Vilde Frang & Maxim Emelyanychev
(c) Philharmonie Luxembourg

Das Schottische Kammerorchester war zu Gast in der Luxemburger Philharmonie und überwältigte mit Musizierlust, Elan und mit engagiert spritzigem, qualitativ hochwertigem Spiel. Wie Maxim Emelyanychev dirigierte und Geigerin Vilde Frang spielte, hat Uwe Krusch erlebt.

Eröffnet wurde das Konzert mit der Ouvertüre zum Märchen von der schönen Melusine von Felix Mendelssohn Bartholdy. Der Komponist selber wollte mit seinem Werk Stimmungen und nicht konkrete Bilder beschreiben. So konnte man sich problemlos mit dem Werk auf den Stoff von Kotzebue auch in Luxemburg anfreunden, das einen eigenen Melusinen-Mythos hat. Emelyanychev wirkte hier noch ein wenig hyperaktiv, was sich im Laufe des Konzertes weniger abzeichnete. Die die Ouvertüre umschließenden Teile zeigen musikalische Vertonungen von Wasserwelten, die der Dirigent mit eher fließenden als strudelnden Wogen zu ordnen wusste. Der Mittelteil mit den das Liebespaar charakterisierenden Motiven wurde dagegen aufgerauter dargeboten.

Mit dem Violinkonzert von Robert Schumann griff dann auch die Geigerin Vilde Frang ins Geschehen ein. Sie pflegte sowohl einen sachlich geradlinigen Auftritt wie auch ein ebensolches Geigenspiel. Dabei wusste sie alle Ebenen und Stimmungen der Musik glasklar herauszustellen. Ihr Stil war schnörkellos, aber auch einnehmend intensiv. Dabei agierte sie in bestem Einvernehmen mit dem Orchester und das wiederum auch mit ihr. Entstehungs- und Aufführungsgeschichte des Werkes sind markant. Umso besser, dass die Geigerin dieses Werk spielte und damit seine Eigenheiten zum Klingen brachte. Mit vereinzelt knackig markanten Einsätzen, die aber immer frei von technischen Geräuschen blieben und melodiös ausgeprägtem Gestaltungsansatz prägte sie das Werk bestens.

Vilde Frang & Maxim Emelyanychev
(c) Philharmonie Luxembourg

Das offizielle Programm dieses Konzertes der Reihe Große Klassiker schloss mit der 3. Symphonie von Beethoven. Hier konnten sich das Orchester und ihr Chefdirigent noch einmal in trauter Zweisamkeit entfalten. Das Orchester spielte auf modernen Streichinstrumenten und auch mit solchen Holzbläsern, setzte aber historische ventillose Hörner und Trompeten ein. Diese wurden übrigens hervorragend gespielt, so dass sich ein gemischtes, aber schönes Klangbild ergab. Mit jeweils sieben Geigen und entsprechend besetzten anderen Streicherstimmen blieb bei diesem Orchester auch eine solch große Sinfonie sehr gut durchhörbar und vital und trotzdem kraftvoll. Hier musizierten die wenigen Streicher mit mehr schmelzendem Klang als Tage zuvor eine sinfonische Horde.

Emelyanychev hatte flotte, aber auch nicht übermäßig drängende Tempi für die drei schnellen Sätze gewählt. Beim Vorschlagen des Tempos für den zweiten Satz, Marcia funebre, hatte ich für mich die Ahnung, dass mir das Tempo zu langsam wäre. Die Gäste blickten sozusagen auf das funebre, also den traurigen Charakter, und nicht so sehr auf das Marcia, also das militärisch angehauchte Voranschreiten. Doch in der wunderbar gesanglichen Lesart dieser Musiker hatte das relativ langsame Tempo eine so hohe Überzeugungskraft, dass selbst mir das subjektiv zu langsame Tempo völlig irrelevant wurde und ich gebannt lauschen konnte.

Überhaupt boten die Beteiligten eine durchgehörte, bis hin zu einem kurzen Abschnitt mit Streichtrioformation feine und die Details aufzeigende Interpretation. So konnte man das Werk befreit von allem heroischen oder sonstigen Pathos neu hören konnte. Beeindruckend gelangen auch einige wagemutig leise Partien, die nur mit angehaltenem Atem noch zu hören waren. Ein weiteres positives Puzzleteilchen waren die beiden Kontrabässe. Sie hauchten einige Einsätze behutsam, wo andere reinpoltern. Das schafft nicht nur einen sensiblen Einsatz, sondern wirkte auch auf das Spiel der anderen, so dass sich Folgewirkungen entfalteten.

Insgesamt schuf Emelyanychev mit seinem Orchester eine weit gefächerte Klangtapete, die aufgrund der kleinen Besetzung und der kammermusikalisch subtilen Handhabung eine abwechslungsreiche Gestaltung erleben ließen, die keinen Vergleich zu scheuen braucht.

Als Zugabe gab es dann noch eine ebenso sensibel ausgelotete Zwischenaktmusik zu Rosamunde von Schubert zu hören. Wahrlich ein großes Konzert des kleinen Orchesters.

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