Für das Konzert des Concertgebouworkest am Sonntag in der Luxemburger Philharmonie war als Solist ursprünglich Yefim Bronfman vorgesehen. Leider musste dieser krankheitshalber absagen, so dass Nelson Goerner an seiner Stelle spielte. Unser Mitarbeiter Alain Steffen hat sich das Konzert angehört.

Nelson Goerner

Es kommt nicht oft vor, dass ein Einspringer mit einer derart ausgeklügelten Interpretation eines hochkomplexen Werkes wie dem 3. Klavierkonzert von Sergei Rachmaninov auftrumpfen kann. Doch Nelson Goerner gehört zu jenen großen Pianisten, die man gerne übersieht. Abseits allen Starrummels ist er, genauso wie Bronfman, ein Künstler, der es nicht nötig hat, permanent in den Schlagzeilen zu stehen. So war es dann eigentlich auch keine Überraschung, dass er Rachmaninovs 3. Klavierkonzert in einer hinreißenden Interpretation spielte. Das schwierige, mit emotionalen Wechseln vollgepackte Werk ist ein Bravourstück mit phänomenalen pianistischen Einlagen und einer nicht zu verachtenden Tiefe. Goerner war sich dessen bewusst und auch der Gefahr, dass eine zu virtuose Interpretation das Konzert als zu plakativ erscheinen lassen kann. Goerner gelang es, immer wieder sehr poetische, intime und berührende Momente von großem Ausdruck neben ausfahrende, wilde virtuose Ausbrüche zu stellen. Dabei gelang ihm das Kunststück, immer eine natürliche Balance zu halten.

Fabio Luisi dirigierte das Concertgebouworkest ohne Pathos, dafür aber mit viel Gespür für das Wesentliche. Immer wieder betörten wunderbare Nebenstimmen und kammermusikalische Feinheiten das Klanggeschehen, aber dort, wo es dann wild und klangprächtig zugehen soll, ließ Luisi seine Musiker von der Leine. Trotzdem, sein an sich sehr kontrolliertes und klares Dirigat lebte von einer besonderen, sehr natürlichen inneren Dramatik, und das dynamische Spiel des Concertgebouworkest verlieh dem Werk den letzten Schliff.

Fabio Luisi

Auch bei Piotr Tchaikovskys 6. Symphonie konnte Luisis klare Interpretation überzeugen. Den Pathétique-Gedanken rückte er zugunsten klarer Linien, einer gewissen Objektivität und vielen Klangfeinheiten in die zweite Reihe. Damit entging er einer schwülstigen, emotional überladenen Interpretation. Gut taten dem Werk auch die relativ zügigen Tempi. Tchaikovskys Architektur konnte man in aller Klarheit bewundern. Gekrönt wurde das ganze durch das phänomenale Spiel des Concertgebouw, das unter Fabio Luisis Leitung wieder einmal bewies, dass es zu den allerbesten Orchestern der Welt gehört. Die Standing Ovations für Nelson Goerner bereits nach der ersten Hälfte waren ebenso gerechtfertigt, wie die für Luisi und das Orchester am Schluss.

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