Christoph König

Alain Steffen berichtet von einem sehr außergewöhnlichen Konzert des Orchesters ‘Solistes Européens Luxembourg’ in der Luxemburger Philharmonie.

Ausgehend vom Alphornthema  im letzten Satz der 1. Symphonie von Brahms hatte Chefdirigent Christoph König neben der mit Hornmotiven gespickten Ouvertüre zu Webers Oberon zwei Werke für Alphorn auf das  Programm gesetzt. ‘Jungfrau, méditation alpestre pour cor des Alpes et orchestre’ von Nicola Hansalik Samale (*1941) und ‘The Great Horn of Helm’ von Giovanni D’Aquila (*1966), zwei Werke, die sehr schön den wunderbaren Klang des Alphorns in Szene setzten, zugleich aber auch seine Grenzen aufzeigten. Trotzdem gelang es beiden Komponisten, eine interessante Orchestration rund um dieses Instrument zu bauen, so dass der Hörer zwei recht originelle Kompositionen erleben konnte. Übrigens hatte schon Leopold Mozart eine ‘Sinfonia pastorella’ für Alphorn und Orchester komponiert.

Begonnen hatte das das Konzert mit der beliebten Ouvertüre zur Oper ‘Oberon’ von Carl Maria von Weber, einem typisch romantischen Werk, dessen Hauptthema mit einem Hornmotiv eingeleitet wird.

Musikalisch erlebten wir ein absolut fantastisches Konzert, denn die ‘Solistes Européens’ spielten mit einer Stilsicherheit und Transparenz, die man nur von den allerbesten Kammerorchestern gewohnt ist. Die Weber-Ouvertüre wurde von König in ein typisch romantisches Flair mit stimmungsvollen, ja geheimnisvollen flirrenden Klangbildern getaucht. Auch bei den beiden Alphornkonzerten mit dem Solisten Carlo Torlontano nahm das Spiel des Orchesters durch eine perfekt abgestimmte Klangbalance und einen in jedem Moment glasklaren Klang für sich ein.

Nach der Pause folgte die 1. Symphonie von Johannes Brahms. Und die wurde zu einem regelrechten Ereignis. Christoph König und die SEL bewiesen, dass man kein hundertköpfiges Symphonieorchester braucht, um der Musik von Brahms gerecht zu werden. Im Gegenteil, gerade bei einem klassisch besetzten Orchester, das viel wendiger ist und schneller reagieren kann, kommen die vielen Details dieses Werkes hervorragend zu Geltung.

Brahms begann dieses Werk 1862, also im jungen Alter von 29 Jahren. Als es uraufgeführt wurde, war er knapp 42 Jahre alt und hatte nichts mit dem bärtigen, dicken Herrn der späten Jahre zu tun. Somit klang es richtig und konsequent, wenn Christoph König den Beginn des ersten Satzes relativ zügig und ohne Pathos anging. Seine Interpretation kam dem nahe, was Clara Schumann 1862 an Joseph Joachim schrieb: « Alles ist so interessant ineinander verwoben, dabei so schwungvoll wie ein erster Erguss; man genießt so recht in vollen Zügen, ohne an die Arbeit erinnert zu werden.“ Mit diesem dynamisch interpretierten 1. Satz ebnete König einen sehr flüssigen und logischen Übergang zu einem wundervoll leichtfüßig ausmusizierten Andante, dem dann ein fast graziler 3. Satz folgt. Hatten uns König und die SEL in diesem drei Sätzen bereits fasziniert, so steigerten sie unseren Eindruck mit der Interpretation des Finales. König erwies sich als ein Meister der Dynamik und der Innenspannung. Er nuancierte die vielen Motive und Klangfarben, um sie in ein unaufhörlich vorwärtsdrängendes, aber immer transparentes Klanggeschehen einzubetten. Gerade diese Interpretation zeigte, dass es sich lohnt, den in Sachen historische Aufführungspraxis arg vernachlässigten Komponisten unter diesen Aspekten neu zu betrachten und zu entdecken.

 

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