretation, denn Dudamel dirigierte Schuberts Dritte quasi tiefenentspannt und ließ die Musik an sich gewähren. So erklang das Werk mit großer Natürlichkeit, vorgetragen von einem bestens gelaunten und technisch bravourösen Orchester.

Ganz anders die 4. Symphonie von Johannes Brahms. Dudamel schien das Werk quasi aufreißen zu wollen, um seine ganze Dramatik und Tragik besser zum Klingen zu bringen. Der erste Satz war aufgewühlt, die Melodien  und Themen stellten sich gegeneinander und verliehen dem Satz einen kämpfenden Charakter und eine innere Zerrissenheit. Genauso wie das grandios gestaltete Finale, das in Dudamels sehr expressiver du dramatischer Leseart  kaum überboten werden kann. Auch die beiden Mittelsätze besaßen ihren eigenen Charakter und immer wieder schaffte es Gustavo Dudamel, dass man auch hier vieles aus einer anderen Perspektive sah. In dieser Interpretation war Brahms Vierte ein Monolith, ein Fels in der Brandung, ein Solitaire und somit eine der ganz großen Symphonien des 19. Jahrhunderts. Was übrigens auch schon Carlos Kleiber in seiner legendären Aufnahme bewiesen hat.

Das ‘Mahler Chamber Orchestra’ folgte seinem Gastdirigenten ergeben und bot in den beiden Werken eine musikalisch außergewöhnliche Leistung, die in erster Linie durch exzellente Soli, prächtige Farben und technische Brillanz für sich einnahm und das Publikum regelrecht vom Hocker riss.

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