In der Luxemburger Philharmonie musizierten die Blockflötistin Lucie Horsch und der Lautenist Thomas Dunford. Uwe Krusch hat sich das Konzert angehört.
In Kinderzeichnungen werden Sterne üblicherweise als Kreisflächen mit Strahlen daran dargestellt. Damit haben diese Zeichnungen Ähnlichkeit mit den schematischen Bildern vom SARS-COV-Virus. Da mag man den Titel der Konzertreihe Rising Stars als neuen Aufstieg des Virus missverstehen, wenn es nach nun geltenden Regeln wieder mit Maskenzwang, freien Plätzen zwischen Zuhörern, Konzerten ohne Pause und Gastronomie, also zurück zum alten Neuen, geht. Zum Glück bot dieses Konzert mit der Blockflötistin Lucie Horsch und dem Lautenisten Thomas Dunford keinen Anlass, um über die äußeren Umstände nachzudenken. Denn die beiden Interpreten schafften es nicht nur, ihr Programm, gewürzt mit kleinen Erläuterungen, in höchster Qualität darzubieten, sondern auch noch, eine geradezu gelöste Stimmung zu erzeugen, die mit der Beteiligung des Publikums abschloss.
Im offiziellen Teil stand Musik des Barock mengenmäßig im Vordergrund, wie man es bei der Besetzung vielleicht auch nicht anders erwartet hatte. Von Johann Sebastian Bach über Castello und Vivaldi bis hin zu Couperin, Hotteterre, Marais und Philidor reichte die Spanne und damit geografisch von Deutschland über Italien bis nach Frankreich. Dabei wurden die meisten Werke in Bearbeitungen gespielt. Manchmal im Solo, zumeist aber als Duo agierten die beiden Künstler mir Energie, gutem gegenseitigem aufeinander Hören und technischer Raffinesse. Mit Thomas Dunford war eigentlich eine Nebenrolle an diesem Abend besetzt. Aber wie schon anderweitig zu hören, prägt sein Spiel neben der technischen Qualität eine stupende musikalische Intensität, die sich auch in die Stücke verbindenden Überleitungen und anderen Schmankerln äußert.
Lucie Horsch als eigentlicher Mittelpunkt des Konzertes hatte mit allerlei Extras fertig zu werden. So ist das Instrument Blockflöte nicht als eines zu verstehen, sondern als Familie gleichartiger, die sich in der Größe und damit der Stimmlage unterscheiden. Mit vier Flöten war Horsch angereist, die sie jeweils im Sinne der Komposition wahlweise einsetzen konnte.
Sie steuerte auch die moderne Musik bei, die es neben den Barockwerken zu hören gab. So präsentierte sie eines der bekanntesten impressionistischen Werke, nämlich die Komposition Syrinx von Claude Debussy. Von der metallenen Querflöte übertragen auf ihre größte Blockflöte, wandelte sich der Charakter des Stückes von einem ausgelassen fröhlichen, vielleicht auch ungezügelten Hirten auf der Panflöte zu einem hier eher nachdenklichen Sanftmütigen. Als weiteres moderneres Werk hatte sie das chinesische Bild Nr. 3, der Schauspieler mit dem Affen, von Isang Yun vorbereitet. Mit dem koreanisch beleuchteten chinesischen Tonfall setzte sie ein erstes Zeichen, dass die Blockflöte auch in heutiger Musik durchaus ihren ehrenvollen Platz haben kann.
Den auch optischen Höhepunkt bei den neuen Werken bildete ‘Arteria‘ der finnischen Komponistin Lotta Wennäkowski. Die für diese Konzerte eigens geschaffene Komposition geizt nicht mit Herausforderungen für die Spielerin. In diversen Online-Konferenzen haben Lotta und Lucie eine musikalisch sehr ansprechende und natürlich fließende Komposition geschaffen, die doch auch noch erhebliche technische Finessen vorsieht, die teilweise bisher wahrscheinlich noch niemand gefordert hat. Das Stück, dessen Titel auf das Arteriensystem im menschlichen Körper anspielt, bot einen pulsierend geprägten Höreindruck. So wurden die ersten Töne durch das Nasenloch angeblasen. Danach musste Lucie Horsch auch mit Abstand zum Mundstück etwa agieren oder, indem sie das Instrument wie eine Querflöte hielt. Aber eine normale Spielweise kam auch vor. Eine bisher einmalige Herausforderung hatte sie zum Ende des Werkes zu bewältigen, da sie zunächst mehrfach zwei Flöten, am Schluss sogar drei gleichzeitig anblasen musste. Trotz dieser Spielchen wirkte das Werk aber, wie bereits angedeutet, als musikalisch gehaltvolles Ganzes, nicht verkopft oder aufgesetzt. Das lag sicherlich auch an der überzeugenden und überlegenen Gestaltung durch die junge Solistin.
Übrigens hatte sie in Francesca Caccinis ‘Chi desia di saper che cos’e amore‘ noch ein weiteres Instrument, nämlich ihre Stimme, einsetzen können.
Damit waren ihre Stimmbänder schon vorbereitet, als das begeisterte Publikum die beiden Musiker dann nicht ohne Zugaben entlassen wollte. Diese führten dann nochmals in eine andere musikalische Richtung. So schloss der Abend mit dem Song Yesterday von den Beatles, der so klassisch und zeitlos ist, dass er auch mit Laute und Gesangstrio seine Wirkung entfaltet. Horsch und Dunford hatten zusätzlich zu ihrem Duo das Publikum animiert, mitzusingen. Und da zeigte sich, dass viele Zuhörer sich sowohl textlich als auch melodisch mit dem Werk bestens auskennen und bis hin zu den Schlussakkorden eine sichere und wohlklingende Hilfe boten. So endete das Konzert mit einem Schauer auf dem Rücken.