F.P.Zimmermann & M. Helmchen
(c) Sébastien Grébille

Nach nur eineinhalb Monaten in ‘neuer Normalität’, wie wir es hier genannt hatten, ist dieses Neue schon Geschichte und durch die aktuelle Lage ersetzt. Statt jeder zweiten Reihe besetzt und einem freien Platz zwischen einander fremden Zuhörern pro Reihe gelten jetzt wieder Regeln, die auf noch größere Sicherheit setzen. Uwe Krusch erlebte nun, dass nur noch jede dritte Reihe besetzt ist und der Abstand zwischen verschiedenen Besuchern auf drei leere Sitze erweitert. Damit kommt dann eine gerademal eben dreistellige Besucherzahl zusammen, die Konzerte noch genießen darf.

Als Ausgleich bietet sich es dann wegen der gekürzten Programme an, diese doppelt spielen zu lassen. Ob das allen Künstlern möglich oder von ihnen gewollt ist, mag man abwarten. Bei Frank Peter Zimmermann und Martin Helmchen mit drei Violinsonaten von Beethoven war es dies. Nun ist ein Beginn um 18 Uhr vielleicht nicht für jeden Berufstätigen attraktiv, aber andererseits mag es für andere gerade in der dunklen Jahreszeit schön sein, früher nach Hause zu kommen. Der Rezensent hat das frühe Konzert gehört, nicht das um 20 Uhr.

Zimmermann und Helmchen hatten drei der zehn Violinsonaten von Beethoven mitgebracht, im Dezember folgen noch drei weitere. Den gesamten Zyklus aller zehn Sonaten spielen sie auch, aber leider nicht in Luxemburg. Aber immerhin kann Luxemburg zum großen Teil partizipieren. Die zweite Sonate aus dem op. 12 sowie die beiden Namenssonaten, Frühlingssonate op. 24 und Kreutzer-Sonate op. 47 stecken einen zeitlich gar nicht so weiten Rahmen ab, wenn man die Zeitspanne der Entstehung von 1797 bis 1803 sieht.

Gestalterisch ist das op. 12, dem Lehrer Salieri gewidmet, noch ganz klassisch und wenig experimentell. In der Frühlingssonate stecken dann schon romantische Formen und Expressivität. Dass die Sonaten op. 12 aber keine Warmspielstücke sind, machten Frank Peter Zimmermann und Martin Helmchen bereits dadurch deutlich, dass sie es in die Mitte des Programms setzten. So frühlingshaft entspannt die Musiker die gleichnamige Sonate zum Beginn des Abends auch einerseits angingen, so verwiesen sie mit einer Noblesse und Eleganz auch jede Lässigkeit von sich.

Frank Peter Zimmermann ist jemand, der in einem Musiker, Gestalter und Erzähler ist. Erst danach und wie selbstverständlich, wird einem bewusst, mit welch geigerischen Mitteln er Musik wie aus sich selbst heraus entwickeln kann. Martin Helmchen passte mit seinem pianistischen Zugriff perfekt dazu. Nicht nur in der Abstimmung, die mitunter auch ganz ohne und im Übrigen mit kleinsten Gesten fabelhaftes Zusammenspiel ermöglichte, sondern auch im eigenen Auftritt, der bei Beethoven im Klavierpart dem anderen Duoinstrument in den Anforderungen mindestens nicht nachstand, konnte er auch die eigenen Gestaltungsmittel mit Verve einbringen. Das Hauptaugenmerk lag aber auf der Verbindung der beiden Linien. Und genau diese organische Verbundenheit verdankte sich dem völlig unprätentiösen Zusammenspiel zweier Musiker, die nicht nur über ausreichend Erfahrung, gerade auch mit Beethoven, verfügen.

F.P.Zimmermann & M. Helmchen
(c) Sébastien Grébille

Zimmermanns Ton drängte sich bei aller Intensität, die er dem Ausdruck mitgeben kann, nie in den Vordergrund. Andersherum erdrückte Helmchen am Piano auch nicht die Geige. Beide sind so flexibel, dass sie jeweils sofort auf die vom Partner eingebrachten Feinheiten und Gedanken reagieren können. Das alles bewegte sich dabei auf höchstem Niveau. Und ein solches ist nur zu erreichen, wenn Kammermusik als gleichberechtigtes Gespräch aufgefasst wird, was diese beiden zweifelsfrei taten.

Auch wenn man von diesen beiden Musikern nichts anderes erwartet hat, so bleibt doch immer die Unsicherheit, ob in diesen Zeiten die Umstände nicht doch auch bei den Musikern Spuren hinterlassen. Doch dazu kann man zutiefst beruhigt sagen, dass beide ihre Wege auf und von der Bühne im lockeren Geplauder mit einem Lächeln absolvierten und sich mehr als wohl in ihrer Haut zu fühlen schienen und keinerlei Anspannung zeigten.

Das Ende des Konzerts wurde von der Kreutzer-Sonate gekrönt, die mit so intensivem und auch beredsamem Spiel dargeboten wurde, dass die beinahe 40 Minuten wie im Fluge vergingen und keine langweilige Sequenz zu hören war. Ein Nachteil der lockeren Sitzreihen im Publikum ist dann vermutlich, dass allein wegen fehlender Masse, aber auch wegen fehlender Nähe keine Ansteckung in Begeisterungswellen ausbricht. So endet ein famoses Konzert dann doch, zumindest was den Applaus angeht, etwas trostlos. Nun, das Publikum in Luxemburg kann voller Vorfreude zumindest noch einen weiteren Abend mit diesen beiden tollen Musikern herbeisehnen, so er denn COVID-bedingt stattfinden wird.

 

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