Philharmonie Luxembourg
(c) Wade Zimmermann

Am Wochenbeginn konnte man die Breite der Angebote der Luxemburger Philharmonie erleben und auch genießen. Erst war das Ensemble Philharmonix zu Gast, tags drauf erlebte Uwe Krusch für Pizzicato dann das Concerto Melante.

Unterschiedlicher im Charakter können zwei Abende kaum sein. Zugleich gab es eine große Gemeinsamkeit, nämlich die überragende Realisierung durch großartige Musiker. Und eine weitere Übereinstimmung gab es noch. Während sich Philharmonix vorwiegend aus Mitgliedern der Wiener Philharmoniker zusammensetzt, hat Concerto Melante eine Anzahl von Mitgliedern der Berliner Philharmoniker im Ensemble, so dass man beide Ensembles als Auskopplungen aus den renommierten großen symphonischen Orchestern bezeichnen kann. Doch nacheinander berichtet.

Philharmonix spielt in jeder Konzerthälfte eine Handvoll Stücke, wobei sie eigentlich unzählig viele anspielen. Denn jeweils unter einer gedanklichen Verbindung sammeln sie dazu passende Zitate, die sie, vor allem der zweite Geiger Sebastian Gürtler und der Cellist Stephan Koncz zu selbst arrangierten Medleys zusammenfügen. So eröffneten sie den Abend unter dem Aspekt Wien mit der Ouvertüre zur Operette Die Fledermaus, in die hinein sie laufend andere Schnipsel eingefügt haben, wie z. B. die Erkennungsmelodie aus dem Film Der dritte Mann sowie natürlich Walzer. Andere Themen waren beispielsweise russische und ungarische Musik, insbesondere im Hinblick auf die Volksmusik, aber eben auch Tchaikovsky sowie natürlich zwei Arrangements zu Weihnachtsliedern, einen Beitrag mit Gesang, bevor es zum Abschluss mit Queen und Sting populär wurde.

Überwältigend dabei sind die perfekte technische Beherrschung der Instrumente und die meisterhafte musikalische Umsetzung, die mit kleinen szenischen Einlagen gewürzt wird. Denn es wird nicht einfach gespielt, sondern das komplette Repertoire spieltechnischer Möglichkeiten ausgelotet, natürliche und künstliche Flageoletts, Zupfstellen, die wie Gitarre oder Balalaika klingen sowie alle Sorten der Bogenverwendung, die die unterschiedlichsten Stimmungen erzeugen. Man kann sagen, dass diese Musiker, Streichquartett zuzüglich Bass, Klarinette und Klavier so gut spielen, dass es schon unverschämt ist. Damit unterscheiden sie sich etwa vom Schmiergeiger, der solch exorbitante Qualität auch nicht annähernd erzeugen kann. Auch als puristisch veranlagter Klassikhörer ist man einfach gezwungen, diese Darbietung, von mir aus auch Show, mit offenen Ohren zu genießen und zu bewundern.

Am nächsten Abend war dann im Kammermusiksaal das Ensemble Melante zu Gast. Der Name stammt ursprünglich als Anagramm von Telemann selbst, der Kompositionen so zeichnete. Die enge Beziehung zu diesem Komponisten und zur Region Mitteldeutschland ließ sie ein Programm mit Werken von Johann Sebastian Bach, so die zweite Orchestersuite und das fünfte Brandenburgische Konzert, und von Telemann, von ihm unter anderem zwei Konzerte mit drei bzw. vier Soloviolinen, vorstellen. Das Concerto Melante spielt, anders als die verwandten Berliner Barocksolisten, nur auf historischen Instrumenten in informierter Lesart. Außerdem formieren sie sich in kammermusikalischer Besetzung, um gerade auch der an diesem Abend prominent vertretenen Traversflöte, gespielt von Verena Fischer, dazu zu verhelfen, noch hörbar zu sein. Leider gelang das erst im zweiten Teil so richtig überzeugend, vor allem mit der h-Moll Suite. Im ersten Abschnitt wirkte das Ensemble noch nicht ganz arrangiert, vielleicht noch nicht voll auf den Saal eingestellt. Der Cembalist León Berben, erfahren in Jahrzehnten auch bei Musica Antiqua Köln, schien die lange Solokadenz im Brandenburgischen Konzert noch etwas überpointiert zu gestalten.

Umso mehr konnten dann auch die Solisten an den Violinen nach der Pause überzeugen. Gründer und Spiritus Rector Raimar Orlovsky, der zusammen mit Intendant Stepahn Gehmacher vorher in den Abend eingeführt hatte, sowie etwa Johannes Pramsohler, auch durch sein Ensemble Diderot bekannt, präsentierten mit leichter Hand und überzeugender Gestaltung die Werke und auch die Führung des Ensembles vom ersten Pult aus. Durchgehend sensibel und wirkungsvoll waren die Cellisten Kristin von der Goltz und Ulrich Wolff mit der Violone zu erleben.

Wer beide Konzerte gehört hat, fühlte sich von der unterhaltsamen Art des Vorabends sozusagen in die mitteldeutsche evangelische Realität geworfen. Er durfte aber auch die großartige Formulierung der Werke von Bach ebenso erleben wie die vielgestaltige und lebendige Musik aus der Feder Telemanns. Diese beiden Künstler, die sich nahestanden, bilden ein herausragendes Duo aus der Welt der Barockmusik, das immer wieder jede Beschäftigung mit ihnen zum Genuss macht, wie auch in der Darstellung durch das Concerto Melante.

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