Mit einem halben Dutzend Kammerkonzerten sind die Amis de l‘OPL, die Freunde des Philharmonischen Orchesters Luxemburg, jede Saison Gäste in der Philharmonie Luxemburg. Vom gestrigen Konzert berichtet Uwe Krusch.

Diese Veranstaltungen bieten zwei Besonderheiten gegenüber anderen Konzerten. Zum einen können Werke gespielt werden, die etwa aufgrund ihrer Besetzungsvorgaben im Reisebetrieb kaum einmal zu hören sind. Zum anderen haben die Musiker des Orchesters die Gelegenheit, sich in kleiner Formation außerhalb des Symphonieorchesters zu zeigen. Da für die Kammermusik noch höhere Anforderungen für eine beeindruckende Interpretation gelten, werden die Künstler anders gefordert als auf der großen Bühne.

Vorweg mussten die Begrüßungsworte zum neuen Jahr wieder einmal auf Covid zu sprechen kommen. Denn die ursprünglich gewünschte Pianistin Gülru Ensari hatte Covid-bedingt absagen müssen. Kurzfristig konnte mit Yannick Van de Velde ein neuer Pianist gewonnen werden, der seine Sache, so viel darf man schon schreiben, hervorragend machte.

Auf dem Programm standen zwei Sextette für Piano, Streichquartett und Kontrabass. Aus dem Orchester können alle Instrumente ohne Probleme zusammen kommen, ohne Fremde hinzuziehen zu müssen. Damit konnte schon mal eine Sonderheit dieser Konzertform als erfüllt gelten, denn diese Besetzung und damit die beiden Werke von Sergei Mikhailovich Lyapunov und Mikhail Ivanovich Glinka erklingen allzu selten.

Lyapunov hat mit seinem spät geschaffenen Sextett in einer ungewöhnlichen Besetzung ein Werk vorgelegt, das trotz seiner starken Besetzung trotzdem eben doch noch Kammermusik sein will. Es hat eine klassisch viersätzige Form mit dem langsamen Satz an dritter Stelle. Dem Kontrabass tritt dabei sozusagen an die Stelle des Cellos und übernimmt die klassische Rolle der Bassstimme. Das insofern freiere Cello kann in dem ausgeprägt kontrapunktischen Werk damit mit den anderen Streichern in Wettstreit treten. Mit viel Geschick, das das nicht ganz so starke Talent des Komponisten ausgleicht, schafft er kreativ eine zwischen den Instrumenten ausgewogene Komposition. Charakteristisch in diesem Werk ist, dass Violine und Cello ein sanftes, nachdenkliches Duett singen, während das Klavier in verträumten Arpeggien umherschwebt und der Bass die harmonische Festung hält. Das langsame Nocturne ist ein stimmungsvolles Stück, das Scherzo ist lebhaft, im Finale etwas zu sehr bemüht.

Das Quartett aus Fabian Perdichizzi und Gayané Grigorian, Violinen, Maya Tal, Viola sowie Seehe Kim, Cello wurde von Choul-Won Pyun am Kontrabass sowie eben Yannick Van de Velde am Klavier ergänzt. Ihnen gelang eine intensive, von vorne bis hinten gut strukturierte Interpretation, bei der alle Musiker ihre Stärken herausstellen konnten, sei es in Soli oder im Ensemble. Doch auch ihr Zusammenspiel zeigtt eine hervorragende Homogenität, dass man bei einem Gelegenheitsensemble nicht unbedingt erwarten würde. Sie agierten mit großem Einsatz und makellosem Können.

Wenn man denn etwas anmerken möchte, dann, dass der eifrige Einsatz mit den Mitteln des symphonischen Gestus erfolgte. Damit ist gemeint, dass die Klangmasse teilweise zu sehr wie auf der großen Bühne wirkte und den kammermusikalischen Rahmen etwas aus dem Auge bzw. Ohr verlor. Hier hätte etwas weniger Vehemenz einen noch durchhörbareren Eindruck vermitteln können. Lyapunov, der selber ein sehr guter Pianist war, hat dem Flügel genügend Aufgaben in die Noten geschrieben. Insofern kann nur nochmal betont werden, dass das Einspringen von Yannick Van de Velde und die äußerst gelungene Umsetzung der Stimme nicht hoch genug geschätzt werden kann.

Im etwas kürzeren zweiten Werk von Glinka geht es musikalisch anders, leichter, zu. Auf seiner Italienreise hatte Glinka den Opernkomponisten Bellini kennengelernt und dessen Musik machte auf ihn großen Eindruck. Davon zeugen fast alle Themen im Sextett, das Glinka 1832 noch in Mailand komponierte. Energisch wie ein Klavierkonzert oder eben eine Oper setzt das Werk an. Erst später gewinnt der Pianist den Raum für Solopassagen. Auch das Andante hätte kein Italiener schöner schreiben können. Im Mittelteil lässt sich das Cello auf ein verliebtes Duett mit der ersten Geige ein, später singen auch die beiden Geigen ein solches, sogar die Bratsche darf sich beteiligen, bevor das Finale attacca beginnt. Eigenwillig nach chromatischen Läufen wird endlich ein resolutes Klavierthema erreicht, das die Streicher aufgreifen und das an Cherubino erinnert. Das singende zweite Thema gehört wieder der Welt des Belcanto an. Mit einer langen opernhaften Steigerung schließt das Werk.

Den Interpreten gelang es mühelos, sowohl ihren Elan wie die Wucht und technische Qualität ihrer Darbietung zu halten und so einen wahrhaft köstlichen Aperitif zu servieren.

Angemerkt sei noch, dass ein Veranstalter nichts für Zuhörer kann, die das Programmfaltblatt ständig geräuschvoll hin- und herblättern (wozu? einen Text zur Musik gab es nicht). Aber die Notenumblätterin hätte man durchaus vorher instruieren können, dass sie sorgfältig blättert, immerhin gab es drei Fehler. Und das Umblättern sollte zügig, aber nicht hektisch und geräuschvoll erfolgen. Würde man stattdessen Notenwenden sagen, so soll das nicht nur eine Wortspielerei sein, sondern der Hinweis, dass ein sanfteres Wort auch eine sorgfältigere, feine Handhabung bedeutet.

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