Anne-Sophie Mutter & Ensemble Wien-Berlin
(c) Philharmonie Luxembourg/Grébille

Wenn im Foyer ein Bereich eingezäunt ist und darin elegant gekleidete Damen und Herren an ihrem Champagner nippen und in die delikaten Häppchen beißen, sofern sie vor lauter Small Talk dazu noch Zeit haben, dann ist wieder ein Sponsor beteiligt, um die Aktivität der Philharmonie zu unterstützen. In diesem Fall ging es um den erneuten Besuch von Anne-Sophie Mutter im Hause. Auch heuer hatte sie eine kleine Begleitung mitgebracht, nämlich die siebzehn Musiker des Kammerorchesters Wien – Berlin. Und auf den Pulten stand ausschließlich Mozart. Uwe Krusch Berichtet.

Das Orchester durfte sich an diesem Abend allein nach der Pause mit der viertelstündigen Symphonie Es-Dur KV 16 zeigen, die vom achtjährigen Mozart geschaffen wurde. Schon mit diesem Werk schafft der Junge mit gängigen musikalischen Vokabeln einen orchestral ausgerichteten Klangraum, der durch Kontraste belebt ist. Der langsame Satz, vielleicht das Zukunftsgerichtete hier, bringt überraschende Wendungen, die auf die künftigen Opern hinweisen, wenn die höheren Streicher mit leichten, durchsichtigen Triolen den Auftritt der Soli von Cello und Bass vorbereiten.

Das Orchester präsentiert sich nicht nur hier federnd elegant und bis auf wenige Momente der Unaufmerksamkeit beim Konzertmeister Rainer Honeck höchst gespannt und aufmerksam. Wenn auch in den vier ersten Violinen punktuell sehr unterschiedliche Bogenartikulation eingesetzt wird, so überzeugt doch der Gesamtklang des Ensembles mit famoser Schwerelosigkeit, die trotzdem den kompakten Zugriff bei Akzenten und griffigen Passagen nicht außer Acht lässt. Entstanden als Geburtstagsgabe zum 50. von Sir Simon Rattle und damit dessen Wunsch nachkommend, hat das Ensemble aus den beiden großartigen Orchestern in Berlin und Wien sich als ständige Einrichtung etabliert. Bei einer Zweidrittel – Eindrittel Besetzung zugunsten der österreichischen Metropole in der Philharmonie ließ das Kammerorchester sein ganzes Können erstrahlen. Das ist bei Mozart, dessen Musik nach dem Bonmot „für den Laien zu einfach und für den Profi zu schwer“ gut zu beschreiben ist, gar nicht so simpel, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Das gilt für die frühe Symphonie ebenso wie für die Begleitung eines Soloinstrumentes wie hier der Violine.

Eines wird man Anne-Sophie Mutter keinesfalls vorwerfen können. Nämlich dass sie sich mit kurzen Soloauftritten von der Bühnen schleicht. Wie etwa in der Saison 1999-2000, als sie eine Reihe von drei Abenden mit jeweils zwei Konzerten aus dem zwanzigsten Jahrhundert bestritt, kam sie in Luxemburg nicht nur kurz vorbei. Sie erfreute gleich mit drei Konzerten von Mozart. Dabei reichte ihre Auswahl vom frühen zweiten über das schon stark mit eigener Handschrift gestaltete dritte bis zum fünften Konzert, das mit Finessen in der Gestaltung der Sätze, wie Tempowechsel, seine besondere Stellung und Qualität markiert.

Anne-Sophie Mutter & Ensemble Wien-Berlin
(c) Philharmonie Luxembourg/Grébille

Dass eine Künstlerin wie Anne-Sophie Mutter diese Werke spielen kann und will, steht außer Frage. Dennoch scheint man beim fünften Konzert eine noch größere Selbstverständlichkeit und Nähe zu spüren, als bei den anderen beiden vorgetragenen Werken. Während in den beiden vorhergehenden Werken auch einmal ein technisches Geräusch beim Spiel einfließt, kommt das fünfte Konzert mit so makellosem Klang nonchalant daher, als ob es ein Nichts wäre, dieses Stück zu spielen. Wenn jemand das so bewältigt, dann ist das einfach große Kunst. Mutter, darin dem sie zuspielenden Kammerorchester sehr nahe, stellt die Konzerte mit großer Eleganz und jegliche technische Diffizilitäten leugnender Leichtigkeit dar. Sie hat ihren Stil, den sie in nunmehr vierzig Jahren auf der Bühne entwickelt hat und pflegt. Allein schon eine so lange aktive Phase ist für einen Streicher besonders. Ihre Überlegungen zum Aufhören, die sie 2013 äußerte, „natürlich werde ich aufhören, wenn ich nicht mehr mag, wenn mein Ton matt geworden und mein Dekolleté nicht mehr vorzeigbar ist“, haben zum Glück noch nicht zu diesem Ergebnis geführt. Mag es auch in ihrem Leben Phasen gegeben haben, in denen ihr Spiel sich ein Momentum weit von der höchsten Qualität entfernt hatte, so ist sie seit einiger Zeit wieder zurück. Das ist schön und wir können es hoffentlich noch weiter genießen.

Für das Ende eines Konzertes haben Interpreten grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Sie geben eine entspannende Zugabe, quasi ein Schlaflied für den Heimweg. Oder sie drehen noch mal virtuos auf. Anne-Sophie Mutter und das Kammerorchester Wien – Berlin hatten die zweite Version vorbereitet. Mit dem Presto, also dem Schlusssatz aus dem ersten Konzert, setzen sie einen virtuosen Schlusspunkt. Dass so ein Satz auch herausragende Musiker fordert und sie noch einmal ihre gesamte Konzentration aufbieten müssen und es taten, führte zu einem spritzigen Ende, dass dann zu guter Letzt das zuvor noch gesittet agierende Publikum dann doch noch zu stehenden Ovationen animierte.

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